Mit grüner Energie in die Zukunft? Ein Wasserstoffpark im Süden Namibias

Namibia hat sich als Vorreiter im Bereich der erneuerbaren Energien positioniert und plant den Bau eines ambitionierten Wasserstoffparks. Dieses Projekt soll einen wesentlichen Beitrag zur globalen Energiewende leisten und den wirtschaftlichen Aufschwung Namibias fördern, steht aber auch vor erheblichen Herausforderungen und Kritik.

In einer Wüste im Süden Namibias, etwa 80 Kilometer vom Küstenort Lüderitz entfernt, soll ein Wasserstoffpark entstehen. Mit 500 Windrädern und 40 Quadratkilometern Solaranlagen wird damit einer der weltweit größten Anlagen für grünen Wasserstoff aufgebaut. Das Projekt wird durch internationale Investitionen und Kooperationen unterstützt, wobei das Brandenburger Windstrom-Unternehmen Enertrag eine führende Rolle spielt. In einem Joint Venture namens Hyphen leitet es das Projekt. Ab 2027 sollen durch die Nutzung von Wind- und Solarenergie jährlich sechs bis sieben Gigawatt Strom erzeugt werden – zum Vergleich: Namibias derzeitiger Maximalverbrauch beträgt knapp 0,6 Gigawatt.

Standort und technische Umsetzung des Wasserstoffparks

Die geografische Lage und die klimatischen Bedingungen Namibias bieten gute Voraussetzungen für die Erzeugung von Solar- und Windenergie und damit grünem Wasserstoff. Dieser wird durch die Elektrolyse von Wasser erzeugt, also der Aufspaltung seiner Bestandteile in Sauerstoff und Wasserstoff. Der benötigte elektrische Strom stammt aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind- oder Solarenergie. Das macht den Prozess nachhaltig und umweltfreundlich, im Gegensatz zu konventionellen Methoden der Wasserstoffproduktion, die fossile Brennstoffe nutzen und damit CO₂-Emissionen verursachen. Vor Ort wird der erzeugte Wasserstoff dann in Ammoniak umgewandelt. Ammoniak lässt sich leichter transportieren und kann am Zielort entweder wieder in Wasserstoff umgewandelt werden oder direkt beispielsweise in der Chemieindustrie, verwendet werden.

Wirtschaftliche Chancen und neue Arbeitsplätze

Mit dem Projekt werden mehrere Ziele verfolgt: Zum einen soll es die wirtschaftliche Entwicklung Namibias fördern. So könnten die Einnahmen aus der Produktion von grünem Wasserstoff ein Fünftel der aktuellen Staatseinnahmen ausmachen. Darüber hinaus schafft es Arbeitsplätze und Infrastruktur: Für den Bau werden etwa 15.000 Arbeitskräfte benötigt, wobei mindestens 90 Prozent der Angestellten aus Namibia kommen sollen. Während des Betriebs werden etwa 3.000 Arbeitsstellen entstehen. Neue Siedlungen, Straßen und ein Stromnetz sollen hierfür errichtet werden.

Namibia hofft, den erzeugten Wasserstoff insbesondere nach Europa zu exportieren, wo die Nachfrage nach umweltfreundlichem Wasserstoff steigt. Bereits jetzt bestehen lose Vereinbarungen mit potenziellen Abnehmern wie dem deutschen Energieunternehmen RWE. Ein geplanter Hafen soll den Export ermöglichen, indem wöchentlich ein großer Tanker den grünen Wasserstoff verschifft.

Kritik von Ovaherero und Nama

Neben den vielversprechenden Aussichten gibt es aber auch bedeutende Kritik. Denn obwohl traditionelles Land der Ovaherero und Nama betroffen ist, wurden diese indigenen Gruppen bisher nicht in die Planungen einbezogen. Für die Ovaherero und Nama ist dies eine wiederholte Erfahrung der Ausgrenzung. Schon beim sogenannten Versöhnungsabkommen zwischen Deutschland und Namibia waren sie nicht beteiligt und lehnten das Ergebnis ab.

Der geplante Ausbau des Hafens in Lüderitz soll auf Shark Island stattfinden, dem Ort eines deutschen Konzentrationslagers, in dem tausende Ovaherero und Nama interniert waren und starben. Die Nachfahren der Überlebenden wehren sich gegen diesen Plan und fordern den Erhalt des Gedenkortes.

Ökologische und soziale Herausforderungen

Darüber hinaus soll der Standort des Projekts im Tsau Khaeb Nationalpark sein, einem Hotspot der biologischen Vielfalt. Bau und Betrieb des Wasserstoffparks könnte negative Auswirkungen auf die lokale Flora und Fauna haben, weshalb momentan die Umweltverträglichkeit des Projekts gemäß europäischen Richtlinien geprüft wird.

Zudem soll Meerwasser aufbereitet werden, um den Wasserbedarf zu decken. Die Entsorgung des salzigen Abwassers könnte marine Ökosysteme und lokale Fischer*innen negativ beeinflussen. Ein Konzept zur Entsorgung existiert bisher nicht.

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass der wirtschaftliche Nutzen nicht gleichmäßig auf die Bevölkerung verteilt wird. Um dem entgegenzuwirken, planen externe Akteure Ausbildungsprogramme, um die Bewohner*innen der umliegenden Gemeinden in das Projekt zu integrieren und ihnen wirtschaftliche Chancen zu bieten.

Auch die fehlenden Abnehmer für den produzierten Wasserstoff in Namibia selbst stellen eine Herausforderung dar. Da der heimische Markt für Wasserstoff relativ klein ist, hängt der wirtschaftliche Erfolg des Projekts stark von internationalen Abnehmern ab und birgt damit die Gefahr von Abhängigkeiten.

Potenziale und Hürden für die Zukunft im Blick

Potenzial und Herausforderungen des Projekts müssen für eine erfolgreiche Umsetzung ausbalanciert werden. Der Wasserstoffpark könnte sowohl für Namibia als auch für die globale Energiewende von großer Bedeutung sein. Doch eingebettet in seinen wirtschaftlichen, politischen, sozialen und nicht zuletzt historischen Kontext zeigt sich die Komplexität der Herausforderungen und Kritik, denen sich das Projekt stellen muss. Es bleibt abzuwarten, ob angemessene Lösungen gefunden werden, um das Projekt tatsächlich in seiner Gänze zum Erfolg zu führen.

Quellen

Verfasst am 19. Juli 2024