Sudan: Um jeden Preis auf dem Weg zur Demokratie?

Im Sudan protestiert die Zivilgesellschaft gegen das Militär, das Ende Oktober nach einem Putsch die Regierung abgesetzt hat.

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Sudan: Um jeden Preis auf dem Weg zur Demokratie?

Weltweit und seit jeher verursachten Demokratisierungsprozesse kriegerische Auseinandersetzungen. Oft deshalb, weil sich undemokratische Regierungsformen nicht von der Bühne des politischen Geschehens verabschieden wollten und sich an die Macht klammerten.

Eine ähnliche Lage mobilisiert seit mehreren Wochen die sudanesische Zivilgesellschaft zu prodemokratischen Protesten.

Der Militärputsch

Ende Oktober dieses Jahrs übernahm das Militär die Macht im afrikanischen Land. Generalkommandant Abdel Fattah al- Burhan veranlasste die Verhaftung des Premiers Abdullah Hamduk und weiterer Minister. Zusätzlich ließ der Generalkommandant Internet, Mobil- und Festnetze abschalten. Er begründet das Vorgehen der Armee mit einer anhaltenden Bedrohung des Friedens und der Sicherheit durch die amtierende demokratiefreundliche Übergangsregierung unter Hamduk. „Man werde den demokratischen Kurs aber fortsetzen, bis die Macht an eine zivil gewählte Regierung übergehe.” (1) Ein drastischer Schritt, der weltweit Kritik erntet.

Spannungsgeladener Übergang

Militär und zivile Opposition im Sudan bildeten eine vorübergehende und verstrickte Partnerschaftsregierung bis Neuwahlen möglich sind. Spannungen zwischen beiden Seiten entflammten zu neuen Konflikten. Vorwürfe wurden laut, das Militär verzögere die Neuwahlen und den Einsatz einer demokratisch gewählten zivilen Regierung. Außerdem machte die Bevölkerung das Militär verantwortlich für eine “steigende Inflationsrate sowie Engpässe bei der Versorgung mit lebenswichtigen Gütern.” (1)

Neue Akteure

Hunderttausenden Menschen gingen daraufhin auf die Straßen und protestierten gegen die Putschisten. In der sudanesischen Hauptstadt Khartum wurde mit Waffengewalt gegen die Protestierenden vorgegangen (2). Zahlreiche Tote und Verletzte waren zu verzeichnen (3).

Nun tritt jedoch noch ein weiterer Akteur ins Gefecht. Bewaffnete Rebellengruppen “sähen lieber eine Militär- als eine Zivilregierung an der Macht” (1). Eine Militärdiktatur biete ihnen bessere Aussichten zur Durchsetzung eigener Interessen.

Die Rückkehr des Premiers

Das Blutvergießen sollte ein Ende finden. Aus dieser Motivation heraus wurde der zuvor entmachtete Premier Abdullah Hamduk wieder eingesetzt. Er zeigte sich, deutlich geschwächt, zusammen mit dem Generalkommandant im Fernsehen und unterzeichnete die Vereinbarung zur Einigung. Die 14 Punkte umfassende Vereinabarungserklärung beschließt die Wiederaufnahme einer vorübergehenden Machtteilung zwischen Militär und Zivilisten und Neuwahlen im Jahr 2023. Die Putschisten sind demnach weiterhin zumindest Teilmachthaber (4). Dies will die Zivilbevölkerung nicht akzeptieren. Zehntausende Sudanesinnen und Sudanesen sind daher vergangenen Montag in der Hauptstadt Khartum auf die Straßen gegangen, um erneut gegen das Militär zu protestieren. Anders als in den Wochen zuvor, verlief der Protest fiedlich (5).

Die Rolle des Westens

Die Lage ist kritisch und verschärft sich stetig. Doch der Westen könnte durch eine klare Positionierung gegen das Militärregime Druck ausüben. Theodore Murphy, der Direktor des Afrika-Programms des European Council on Foreign Relations, dazu: „Wenn die EU jetzt einheitlich und in aller Deutlichkeit erklärt, dass verbesserte Beziehungen zum Sudan für sie nur auf Basis einer demokratischen Transition denkbar seien, und sie diese abbrechen würde, sollte diese Voraussetzung nicht mehr gegeben sein, könnte das durchaus Einfluss auf die Militärführung haben.“ Die Situation im Sudan wird weiterhin beobachtet.

Quellen:

(1) “Sudan: Hintergründe des Putsches”, Deutsche Welle, 25.10.2021

(2) “Tote bei Massenprotesten im Sudan”, Tagesschau, 13.11.2021

(3) “15 Menschen bei prodemokratischen Protesten im Sudan getötet”, Der Standard, 18.11.2021

(4) „Entmachteter Regierungschef zurück auf altem Posten„, Tagesschau, 21.11.2021

(5) „Zehntausende demonstrieren erneut gegen das Militär„, Zeit Online, 14.12.2021

Verfasst am 14.12.2021