Besondere Therapie gegen Depressionen in Zimbabwe: Freundschafts-Bänke

Dixon Chibanda entwickelte eine besondere Form der Therapie in Zimbabwe, damit jeder Person in Not geholfen werden kann: Ausgebildete Großmütter sitzen auf “Freundschafts-Bänken” und bieten Verhaltenstherapie für Menschen mit Depressionen an.

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Besondere Therapie gegen Depressionen in Zimbabwe: Freundschafts-Bänke

Depressionen und Suizid 

In Zimbabwe leben 16,5 Millionen Menschen, viele Menschen sind HIV-positiv und das Land leidet unter Dürre, Inflation, Korruption und Nahrungsmittelmangel. Medikamente und gesundes Essen sind für viele Menschen zu teuer. Unterstützung von ausgebildetem medizinischem Personal gibt es kaum. Denn in ganz Zimbabwe gibt es nur ein paar dutzend Psychologinnen und Psychologen.  

Weltweit leiden etwa 300 Millionen Menschen an Depressionen, einer der häufigsten Gründe für Selbstmord. In Zimbabwe werden Depressionen oder Angststörungen “Kufungisisa” genannt, das heißt “zu viel denken” auf Shona.  

Viele Menschen sehen keinen Ausweg aus ihrem Leid und die Selbstmordrate in Zimbabwe steigt seit Jahren an, sie ist eine der höchsten in ganz Afrika.  

Kaum Therapiemöglichkeiten in Zimbabwe 

Dixon Chibanda ist Psychologe in Zimbabwe, ein Schlüsselerlebnis brachte ihn auf eine Idee, die vielen das Leben rettet:  

Ein Kollege aus einer anderen Stadt rief ihn abends an, eine Patientin von Chibanda war in ein Krankenhaus eingeliefert worden, 200km von Harare entfernt. Sie hatte versucht, sich das Leben zu nehmen. Der Arzt und Chibanda einigten sich, dass die Patientin, sobald sie entlassen wurde, mit ihrer Mutter zu Chibanda nach Harare kommen sollte, um mit ihm zu sprechen.  

Als die Frau nach mehreren Wochen nicht gekommen war, meldete sich schließlich ihre Mutter: ihre Tochter hatte sich vor drei Tagen am Mangobaum der Familie erhängt. Chibanda war geschockt und fragte, weshalb sie nicht zu ihm gekommen waren. Die Mutter antwortete, dass sie die 15 Dollar für ein Busticket nach Harare nicht bezahlen konnten.  

Therapiemöglichkeiten in der Nähe 

Durch dieses Erlebnis wurde Chibanda das Problem deutlicher als je zuvor. Es gab zu wenig psychologische Hilfe, um für jede Person erreichbar zu sein. So entschloss Chibanda, dies in die Hand zu nehmen und zu ändern.  

Chibanda erkannte, dass es eine verlässliche Personengruppe in jeder Gemeinde gab: Großmütter. Es gibt sie überall und die Chancen sind gering, dass sie ihre Gemeinden bis zum Tod noch einmal verlassen werden. 

TherapieTools für Großmütter 

So begann er 2006, Großmütter in evidenzbasierter Gesprächstherapie zu trainieren. Die alten Damen erlernten die Fähigkeit richtig zuzuhören und empathisch zu reagieren. Ihnen wurde gezeigt, wie sie bei Menschen eine Verhaltensaktivierung erwirken können oder Aktivitätenplanungen aufzustellen. Alles auf einer verhaltenstherapeutischen Grundlage.  

Wenn die Großmütter eine Einführung in die Gesprächstherapie erhalten haben, können sie auf sogenannten “Freundschafts-Bänken” (Original: “Friendship Bench”) für andere da sein. Betroffene Menschen können den Großmüttern ihr Leid klagen und ein offenes Ohr und konstruktive Hilfe erhalten.  

Freundschafts-Bänke stehen mittlerweile in fünf verschiedenen Ländern, insgesamt arbeiten dort 700 ausgebildete Helferinnen und Helfer im Alter von 35 bis 85 Jahren.  

Wirkung der therapeutischen Maßnahmen 

Die Auswirkungen der Freundschafts-Bänke wurden 2016 in einer klinischen Studie belegt. Es konnte eine Reduzierung von Selbstmordgedanken und Depression um 80% und eine 60-prozentige Steigerung der Lebensqualität der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nachgewiesen werden. 

Bis heute saßen etwa 65.000 Menschen auf den Freundschafts-Bänken und erhielten Hilfe bei mentalen Problemen.  

2020 wurde das Konzept sogar in die USA importiert, auch in New York gibt es heute Freundschafts-Bänke. Auf ihnen sitzen allerdings nicht hauptsächlich Großmütter, sondern Menschen jeden Alters. 

Auswirkungen von Corona auf Depressionen und die Freundschafts-Bänke 

Die Corona-Pandemie fordert viele Opfer. Gerade in schweren Krisen ist die mentale Gesundheit stark gefährdet. Viele der Helferinnen auf den Freundschafts-Bänken sind Großmütter im hohen Alter, sie gehören zur Risikogruppe. Trotzdem bringen es viele von ihnen nicht übers Herz, hilfesuchende Menschen in Not abzuwimmeln. Als Alternative sind Telefongespräche möglich, doch nicht jede Person hat ein Telefon und manchmal ist der persönliche Kontakt zu einem Menschen das Einzige, was hilft.  

Chibanda selbst verlor schon sechs befreundete Kolleginnen und Kollegen an das Corona-Virus und auch einige Großmütter erlagen der Krankheit. Wenn Selbstisolierung keine Möglichkeit darstellt, ist der einzige Ausweg aus der Pandemie ein schneller Zugang zu Impfstoffen für alle, so Chibanda. 

Quellen:  

Webseite „Friendship Bench“

o. A. / Coronavirus in Zimbabwe: ‚We need vaccines now‘ in BBC vom 26.01.2021.

Chibanda, D. / „Why I train grandmothers to treat depression“ in TEDWomen 2017 von November 2017.