Westafrika: Freihandelsabkommen vor der Ratifizierung

07.08.2016: Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und 16 Ländern Westafrikas steht trotz zu erwartender Nachteile für die Region vor der Ratifizierung.

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Westafrika: Freihandelsabkommen vor der Ratifizierung

In diesen Tagen wird das Freihandelsabkommen EPA (Economic Partnership Agreement) zwischen 16 Ländern Westafrikas und der EU verhandelt und seht kurz vor der Ratifizierung. Kritiker sind der Ansicht, dass dieses Abkommen nur die kurzfristigen Interessen der europäischen Wirtschaft stärken, regionalen Aufschwung behindern und die Flüchtlingssituation in Europa langfristig verschärfen wird.

EPA: Interessen und Kritik

Im Jahr 2000 wurde im Rahmen des Cotonou-Abkommens festgelegt, dass zwischen der EU und regionalen Integrationsgemeinschaften Afrikas sogenannte EPAs (Economic Partnership Agreements) abgeschlossen werden sollen. Zuletzt wurde am 10. Juni 2016 das EPA-Wirtschaftsabkommen mit den südlichen Ländern Afrikas unterzeichnet.

Die Unterzeichnung des EPA-Abkommens zwischen 16 westafrikanischen Ländern und der EU steht noch aus. Das Abkommen legt fest, dass die westafrikanischen Märkte unbegrenzt für Importe aus Europa geöffnet werden. Zudem soll durch den Abbau von Ausfuhr- und Schutzzöllen der unbeschränkte Zugang zu Westafrikas Rohstoffen wie Erdöl, Metallen und Holz gesichert werden. Während Rohstoff-Spekulanten und Unterhändler der EU hierzulande bereits jetzt mit den Hufen scharren, sperren sich drei Länder Westafrikas, darunter das wirtschaftsstarke Nigeria sowie Mauretanien und Niger, nach wie vor gegen die Unterzeichnung des Abkommens. Nigeria ist die größte Volkswirtschaft Afrikas (vor Südafrika) und verzeichnet nach Angaben des Auswärtigen Amtes in den letzten Jahren ein durchweg hohes Wirtschaftswachstum. Den Ländern Westafrikas, die sich gegen EPA sperren, drohen allerdings die häufig von der EU verhängten Einfuhrzölle auf ihre Produkte. Erfahrungsgemäß beugen sich die Länder schnell diesem Druck.

Der UN-Wirtschaftsexperte für Ostafrika, Andrew Mold, sieht durch EPAs generell die Afrikanische Wirtschaft bedroht. Freihandel vor dem Hintergrund einer derart ungleichen Wettbewerbssituation wie der zwischen Europa und den Ländern Westafrikas, würde bestehende regionale Industrien gefährden und zukünftige an ihrer Entstehung hindern. Der Afrika-Beauftragte der Bundeskanzlerin, Günter Nooke, sieht in der Folge die entwicklungspolitischen Bemühungen Europas durch diese Wirtschaftsabkommen zunichte gemacht. Bereits im letzten Jahr hat Attac im Rahmen der Stop EPA-Tour auf die negativen Folgen des Abkommens aufmerksam gemacht und nannte die EPAs als maßgeschneidert für europäische Konzerninteressen.

Auch aus umweltpolitischer Sicht wird das EPA-Freihandelsabkommen immer wieder scharf kritisiert, denn der Wegfall von Ausfuhrzöllen hätte einen regelrechten “run“ auf Westafrikas Rohstoffe zur Folge. Um die Identität des Kontinents zu wahren und einer Europäisierung vorzubeugen, müsste man aus Sicht der Kritiker vielmehr die heimische Produktion unterstützen. Besonders vor dem Hintergrund der groß angelegten Bestrebungen Europas und Deutschlands, Fluchtursachen in den Herkunftsländern zu bekämpfen  und wirtschaftliche Perspektiven vor Ort zu schaffen, wird das Abkommen als kontraproduktiv eingestuft.

EPA und die Flüchtlingssituation in Deutschland

Innenminister de Maizière spricht in einem Interview mit Die Welt von einem immer stärker werdenden Migrationsdruck aus Afrika generell. Die Schätzungen, dass in Libyen derzeit 200.000 Migranten auf die Überfahrt nach Europa warten, hält er für zu niedrig. Vor allem in Subsahara-Afrika gebe es noch weitaus mehr Menschen, die vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage nach Deutschland und Europa kommen werden.

Wenn Europa tatsächlich einen Betrag zu wirtschaftlichem Aufschwung in Westafrika leisten will und Fluchtursachen in Herkunftsländern bekämpfen möchte, dann wäre es jetzt Zeit einen neuen politischen Weg einzuschlagen.

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Foto: Attac