Afrika und der internationale Strafgerichtshof

16.03.2016: Mehr als zwei Drittel der Staaten Afrikas haben das Rom-Statut, das zur Gründung des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) führte, ratifiziert. Sie machen zusammen über 30 Prozent der Mitglieder des IStGH aus. Doch das Verhältnis zwischen Afrika und dem IStGH ist angespannt.

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Afrika und der internationale Strafgerichtshof

Immer wieder werfen afrikanische Staaten dem Gerichtshof vor, voreingenommen zu sein und sich ausschließlich mit afrikanischen Fällen zu beschäftigen.

Hauptanklägerin weist Vorwürfe ab

Immer wieder werden Vorwürfe laut, dass sich der IStGH zu sehr mit Fällen aus Afrika beschäftige und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die in anderen Regionen der Welt passierten, außen vor lasse. Die Chefanklägerin des IStGH, Fatou Bensouda, die aus Gambia stammt, hat diese Vorwürfe mehrfach vehement zurückgewiesen. Es stimme zwar, dass bis jetzt fast alle vor dem Gericht Angeklagten aus Afrika kamen, das habe aber nichts mit Rassismus zu tun, sondern vielmehr mit der Tatsache, dass es kaum woanders auf der Welt so regelmäßig zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen komme wie auf dem afrikanischen Kontinent. Außerdem seien es in den meisten Fällen die afrikanischen Staaten selbst, die den IStGH dazu aufriefen, Ermittlungen einzuleiten. Das sei der Fall bei der Elfenbeinküste, Uganda, der Zentralafrikanischen Republik, Mali und der Demokratischen Republik Kongo gewesen, so Bensouda. Desweiteren betonte sie, dass auch Ermittlungen in Honduras, Kolumbien und Georgien liefen.

Zweifel an der Effektivität des IStGH

Ein weiterer Punkt, der zu Spannungen zwischen vielen Staaten Afrikas und dem IStGH führt, ist der Fakt, dass Großmächte wie die USA, Russland oder China sich bisher noch nicht den 122 Unterzeichnerstaaten des Rom-Status angeschlossen haben. Afrikanische Regierungschefs führen immer wieder an, dass sie auch mutmaßliche amerikanische, britische und israelische Menschenrechtsvergehen im Irak, in Afghanistan und den Palästinensergebieten untersucht wissen wollten.

Des Weiteren wird dem IStGH immer wieder mangelnde Schlagkraft und Effektivität vorgeworfen. Kritiker führen an, dass es fast unmöglich sei, mit den Mitteln des internationalen Rechts, Gerechtigkeit zu erreichen. Auch wenn eine moralische Schuld feststehen würde, sei es um ein Vielfaches schwerer, die Schuld auch faktisch nachzuweisen. Ein Fall, der immer wieder als Beispiel dafür genannt wird, ist das gescheiterte Verfahren gegen den kenianischen Präsidenten Uhuru Kenyatta. Ihm wird vorgeworfen, eine zentrale Rolle in den blutigen Auseinandersetzungen gespielt zu haben, die nach den Wahlen 2007 in dem ostafrikanischen Land ausbrachen. Nach drei Jahren Ermittlungen musste die Chefanklägerin Fatou Bensouda den Fall wegen mangelnder Beweise zurückziehen.

Gründung des IStGH

Der IStGH ist ein unabhängiger, ständiger Gerichtshof zur Ahndung von Delikten des Völkerrechts, wie Genozide, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschheit und zukünftig auch Verbrechen der Aggression. Er hat seinen Sitz im niederländischen Den Haag. Der IStGH ist eine unabhängige Institution und steht außerhalb des Gefüges der Vereinten Nationen. Die Staaten können frei entscheiden, ob sie dem IStGH beitreten oder nicht.

Das Organ wurde durch das multilaterale Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 geschaffen und nahm seine Tätigkeit am 1. Juli 2002 auf. Die Gerichtsbarkeit des IStGH bezieht sich ausschließlich auf Fälle, die nach diesem Datum begangen wurden, und er wird nur dann tätig, wenn ein Fall auf nationaler Ebene nicht geklärt werden konnte. Der Gerichtshof kann nur einzelne Menschen, nicht ganze Staaten zur Verantwortung ziehen. Ein Beispiel eines Urteils des IStGH ist die Verurteilung des kongolesischen Rebellenführers Thomas Lubanga. Er war der erste Angeklagte, der jemals von dem IStGH verurteilt wurde.

Afrikanerinnen besetzen wichtige Positionen

Seit dem 11. März 2015 ist die argentinische Richtering Silvia Fernández de Gurmendi die Präsidentin des IStGH. Auch zwei afrikanische Frauen halten zentrale Rollen in der Institution: die Kenianerin Joyce Aluoch ist die erste Vizepräsidentin und die aus Gambia stammende Juristin Fatou Bensouda ist Chefanklägerin. D

Weitere Informationen zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH).

Foto: Fatou Bensouda, Prosecutor of the International Criminal Court arriving at the Global Summit to End Sexual Violence in Conflict, von Foreign and Commonwealth Office, Open Government Licence