Hungersnot in Afrika: Aktuelle Entwicklungen (Oktober 2017)

10.10.2017 Die Nothilfeeinsätze unserer Mitgliedsorganisationen haben bereits viel bewirkt, doch weiterhin sind Millionen Menschen dringend auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen

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Gemeinsam gegen die Hungersnot. Foto: GEMEINSAM FÜR AFRIKA

Hungersnot in Afrika: Aktuelle Entwicklungen (Oktober 2017)

Im Juni dieses Jahres rief unser Schirmherr Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Bürgerinnen und Bürger zu Spenden für die Betroffenen der Hungerkrise am Horn von Afrika und Jemen auf. Diesem Aufruf folgten viele Spenden und unsere Mitgliedsorganisationen konnten damit Tausende Menschen mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser versorgen sowie eine medizinischen Grundversorgung gewährleisten.

Wir möchten Ihnen ganz herzlich für Ihre Unterstützung danken!  Doch leider sind aufgrund der anhaltenden Hungersnot weiterhin viele Menschenleben bedroht. Wir möchten Ihnen einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen in den unterschiedlichen Ländern sowie über die Hilfsmaßnahmen unserer Mitgliedsorganisationen geben:

Aktuelle Situation am Horn von Afrika und Gründe für Hungersnot

  • Die Lage am Horn von Afrika ist immer noch sehr angespannt. Über 22 Millionen Menschen sind weiterhin von extremem Hunger bedroht. Besonders dramatisch ist die Situation nach wie vor in Nigeria, Kenia, Somalia, Äthiopien, im Südsudan, im Tschad und auch in einigen Teilen Ugandas. Obwohl unsere Mitgliedsorganisationen die Menschen mit Lebensmitteln, Wasser und Saatgut unterstützen, bleiben die Ursachen für die Hungersnot bestehen und in manchen Gebieten spitzt sich die Situation sogar weiter zu.
  • Schuld daran ist unter anderem die laut den Vereinten Nationen schlimmste Dürre seit 60 Jahren. Niederschläge bleiben teilweise ganz aus oder weit hinter den erforderlichen Mengen zurück. In einigen Regionen hat es seit Jahren nicht geregnet. Komplette Ernten sind seit 2015 vertrocknet, andere reichen aufgrund der extremen Wasserknappheit nicht aus. Die Vorräte werden vielerorts immer weniger oder sind inzwischen ganz aufgebraucht. Auch die Nutztiere leiden stark unter der Dürre, sie finden kaum Nahrung und Wasser. Viele Familien mussten einen großen Teil ihres Viehs verenden sehen oder verkaufen. Sie haben damit ihre Nahrungsgrundlage verloren. Auch die Menschen, die vor ein paar Monaten noch genug zum Überleben hatten, sind gegen die anhaltende Dürre machtlos.
  • Eine weitere Ursache ist der Bürgerkrieg in Somalia und dem Südsudan, der für die Menschen in Gebieten mit bewaffneten Konflikten das Bestellen der Felder sehr erschwert oder ganz unmöglich macht. Viele sind in benachbarte Regionen oder Länder geflohen, doch da überall die Nahrungsmittel knapp werden, sind die Geflüchteten oft auf die Verteilung von Nahrungsmitteln angewiesen. Solange kein Frieden einkehrt, werden die Menschen weiter leiden.
  • In Nigeria, insbesondere im Norden des Landes, wurden über eine Million Menschen von terroristischen Gruppierungen vertrieben und flüchten innerhalb ihres Landes. Aufgrund der immer angespannteren wirtschaftlichen Lage sowie den Vertreibungen sind derzeit rund 4,5 Millionen BewohnerInnen Nigerias auf Ernährungshilfe angewiesen.

Die Situation in den Ländern

  • Kenia: Regenfälle führten im Oktober/Dezember 2016 zu Dürre und massiven Ernteausfällen, zur Austrocknung von Wasserquellen und verminderter Viehweidewirtschaft; auch in Kajiado County. Kürzlich wurde eine gemeinsame Erhebung zur Ernährungssituation von den lokalen Gesundheitsbehörden, UNICEF und neun Hilfsorganisationen durchgeführt. Besonders gefährdet sind demnach Kinder unter fünf Jahren, schwangere und stillende Frauen. Knapp 73.000 Kinder sind in Kenia akut unterernährt. Sie müssen umgehend mit Spezialnahrung versorgt werden, sonst droht ihnen der Hungertod. Fast 40.000 schwangere und stillende Frauen in ganz Kenia sind ebenfalls unterernährt – das sind 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Viele Menschen haben nicht mehr als eine Mahlzeit am Tag und selbst diese können sich immer weniger leisten, entweder weil es einfach keine Nahrungsmittel gibt oder weil die Preise so stark angestiegen sind, dass sich selbst finanziell besser gestellte Haushalte keine drei Mahlzeiten am Tag mehr leisten können.
  • Äthiopien: Das Land erholt sich nur sehr langsam von den Auswirkungen der verheerenden Dürre im Jahr 2016, wo über 4,5 Mio. Menschen auf eine Humanitäre Hilfe angewiesen waren. In der Gurage Zone ist die Ernährung in 12 Kommunen des Bezirks Ezha besonders sehr mangelhaft, einseitig und kalorienarm. Das führt zu chronischer Mangelernährung und einem geschwächten Immunsystem, insbesondere bei Frauen und Kindern.
  • Nigeria: Der Konflikt zwischen Boko Haram und dem nigerianischen Militär im Nordosten von Nigeria trägt zur Vertreibung von 1,8 Millionen Menschen bei und zerstört die Lebensgrundlage von weiteren Millionen von Menschen.Die anhaltende humanitäre Krise hat verheerende Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit in der Region, die in einigen Gebieten zur einer extremen Hungersnot führt.
  • Somalia: Die humanitäre Situation in Somalia verschlechtert sich zusehends. Hungersnot herrscht in vielen Teilen des Landes. Die letzten drei Regenzeiten sind nahezu ausgefallen. Die Anzahl der Menschen die humanitäre Hilfe benötigen hat sich in den letzten Monaten von 6,2 Mio. auf 6,7 Mio. erhöht.

Nothilfemaßnahmen unserer Mitgliedsorganisationen

Unsere Mitgliedsorganisationen sind vor Ort und leisten Nothilfe in den am schlimmsten betroffenen Regionen. Einige konkrete Beispiele stellen wir Ihnen hier vor:

  • Kenia:
  • Die Johanniter verteilen in zwei Gemeinden der Turkana-Region im Nordwesten Kenias Nahrungsmittel und liefern sauberes Trinkwasser. Zudem haben sie seit Anfang des Monats eine Schulspeisung für mehr als 2900 Schüler an sechs Schulen in Turkana West ins Leben gerufen. Zusätzlich sollen rund 200 Straßenkinder Zugang zu regelmäßigen Mahlzeiten und sauberem Trinkwasser erhalten. Dadurch soll auch die Ausbreitung wasserbedingter Krankheiten verhindert werden, die oft die Ursache für akute Unterernährung sind. Eine Krankenschwester wird parallel die Gesundheitsversorgung vor Ort unterstützen. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
  • In Kenia tut auch ChildFund alles, um die Not der Menschen zu lindern –unter anderem verteilen sie Nahrungsmittel und Spezialnahrung für mangelernährte Kinder und sichern die Wasserversorgung mit Wasserfiltern und der Bohrung und Instandsetzung von Brunnen. Zudem statten sie Gesundheitsstationen aus und bauen Kinderschutzzentren mit pädagogischer und psychologischer Betreuung aus. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
  • ADRA unterstützt im kenianischen Bisil ein Schul- und Zufluchtszentrum mit Internat für Mädchen, die vor weiblicher Genitalverstümmelung und Frühverheiratung fliehen. Hier ist die Versorgung mit täglichen Mahlzeiten garantiert, aber wenn die Mädchen in den Ferien nach Hause gehen wollen, mangelt es an Nahrungsmitteln in Dürrezeiten. Deshalb wurden an 115 Haushalte, an besonders gefährdeten Familien der Mädchen, über die gesamten Schulferien hinweg Lebensmittelpakete verteilt. Zudem möchte ADRA in Kürze in der Region Mwingi Central die Lebensgrundlage von 3.000 Haushalten durch die Stärkung der Resilienz und Anpassungsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel verbessern, die Ernährungssicherheit erhöhen und empfindliche Ökosysteme sanieren. Das Projekt ist in den ärmsten Dörfern im County Kitui angesiedelt, die sich bislang in einem Kreislauf aus Hunger, Armut und Unterernährung bewegen. Für 3.000 Haushalte wird mithilfe von Bewässerungsfeldwirtschaft und durch den Schutz von Umwelt und Ökosystemen die Ernährungssicherheit wiederhergestellt. Für 1.000 Haushalte wird der Zugang zum Markt das Einkommen erhöhen.
  • Äthiopien:
  • Die Stiftung Menschen für Menschen verteilt beispielsweise in der Region Agarfa im Süden von Äthiopien die dringend benötigten Nahrungsmittel an aktuell 24.840 Kinder, Frauen und Männer. Die Menschen erhalten pro Monat 15 Kilogramm Getreide, 1,5 Kilogramm Hülsenfrüchte, 0,5 Liter Speiseöl sowie das Nahrungsergänzungsmittel Famix für Kleinkinder, schwangere Frauen und stillende Mütter. Spezialnahrung, wie Famix, ist wichtig, damit die Kinder keine bleibenden Schäden von der Mangelernährung davon tragen. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
  • Die Stiftung der Deutschen Lions unterstützt die Menschen in Bisidimo, Äthiopien, mit Nahrungsmitteln und Saatgut. Inzwischen ist das Saatgut aufgekommen und für diesen Oktober/November werden wieder Ernten erwartet. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
  • ADRA vermittelt in 75 von Frauen geführten Haushalten praktische Kenntnisse über: die richtige Aussaatzeit für verschiedene Gemüse- und Obstsorten, die Vorbereitung des Bodens, die Auswahl des Saatguts einschließlich Lagerung und zu effektiven Pflanzenschutzmethoden. So werden die Erträge der Grundnahrungsmittel um 50 % gesteigert und alle Haushalte verfügen ganzjährig und täglich ausreichend über abwechslungs- und kalorienreiche Mahlzeiten. Der produzierte Überschuss wird auf dem Markt verkauft.
  • Nigeria:
  • ADRA unterstützt Ernährungssicherung in dieser Region und 1.200 Haushalte erhalten Lebensmittel für 5 Monate; 600 Haushalte erhalten Lebensmittelpakete und die anderen 600 Haushalte Lebensmittelgutscheine. Alle 1.200 Haushalte erhalten ein Training zur Verbesserung der Ernährung, Hygiene und zur Bewusstseinsbildung von Schutzbedürftigen und Prävention von geschlechtsspezifischer Gewalt. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
  • Somalia:
  • action medeor betreibt seit Anfang April in Somalia zwei mobile Kliniken zur Gesundheitsversorgung und Prävention von Krankheiten und Mangelernährung. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
  • ADRA leistet Hilfe für 1.800 von Dürre betroffenen Haushalte durch Nahrungsmittelsicherung und Versorgung mit Trinkwasser, um übertragbaren Krankheiten durch verunreinigtes Wasser zu verhindern. Schulungen in Hygiene und Verteilung von Gutscheinen sowie Bargeldtransfers für Lebensmitteln und anderen lebenswichtigen Gütern gehören zum Hilfsangebot.
  • Südsudan:
  • Auch im Südsudan in der Provinz Bahr el Ghazal haben die Johanniter ihre Nothilfe ausgeweitet. Sie versorgen Geflüchtete mit ausreichenden Mengen an Sorghum-Hirse, Bohnen, Speiseöl und Salz. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
  • Im Südsudan unterstützt zudem die Stiftung der Deutschen Lions Lieferungen von therapeutischen Nahrungsmitteln, Medikamenten gegen Unterernährung sowie Vitaminen und Spurenelementen für Kinder und Schwangere. Rund 4.500 Haushalte, insbesondere Familien, die sich selbst nicht versorgen können, werden mit Nahrungsmittelpaketen ausgestattet. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
  • Uganda:
  • Das Kinderhilfswerk Global Care unterstützt die Flüchtlinge, vorwiegend aus dem Südsudan, in den Camps im Norden des Landes mit Hilfsgütern. Es werden Nahrungsmittel verteilt sowie Wasserkanister und Töpfe, damit die Familien Essen kochen können. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.

Neben diesen Nothilfeeinsätzen betreuen alle Organisationen auch langfristige Entwicklungsprojekte, die nachhaltig für eine sichere Versorgung mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser sorgen.

Weitere Informationen zur Hungerkrise finden Sie hier.

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Foto: GEMEINAM FÜR AFRIKA