Die Rückkehr nach Ghana

Seit 2019 ruft Ghana vermehrt Menschen afrikanischer Herkunft dazu auf, in ihr „Mutterland” zurückzukehren. Als einer der ersten Rückkehrenden aus der Diaspora gilt der Civil Rights Aktivist William Edward Burghardt De Bois. Ein aktuelles Beispiel ist die Dozentin Jemima Nunoo, die in Manchester aufwuchs.

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Die Rückkehr nach Ghana

William Edward Burghardt De Bois war ein US-amerikanischer Soziologe, Civil Rights Aktivist und Philosoph, der sich in seinen Schriften mit Rassismus, Kolonialismus und Demokratie auseinandersetzte. 1895 erhielt De Bois als erster Afroamerikaner den Doktortitel an der Harvard-Universität. Zudem gilt er als einer der ersten Rückkehrenden aus der Diaspora. 1961 zog De Bois aus den USA nach Accra, der Hauptstadt Ghanas.

Diaspora

Diaspora bezeichnet einen bestimmten Typ von ethnischen und religiösen Minderheiten. Diese Bevölkerungsgruppen haben meist über Generationen einen bleibenden Herkunftslandbezug und oftmals eine traumatische Wanderungsgeschichte, welche das Selbstverständnis prägt (BPB).

Das Jahr der Rückkehr

De Bois gilt als Vorbild für Menschen aus Großbritannien oder den USA, die ins „Mutterland” Ghana zurückkehren. Der ghanaische Präsident Nana Akufo-Addo erklärte, genau 400 Jahre nach den ersten Sklavinnen- und Sklaventransporten aus Afrika nach Amerika, das Jahr 2019 zum „Jahr der Rückkehr”. Unter anderem führten Besuche von Stars wie Rapper T.I. und Schauspieler Danny Glover zu einem Anstieg von 200.000 Urlauberinnen und Urlaubern in diesem Jahr. Menschen, die dauerhaft nach Ghana zurückkehren wollten, sollten genauso angesprochen werden wie Touristen. 

Im November 2019 wurden 126 Afroamerikanerinnen und –amerikaner, sowie Menschen aus der Karibik von der ghanaischen Regierung nach Accra eingeladen, um ihnen die ghanaische Staatsbürgerschaft zu verleihen. Dies war ein symbolischer Akt. Allerdings wird die Ansiedlung in Ghana für Menschen mit afrikanischem Ursprung durch das Recht auf ein Leben ohne Visum und ohne zeitliche Begrenzung gefördert. 

Ghanas Hauptstadt Accra wurde in den letzten Jahren stark modernisiert, die Häuser haben teilweise Pools oder Bars auf den Dächern. Überall sind viele Cafés und Restaurants zu finden. Für Menschen, die aus Großstädten aus den USA oder aus Europa kommen, ist dadurch die Eingewöhnung leichter. 

Vorteile Ghanas

Anders als andere afrikanische Staaten gilt Ghana als gefestigte Demokratie, mit mittlerem Einkommen (das heißt: das Bruttonationaleinkommen pro Kopf liegt zwischen 1.046 USD und 4.125 USD. Weltbank) Auch was die Anfälligkeit für Korruption angeht, listet Transparency International das Land auf Platz 80 von 180. Dies sind interessante Faktoren, die Menschen bei der Entscheidung helfen können, in ein afrikanisches Land zurückzukehren.

Jemima Nunoo

Jemima Nunoo ist ein Beispiel für die erfolgreiche Rückkehr aus Großbritannien nach Ghana. Jemima Nunoo wuchs in Manchester auf, nachdem ihre Eltern in den 70er Jahren nach Großbritannien zogen. Obwohl Nunoo ihre Kindheit als gut bezeichnet, wurde sie in ihrer weißen Nachbarschaft immer wieder auf “afrikanische Stereotypen” angesprochen. Schon als Kind machte sie gemeinsam mit ihren Eltern oft Urlaub in Ghana, und beschreibt, dass sie nie negative Einstellungen zu dem Land hatte.

Nach ihrem Studium der Biochemie und internationalen Beziehungen dozierte sie an der Universität Birmingham. Obwohl sie ihren Vertrag hätte verlängern können, verzichtete sie nach einem Jahr darauf. Jemima Nunoo gibt an, dass sie das Gefühl hatte, in England nicht weiterzukommen, viele schwarze Akademikerinnen und Akademiker würden Ähnliches fühlen. Für sie war die einzige Alternative, in ihre „Heimat” Ghana zurückzukehren. 

Ghana wirbt nicht nur gut ausgebildete Rückkehrende an. So ist laut der regierenden Patriotischen Partei jeder willkommen, der kommen möchte. Trotzdem sind es wohl viele gutverdienende Menschen, die nach Ghana zurückkehren. 

Für Jemima Nunoo waren Dinge wie häufige Stromausfälle, der dichte Verkehr oder langwierige Prozesse bei Banken in ihrer Anfangszeit ihrer Eingewöhnung am schwersten. Sie konnte sich glücklicherweise auf ihre Familie verlassen, die sie unterstützte. Da dies allerdings nicht auf jeden rückkehrenden Menschen zutrifft, hilft Jemima Ghanaerinnen und Ghanaern, die in ihre Heimat zurückkehren wollen, mit Tipps und eigenen Erfahrungen. 

Jemima gibt an, dass von 100 zurückgekehrten Menschen etwa 60 dauerhaft in Ghana bleiben. Für sie ist allerdings klar: „Für jeden negativen Aspekt bekomme ich zehn wirklich gute Dinge zurück. Ghana gibt mir Optionen, die ich im Vereinigten Königreich nie gehabt hätte.“

Zusammenfassung des Artikels Rückkehr ins Unbekannte aus der taz von Katrin Gänsler vom 13.01.2021.