Wie Sprache unser Denken formt und als Element der Unterdrückung dient

Sprache formt Denken und Identität. Wie machtvoll dies sein kann zeigte sich im Kolonialismus. Bis heute prägt sein Erbe unsere und afrikanische Sprachen.

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Wie Sprache unser Denken formt und als Element der Unterdrückung dient

Afrika ist mit über 2000 gesprochenen Sprachen der Kontinent mit der größten linguistischen Diversität. Doch viele von ihnen werden von immer weniger Menschen gesprochen, teilweise sterben sie sogar ganz aus. Dies hängt auch mit den Nachwirkungen des europäischen Kolonialismus zusammen. (1) Dieser hat zum einen dafür gesorgt, dass afrikanische Sprachen aus der Gesellschaft verdrängt wurden und immer noch werden. Zum anderen sind die in jener Zeit geprägten Begrifflichkeiten bis heute tief in unserer Sprache und Wahrnehmung verankert und ein großer Bestandteil heutiger Ausgrenzung und Rassismus. Doch wie genau hängt das zusammen und was kann dagegen unternommen werden? 

Sprache ist Kultur und schafft Identität  

Sprache ermöglicht es den Menschen sich zu verständigen. Was darüber hinaus aber noch viel wichtiger ist: Mit ihr werden Gedanken und Emotionen ausgedrückt, bewusst und unbewusst Bilder erzeugt und reproduziert und die spezifische Wahrnehmung unserer Lebenswirklichkeit beeinflusst. Wird in einer Sprache gedacht und interagiert, wird eine Person durch diese auch geprägt. Damit wird Sprache selbst zu einer eigenen Kultur und spiegelt die Identität des Sprechenden wider.  

Genauso, wie Sprache uns damit eine Welt eröffnet, kann sie diese aber auch begrenzen und die Zugehörigkeit einer Person zu einer Sprachgruppe begrenzt damit auch ihre Identität und Lebensrealität. (2) (3) 

Sprache als Instrument der Abgrenzung und Unterdrückung  

Der südafrikanische Anti-Apartheitsaktivist und Linguist Neville Alexander (1936-2012) verglich die Sprache einmal mit der Luft, die wir atmen. Sie ist lebensnotwendig und doch allzu selbstverständlich. So ist uns oft nicht bewusst, wie machtvolle und einflussreich Sprache sein kann. Die europäischen Kolonisator*innen und die Urheber des Apartheidsystems wussten Sprache als Instrument der Manipulation und Durchsetzung eigener Ideologien und Machtstrukturen für sich zu nutzen. So hat die Kolonialzeit sprachlich tiefe Einschnitte hinterlassen, die bis heute wirksam anhalten. (2) 

Zunächst verschafften sich Besetzer*innen durch das Erlernen lokaler Verkehrssprachen auf Verwaltungsebene Respekt und indirekte Macht über lokale Hierarchien. War diese Macht einmal erlangt, wurde die Verwendung afrikanischer Sprachen, und damit einhergehend die Kultur und Identität der die Sprachen sprechenden Menschen, so gut es ging unterdrückt. So führten die Kolonisator*innen auf zentraler Ebene ihre jeweils eigene Landessprache ein. Bis heute werden diese in den meisten Ländern Afrikas als offizielle Landessprache sowie in den Schulen und Universitäten genutzt. Dies trägt zum Verlust der sprachlichen Diversität Afrikas bei. (1) (2) 

Während im Kolonialismus die Sprachepolitik vor allem als Element von Machtdemonstration und Unterdrückung Verwendung fand, diente sie im Apartheidsystem als Werkzeug totaler Abspaltung. Schwarze Menschen wurden entsprechend ihrer jeweiligen Sprachgruppen in getrennte geografisch definierte Wohngebiete verwiesen, den sog. Homelands an den Stadträndern. Das Ziel war es, mittels Sprachbarrieren die Kommunikation zwischen der schwarzen Bevölkerung zu begrenzen, sie zu spalten und damit Aufstände zu verhindern. (2) 

Koloniale Instrumentalisierung der Sprache wirkt bis heute 

Diese Unterdrückung und Ausbeutung mussten irgendwie legitimiert werden. Aus dieser Logik heraus entwickelte sich das (biologisch nicht akkurate) Konzept der menschlichen „Rassen“. Unterschiede wurden anhand äußerer Merkmale wie der Hautfarbe als entscheidendes Element der Abgrenzung konstruiert. Schwarzen Menschen wurden körperlichen Charakteristika, Rückständig- und Hilfsbedürftigkeit zugeschrieben und in diesem Narrativ als homogene Gruppe dargestellt. (2) 

Die Formung dieses Denkens war in der kolonisierten und der kolonisierenden Gesellschaft bei der Errichtung des Machtverhältnisses essenziell. Doch trotz der formal-politischen Emanzipation der ehemaligen kolonialen Territorien des Kolonialismus haben sich die in der Zeit entwickelten Assoziationsketten bis heute gehalten. So schwingen zum Beispiel bei den Worten “Afrikaner*in” oder der Hautfarbe “schwarz” eine ganze Reihe kolonial-rassistischer Vorstellungen mit. Denn Begriffe und die Bilder, die diese erzeugen, stehen nie für sich allein. Sie sind immer Teil eines gedanklich verknüpften Kontextes, der unsere Wahrnehmung prägt. Sprache beeinflusst so über gesellschaftlich geteilte Stereotype unser Denken und Fühlen und damit auch unser Verhalten, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Es ist dadurch eine konstruierte Wirklichkeit geschaffen worden, durch die Schwarze, Indigene und People of Color systematisch ausgeschlossen worden sind und bis heute werden. (2) 

Wie kann dem entgegengewirkt werden? 

Um dem kolonial-rassistischen Erbe in unserer Sprache entgegenzuwirken, müssen wir alle aktiv und aufmerksam unseren eigenen Sprachgebrauch reflektieren und darüber hinaus im privaten, wie im öffentlichen Bereich Diskurse anregen, die diese Denkmuster identifizieren und aufdecken.  

Dem Verlust afrikanischer Sprachen muss hingegen mit einer aktiven Förderung dieser entgegengewirkt werden. Ein Beispiel dafür ist die Sankofa Sprachschule in Berlin. Gemeinsam mit einem Team aus afrodiasporischen Leher*innen und Mitarbeitenden bietet Akwasi Badu-Aning, Gründer und Leiter der Schule, 18 afrikanische Sprachen an und fördert damit aktiv das Sprechen afrikanischer Sprachen, vor allem in der Diaspora. (1) 

Es ist „sehr wichtig, dass wir als Afrikaner*innen unsere Sprache sprechen können, damit wir unsere kulturelle Identität nicht verlieren – vor allem in der Diaspora“. –  

Fatou Cisse Kane, Wolof-Lehrerin an der Sankofa Sprachschule (1)

Einen weiteren wichtigen Schritt zur Förderung afrikanischer Sprachen stellte im Mai dieses Jahres das Hinzufügen von 24 Sprachen aus Subsahara-Afrika, Indien und Südamerika zu Google Translate dar. Damit sind nun 23 afrikanische Sprachen auf der Plattform vertreten. Und auch DuoLingo, das von den 40 angebotenen Sprachen acht unterrepräsentierte Sprachen umfasst, arbeitet daran, Zulu und Xhosa – die von 20 Millionen Menschen vor allem im südlichen Afrika gesprochen werden – noch in diesem Jahr hinzuzufügen. (4) 

Quellen

(1) RosaMag: “Wer seine Sprache nicht spricht, verliert ein Stück seiner selbst” (August 2022)

(2) Zeitschrift zum Südlichen Afrika: Von der Freiheit und Unfreiheit der Sprache. (Mai/Juni 2022)

(3) Gesprächswert: Kulturelle Identität durch Sprache (September 2017)

(4) Reuters: Students cheer as online translation tools add more African languages (August 2022)

Verfasst am 23.8.2022

Unsere Mitgliedsorganisation ADRA Deutschland wird 35!

Seit über 35 Jahren ist unsere Mitgliedsorganisation ADRA Deutschland aktiv in der Entwicklungszusammenarbeit und Katastrophenhilfe mit Projekten in vielen Ländern.

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Unsere Mitgliedsorganisation ADRA Deutschland wird 35!

Diese Art der Hilfe unterstützt Menschen, die sich aufgrund von Krisen, Konflikten oder Naturkatastrophen in einer akuten Notlage befinden und diese aus eigener Kraft nicht bewältigen können. ADRA möchte den Betroffenen ermöglichen, ein Leben in Würde und Sicherheit zu führen. In Krisen- und Konfliktgebieten seien die Helfenden oftmals unter hohem persönlichem Risiko tätig.

Aktuell beteilige sich ADRA Deutschland im eigenen Land nach den Aufräumarbeiten im Ahrtal am Wiederaufbau und unterstütze dort 80 soziale Einrichtungen logistisch und finanziell. Auch finanziere ADRA Transporte von Geflüchteten innerhalb und außerhalb der Ukraine und versorge In den Nachbarländern Flüchtlinge in Notunterkünften. In Syrien helfe ADRA in den Bereichen Gesundheit, Wasser und Bildung. Mit sauberem Trinkwasser, Hygieneartikeln und Sanitäranlagen schütze das Hilfswerk etwa 100.000 Menschen im Norden des Landes. Dazu kämen Notunterkünfte sowie Schulunterricht für rund 1.800 Kinder.

Hunger in Ostafrika

Wie das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen mitteilt, drohe in Ostafrika aufgrund einer langanhaltenden Dürre eine Hungersnot. Etwa 82 Millionen Menschen könnten sich nicht mehr satt essen. Deshalb habe ADRA Deutschland dort auch Projekte der Entwicklungszusammenarbeit ins Leben gerufen, um langfristig und nachhaltig gegen den Hunger vorzugehen. In Äthiopien, Somalia, Madagaskar und dem Südsudan setze sich das Hilfswerk für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ein, sich besser gegen Dürren wappnen zu können, die Ernten zu sichern und den Kindern positive Chancen für die Zukunft zu ermöglichen.

ADRA Deutschland e.V. ist Mitbegründer von VENRO, Aktion Deutschland Hilft und Gemeinsam für Afrika. ADRA steht für Adventist Development and Relief Agency. Weitere Informationen unter www.adra.de.

Unsere Organisationen im Einsatz: Hunger in Ostafrika, Südsudan und Madagaskar

Dürren und Überschwemmungen sowie drastisch steigende Lebensmittelpreise verschärfen die ohnehin prekären Lebensbedingungen in vielen Ländern Afrikas.

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Unsere Organisationen im Einsatz: Hunger in Ostafrika, Südsudan und Madagaskar

Dürrekatastrophe in Ostafrika

Es ist die schlimmste Trockenheit seit 40 Jahren. Inzwischen sind vier Regenzeiten in Folge ausgefallen. Die Klimakrise zeigt in Ostafrika besonders gravierende Auswirkungen.

Die ohnehin dramatische Lage wird verschärft durch horrend steigende Lebensmittelpreise. Auch wir erleben gerade Preissteigerungen vor allem bei Lebensmitteln und Energiekosten durch den Ukraine-Krieg, aber wer nur knapp drei Dollar pro Tag zum Überleben hat, kann sich eine Verdoppelung der Getreidepreise einfach nicht mehr leisten und muss dann Hunger leiden. Etwa 82 Millionen Kinder, Frauen und Männer in Ostafrika haben nicht ausreichend zu essen, mehr als 20 Millionen Menschen sind auf Unterstützung angewiesen.

Aus den Berichten unserer Mitgliedsorganisationen vor Ort erfahren wir, dass das Welternährungsprogramm (WFP) ab sofort Nahrungsrationen wegen ständig steigender Getreidepreise drastisch reduzieren musste. „Die Kürzung stellt humanitäre Organisationen vor enorme Herausforderungen und zwingt sie, unmögliche Entscheidungen zu treffen. Nicht jeder Mensch, der Hilfe benötigt, wird sie erhalten können“, klagt ein Mitarbeiter unserer Mitgliedsorgansiation CARE besorgt.

Hunger im Südsudan

Wirklich entspannt war die Lage im Südsudan seit der Unabhängigkeit vor acht Jahren selten. In den letzten Monaten hat sich die prekäre humanitäre Lage im Südsudan angesichts der anhaltenden Gewalt, der Krisen im Gesundheitssektor und der Folgen der Klimakrise weiter verschlechtert. Überschwemmungen und lokale Dürren verschlechtern die Lebensbedingungen erheblich. Auch hier verschärft der Anstieg der Lebensmittel- und Kraftstoffpreise die Situation weiter. In diesem Jahr werden voraussichtlich zwei Drittel der südsudanesischen Bevölkerung auf Unterstützung angewiesen sein. Zwei Millionen Menschen, darunter 1,3 Millionen Kinder unter 5 Jahren und 676.000 schwangere und stillende Frauen, sind von akuter Unterernährung bedroht. Auch hier ist CARE vor Ort und unterstützt die südsudanesische Bevölkerung in den Bereichen Ernährung, Gesundheit und Schutz.

Dürre und Überschwemmungen in Madagaskar

Aufgrund von Ernteausfällen durch Überflutungen und andauernde Dürren als auch durch die Folgen der Coronapandemie hat sich die Anzahl der mangelernährten Kinder verdoppelt, 500.000 Kinder sind akut unterernährt. Unsere Mitgliedsorganisation ADRA ist in Madagaskar sowie weiteren Ländern Ostafrikas vor Ort. Sie versorgen die Menschen mit lebensnotweniger Nahrung, schaffen Zugang zu sauberem Trinkwasser und helfen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, ihre Landwirtschaft langfristig an die Folgen des Klimawandels anzupassen.

Unterstützen Sie die Arbeit unserer Mitgliedsorganisationen jetzt mit Ihrer Spende!

CARE-Studie: Weltweit hungern 150 Millionen mehr Frauen als Männer

Die weltweite Ernährungskrise trifft Frauen ungleich härter als Männer. Zu diesem Ergebnis ist eine neue Studie der internationalen Hilfsorganisation CARE gekommen.

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CARE-Studie: Weltweit hungern 150 Millionen mehr Frauen als Männer

Eine neue Studie der internationalen Mutterorganisation unserer deutschen Mitgliedsorganisation CARE zeigt, dass weltweit derzeit 150 Millionen mehr Frauen als Männer hungern. Diese Zahl wird bedingt durch die Klimakrise, die COVID-Pandemie und den Krieg in der Ukraine weiterwachsen. Denn Daten aus 109 Ländern belegen: Wächst die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, nimmt die Ernährungssicherheit ab.

Im Jahr 2018 hungerten 18 Millionen mehr Frauen als Männer, 2021 waren es bereits 150 Millionen. Damit ist die geschlechterspezifische Ungleichheit in Bezug auf Hunger in nur drei Jahren um das 8,4-fache gestiegen. Obwohl sowohl Männer als auch Frauen von der Ernährungskrise betroffen sind, tragen letztere nachweislich die größere Last: In Somalia etwa geben Männer an, kleinere Mahlzeiten zu essen während Frauen berichten, dass sie Mahlzeiten auslassen müssen. Im Libanon verhält es sich ähnlich, mehr Frauen als Männer geben an, kleinere Portionen zu essen. Dabei ernähren sie sich zusätzlich auch eher von minderwertigeren Lebensmitteln als Männer.

„Der CARE-Bericht wirft das Scheinwerferlicht auf ein entscheidendes, aber oft übersehenes Element der weltweiten Ernährungskrise: Nämlich wie ungleich härter die Hungerkrise Frauen trifft“, sagt Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von CARE Deutschland. „Die Gleichstellung der Geschlechter ist eng mit der Ernährungssicherheit verbunden. Je größer die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in einem Land ist, desto hungriger sind die Menschen. Aber jetzt wissen wir darüber hinaus: auch der Hunger ist zwischen Frauen und Männern nicht gleich verteilt.“ 

Frauen müssen in der Ernährungskrise sichtbar gemacht werden

Obwohl Frauen auf allen Ebenen der Nahrungsmittelproduktion eine wichtige Rolle spielen, sind sie die ersten, die hungern. Dabei sind sie weltweit zu 90 Prozent für die Herstellung, Zubereitung und den Kauf von Lebensmitteln verantwortlich. Trotzdem gibt es in den globalen Datenbanken zum Thema Geschlecht – wie dem Gender Data Portal der Weltbank – kaum Angaben zur Ernährungslage oder auch zur Rolle der Frau für die Nahrungsmittelproduktion. Die Folge: Fehlende Daten führen auch zu fehlenden politischen Maßnahmen. Diese Lücken müssen sichtbar gemacht werden. Mit der vorliegenden Studie geht CARE einen wichtigen Schritt in diese Richtung.

„Frauen ernähren die Welt. Darum ist es an der Zeit, das globale Verständnis über die Zusammenhänge von Ernährungssicherheit und Geschlechterungleichheit zu verbessern“, so Zentel. „Die Überwindung der Geschlechterkluft bei der Nahrungsmittelversorgung erfordert ähnliche Veränderungen wie die Überwindung der Geschlechterkluft insgesamt – Frauen müssen die gleichen Rechte, Ressourcen und Möglichkeiten haben. Nahrung ist eines der grundlegendsten menschlichen Bedürfnisse – ohne gleichen Zugang zu guten Lebensmitteln ist das Gleichstellungsprojekt zum Scheitern verurteilt.“

Lesen Sie die CARE-Studie hier im englischen Original. 

Was hat die Klimakrise mit Terrorismus zu tun?

Der Aufstieg terroristischer Gruppen hat viele Ursachen. Eine davon ist die Klimakrise. Sie verstärkt bereits bestehende Konfliktdynamiken bedeutend. Terroristen nutzen dies für sich, um Kämpfer zu rekrutieren.

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Was hat die Klimakrise mit Terrorismus zu tun?

Die Klimakrise trifft die Region um den Tschadsee besonders hart. Der Binnensee, den sich die Länder Nigeria, Niger, Kamerun und Tschad teilen, erstreckte sich einst über 25.000 Quadratkilometer. Heute sind von dem See weniger als 1.500 Quadratkilometer übrig. (1) Laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen gehen 50 Prozent des Rückgangs der Tschadseefläche auf Klimaeffekte zurück. Die andere Hälfte wird durch die verstärkte Nutzung der Zuflüsse für landwirtschaftliche Bewässerung, dem erhöhten Wasserverbrauch der wachsenden Bevölkerung und Missmanagement verursacht. Immer wiederkehrende Dürren und Hitzewellen schädigen das Pflanzenwachstum zusätzlich und schwere Regengüsse zerstören die Ernten oder spülen sie von den Feldern. Auf über einem Drittel der Landfläche schreitet die Wüstenbildung voran. (2)

_©flickr
Der Tschadsee verschwindet
(©flickr_www.grida.no/resources/5593)

Klimakatastrophe trifft auf instabile Region

Diese Klimakatastrophe trifft auf eine chronisch instabile Region. Jedes Jahr sterben Hunderte Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen ansässigen, in der Landwirtschaft tätigen, Personen und in die Region kommende Hirt*innen, die auf der Suche nach Land sind. (1) Staatliche Hilfe für die Menschen und die Region gibt es kaum. Die Regierungen haben über die sumpfigen Ufer und vielen Inseln des Tschadsee kaum Kontrolle. Ein ideales Rückzugsgebiet für Kriminelle und Islamisten. (3) So konnte sich die westafrikanische Terrormiliz Boko Haram im letzten Jahrzehnt immer weiter ausbreiten und an Stärke gewinnen. (2) Sie planen Angriffe auf das Militär und Überfälle auf Zivilist*innen. Mehr als 40.000 Menschen starben bereits in dem Krieg zwischen den Islamisten und Regierungstruppen. Zwei Millionen Menschen wurden vertrieben. (3)

“Der Klimawandel bedroht nicht nur die Nahrungsversorgung, sondern auch den Frieden.”

Hindou Oumarou Ibrahim – Klimaaktivistin (3)

Der Aufstieg der terroristischen Vereinigung von einer kleinen Gruppe radikaler Koranschüler zu einer der gefährlichsten Organisationen der Welt hängt mit verschiedenen politischen, sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklungen in der Region um den Tschadsee zusammen. So haben politische Krisen, Misswirtschaft und Korruption die Legitimität von Regierungen und Institutionen untergraben, regionale Ungleichheiten, insbesondere zwischen den ölproduzierenden und anderen Regionen, führen zu politischen Missständen, und Armut und Mangel an angemessenen Dienstleistungen machen die wachsende Bevölkerung empfänglicher für politische Versprechungen von Dschihadistengruppen. (4) Zu all diesen Faktoren gesellen sich nun mehr und mehr die desaströsen Auswirkungen der Klimakrise.

Klimakrise, Ressourcenkonflikte und Terror beeinflussen sich gegenseitig

Diese verschärft die bereits bestehenden Konfliktdynamiken bedeutend. Denn knappe Ressourcen und daraus resultierende Arbeits- und Perspektivlosigkeit machen gerade junge Menschen anfälliger für die Ideologien der Terroristen. Die Islamisten nutzen Not und Armut aus, um Kämpfer zu rekrutieren. Sie locken mit Geld und Gewehren oder einem Motorrad für Botenfahrten. (1) (3)

_©Sani Ahmad Usman/ Wikimedia Commons
Die Menschen um den Tschadsee sind auf das Wasser angewiesen ©Sani Ahmad Usman/ Wikimedia Commons

In vielen Gegenden der Region können die Regierungen ihr Gewaltmonopol nicht ausüben. Und dort, wo der Staat sich durchzusetzen versucht, nimmt er teilweise wenig Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. So blockieren Soldaten im Kampf gegen Terroristen Versorgungsrouten und schränken damit Handel und Mobilität ein. Der Zugang der lokalen Bevölkerung zu und die Kontrolle über lebenswichtige Ressourcen wird massiv beeinträchtigt, was den bestehenden wirtschaftlichen Druck in den Konfliktgebieten noch erhöht. Die daraus resultierenden Störungen der Fischerei, der kleinen Landwirtschaft, der Weidewirtschaft und des Handels verschärften den Wettbewerb um die lokalen Ressourcen und belasteten die sozialen Beziehungen zwischen den Gemeinschaften erheblich, was zuweilen das Risiko gewaltsamer Konflikte zwischen den Gemeinschaften erhöht. (4)

So entwickelt sich ein Teufelskreis: Um mit der Klimakrise leben zu können brauchen die Menschen mehr Bewegungsfreiheit, diese Bewegungsfreiheit wird im Kampf gegen Boko Haram stark eingeschränkt. Konflikte um Land und Ressourcen nehmen zu. In ihrer Not schließen sich manche den islamistischen oder kriminellen Banden an und der Aufstieg terroristischer Gruppen wird befördert. An Umweltschutz ist in dieser Unsicherheit gar nicht erst zu denken. (1) (3)

Was also tun?

Um diesen negativen Wirkungskreis zu durchbrechen, müssen bei der Konfliktverhütung Umwelt und Klima mitgedacht werden. Eine ganzheitliche Herangehensweise, in der alle Maßnahmen der humanitären Hilfe, Friedensförderung und Entwicklungszusammenarbeit die Folgen der Klimakrise gezielt miteinbeziehen, kann eine wesentliche Grundlage für mehr Stabilität und nachhaltige Entwicklung in den von Konflikten betroffenen Regionen sein. (5) Wenn die Klimaeffekte weiter zunehmen und kein ganzheitlicher Ansatz in diesen Bereichen geschaffen wird, wird das Phänomen der Klimaflucht weltweit zu spüren sein. Und dann wird das Problem in den Ländern um den Tschadsee auch ein europäisches Problem. (4) (5)

„Menschliche Sicherheit ist mehr als Militär. Die größte Gefahr ist die Klimakrise für dieses und das nächste Jahrhundert.“

Annalena Baerbock, dt. Außenministerin/ Die Grünen (6)

Quellen

(1) Deutsche Welle: Tschadsee – Wie der Klimawandel den Terror befördert (Dezember 2015)
(2) Zeitschrift Vereinte Nationen: Klimawandel als Konflikttreiber in Nigeria (Oktober 2021)
(3) Tagesspiegel: 500 Dollar und eine Kalaschnikow – Wie Terroristen vom Klimawandel profitieren (Juni 2021)
(4) Climate Diplomacy: Climate and Fragility Risks – Lake Chad Region
(5) Naturschutz: Klimawandel erschwert den Kampf gegen Terrorismus in Afrika (Mai 2019)
(6) Tagesschau: Nato-Gipfel in Madrid (Juni 2022)

Verfasst am 15.8.2022

Stimme Indigener Völker: Hindou Oumarou Ibrahim

Hindou Oumarou Ibrahim, Angehörige der indigenen Mbororo-Gemeinschaft aus dem Tschad, setzt sich für eine stärkere Einbeziehung des Wissens und der Traditionen indigener Völker in den globalen Bestrebungen der Bekämpfung der Klimakrise ein. Sie kombiniert westliche Technologien mit dem Wissen ihrer Vorfahren für einen nachhaltigen Lösungsansatz.

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Stimme Indigener Völker: Hindou Oumarou Ibrahim

In vielen Regionen Europas wurden in diesem Sommer Rekordtemperaturen von über 40 Grad erreicht. Diese Wetteranomalie hielt meistens nur ein paar Tage an. Im zentralafrikanischen Tschad, wo die Durchschnittstemperaturen anderthalbmal schneller steigen als im Rest der Welt, sind hingegen Temperaturen von 45 bis 50 Grad grausame und regelmäßige Realität. Die Wüste der Sahara breitet sich unaufhaltsam aus, große Binnengewässer schrumpfen und die ohnehin schon extremen Lebensbedingungen der Bevölkerung werden zusätzlich erschwert. Die Temperaturen sind eine tödliche Gefahr für Kinder, alte Menschen und Schwangere. Dürren halten länger an und gewaltsame Konflikte entstehen um das wenige verbliebene fruchtbare Land. (1) 

Vor allem indigene Völker stellen aufgrund ihrer Abhängigkeit von natürlichen Ressourcen die ersten Opfer der unmittelbaren Folgen der Erderhitzung dar. Indigene Völker und lokale Gemeinschaften bewirtschaften etwa 40 Prozent der noch intakten Landschaften der Erde. Ihre Fähigkeit, diese Landschaften zu schützen, ist untrennbar mit der Fähigkeit des Rests der globalen Gemeinschaft verbunden, die gemeinsamen Ziele in den Bereichen Klima und nachhaltige Entwicklung zu erreichen. (7) 

“Unsere indigene Lebensweise, unsere Kultur, unsere Identität sind vom Ökosystem abhängig. Das macht uns verwundbar.”

Hindou Oumarou Ibrahim (4) 

Mit westlichen Technologien und Indigenem Wissen gegen die Klimakrise  

Hindou Oumarou Ibrahim, Angehörige der nomadischen Gemeinschaft Mbororo im Tschad, findet Lösungen für die Krise in ihrer Heimat, indem sie traditionelles Wissen ihrer Vorfahren mit modernen Technologien in Verbindung bringt. (6)  Eines ihrer ersten Projekte war die Zusammenarbeit mit Meteorologen, um lokale, zeitnahe Vorhersagen zu erstellen, die ihre Gemeinde angesichts des Wetters, das durch die Klimakrise unberechenbarer wird, nutzen konnte. Daraus entstand ein SMS-basiertes Warnsystem, das sowohl die Stadtbewohner*innen als auch die Hirt*innen über schlechte Wetterbedingungen informiert. (4) 

Schlichterin von Konflikten 

Eines der hartnäckigsten Probleme der Sahelzone sind die Konflikte zwischen sesshaften, in der Landwirtschaft tätige Menschen und Nomad*innen um die rapide schwindenden Wasserressourcen. Der Tschadsee war einst einer der größten Seen in Afrika. In wenigen Jahrzehnten ist er jedoch auf ein Zehntel seiner ursprünglichen Größe geschrumpft, was sich massiv auf das Leben von Fischer*innen, in der Landwirtschaft tätigen Menschen und Viehhirt*innen auswirkt. Bei einem Workshop für gleichgesinnte indigene Führungspersonen im Jahr 2010 lernte Ibrahim die partizipative Kartierung kennen, ein System, bei dem Gemeinschaften lokales Wissen und Geschichte mit den Werkzeugen der modernen Kartografie kombinieren, um die Bedürfnisse einer Region besser zu verstehen. (4)  

Beginnend in ihrer Gemeinde ließ sie Mitglieder auf Karten Höhenzüge, Flüsse und Viehkorridore dokumentieren. Frauen* vermerkten Quellen, an denen sie Wasser holten und Orte, wo sie Pflanzen für Medizin fanden. Dann wandte sie sich an Fischer, die Zugang zum Ufer benötigten sowie schließlich an Landwirt*innen, die Anbauflächen skizzierten. 3D-Landschaftsmodelle entstanden, die später digitalisiert wurden. Mit diesem Modell der verschiedenen Bedürfnisse ausgestattet, konnte sie jeder Gemeinschaft helfen, Kompromisse zu finden, die den Zugang zu Wasser ermöglichten und gleichzeitig Konflikte milderten. (4) (6)  

Zusätzlich diene die Karte aber auch als datierte Bestandsaufnahme natürlicher Ressourcen, mit dessen Hilfe künftige Veränderungen im Falle von Dürre und Überschwemmungen vorhergesagt werden können, die mit der Klimakrise immer wahrscheinlicher werden. Denn ein großer Teil der Widerstandsfähigkeit indigener Völker beruhe auf dem Wissen, was einen erwartet und der Vorbereitung darauf, so Ibrahim. (4)  

Indigene Gemeinschaften gehören zu denjenigen, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, aber sie können auch Lösungen anbieten. Das traditionelle, jahrhundertealte Wissen der indigenen Völker kann der Welt helfen, sich anzupassen.

Hindou Oumarou Ibrahim (2) 

Internationales Wirken  

Neben der Anpassung indigener Gemeinschaften an die Klimakrise ist Ibrahim auch gleichzeitig Expertin für das Thema Frauen und Klimakrise in Afrika. Auf internationaler Ebene repräsentiert sie bei UN-Klimaverhandlungen die Initiative indigener Völker und ist Koordinatorin der Organisation Indigenous Women and Peoples Association of Chad (AFPAT), die sich für die Belange indigener Frauen* einsetzt. (3) 

Für ihren Einsatz hat Ibrahim bereits einige internationale Preise und Ehrungen erhalten. So wurde sie 2019 mit dem Pritzker Emerging Environmental Genius Award ausgezeichnet, einem Umweltpreis, mit dem Menschen unter 40 geehrt werden, die sich in außergewöhnlicher Weise für die Umwelt einsetzen. Im gleichen Jahr wurde sie zudem vom Time Magazine als eine von 15 Frauen* aufgeführt, die sich im Kampf gegen die Klimakrise engagieren. (5) 

Quellen

(1) Frankfurter Rundschau: Meine Gemeinschaft verschwindet (September 2019)
(2) Time: Meet 15 Women Leading the Fight Against Climate Change (September 2019)
(3) Oxfam: Aus dem Leben wird Überleben – Klimazeugen berichten  
(4) Time: An Advocate for Indigenous People Works to Unite Science and Local Knowledge (Oktober 2021) 
(5) Global Landscapes Forum: What are the main outcomes from UNCCD COP15?  
(6) Tagesspiegel: 500 Dollar und eine Kalaschnikow – Wie Terroristen vom Klimawandel profitieren (Juni 2021)
(7) Daijiworld: Public consultation to shape future carbon market (Juli 2022)   

Ghana: Schutz vor Kinderhandel sowie Früh- und Zwangsheirat

Unsere Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e.V. fördert in der nördlichen Region Ghanas den Schutz vor Kinderhandel und Früh- bzw. Zwangsheirat, indem sie die lokale Bevölkerung und politische Akteure für Kinderrechte sensibilisiert.

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Ghana: Schutz vor Kinderhandel sowie Früh- und Zwangsheirat

In der Nordregion Ghanas leben fast 90% der Bevölkerung in ländlichen Gebieten. Verbreitete Armut, ein geringer Bildungsstand und wenig Aufklärung über die Gefahren für Kinder führen dazu, dass schädliche Praktiken, wie Kinderhandel (derzeit die drittgrößte kriminelle Aktivität weltweit) und Frühheirat, weit verbreitet sind. In der Projektregion wird jedes vierte Mädchen vor seinem 18. Geburtstag verheiratet. Damit verbunden sind sexuelle Ausbeutung, Frühschwangerschaften sowie häufige Schulabbrüche unter Mädchen – mit weitreichenden Folgen! Weniger als ein Drittel der Bevölkerung ist alphabetisiert und lediglich 37% davon sind Frauen. Trotz nationaler Gesetze, die Früh- und Zwangsheirat verbieten, werden in der Praxis oft weder Alter noch Zustimmung des betroffenen Mädchens berücksichtigt, dem dadurch die Chance auf (Aus-)Bildung und eine selbstbestimmte Zukunft genommen wird.

Unsere Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e.V. setzt sich in der nördlichen Region Ghanas für die Förderung des Schutzes vor Kinderhandel und Früh- bzw. Zwangsheirat ein, indem sie das Bewusstsein für die Rechte von Kindern in den Projektdistrikten bei den für Kindesschutz verantwortlichen Akteuren von Staat und Zivilgesellschaft, Eltern sowie den Kindern selbst stärkt. 

Zur Umsetzung dieses Zieles wurde ein lokales Gemeinschaftsradio gegründet, das seit Ende April 2022 täglich auf Sendung ist. Die Radiosendungen teilen neben lokalen Nachrichten auch Beiträge zu Menschen- und Kinderrechtsthematiken. Diese werden in Englisch und den Lokalsprachen ausgestrahlt.

Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier.

Verfasst am 2.8.2022

Benin: Null Toleranz für sexuelle Gewalt!

Unsere Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e.V. fördert in Benin den effektiven Schutz von Schüler*innen vor sexueller Gewalt über die landesweite Einführung eines Verhaltenskodex' an allen Grund- und Sekundarschulen.

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Benin: Null Toleranz für sexuelle Gewalt!

In Benin halten sexuelle Gewalt, Frühverheiratung und Frühschwangerschaften noch immer viele Kinder, insbesondere Mädchen, vom Schulbesuch ab und haben seit der Corona-Pandemie sogar noch einmal stark zugenommen. Schulen benötigen eine enge Begleitung für die Einführung und effektive Anwendung eines Verhaltenskodex und auch die Eltern und Gemeinden müssen verstärkt in den Kinderschutz mit einbezogen werden.

Unsere Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e.V. fördert im Rahmen eines neuen Projekts den effektiven Schutz von Schüler*innen vor sexueller Gewalt über die Einführung eines landesweiten Verhaltenskodex‘ an allen Grund- und Sekundarschulen in Benin. Staatliche Akteure werden hierfür auf nationaler und lokaler Ebene mehr in die Verantwortung genommen. Die Begleitung der Schulen, Gemeinden und Akteure erfolgt in Kooperation mit anderen Organisationen der Allianz „Null Toleranz für sexuelle Gewalt“.

In diesem Zusammenhang wurden jugendliche Multiplikator*innen zu den Inhalten des Kodexes sowie Schutz- und Beschwerdemechanismen fortgebildet. Sie sollen diese in regelmäßigen Veranstaltungen an ihre Mitschüler*innen weitergeben und in ihrer Schule auf die Einhaltung des Kodexes achten.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier.

Verfasst am 2.8.2022

Benin: Familienmediationen auf lokaler Ebene zur Förderung der elterlichen Verantwortung

Das elterliche Verantwortungsbewusstsein für Kinder und ihre Rechte ist im Projektgebiet gestiegen, die Gleichstellung der Frau (z. B. in Sorgerechtsfragen) bleibt aber problematisch.

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Benin: Familienmediationen auf lokaler Ebene zur Förderung der elterlichen Verantwortung

Unsere Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e. V. hat gemeinsam mit ihrem Partner ESGB vor Ort in Benin eine Langzeitstudie in den Départements Ouémé und Plateau durchgeführt. Über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren wurden Eltern zu ihrer Auffassung von Verantwortungsbewusstsein für Kinder und ihre Rechte befragt.

Besonders im Plateau zeigte sich eine Bewusstseinsänderung in der Bevölkerung hinsichtlich der Rechte der Kinder und der Verantwortlichkeiten der Eltern: Während 2019 noch 85% der befragten Eltern fanden, dass Gewalt in der Erziehung gerechtfertigt sei, konnten dies 2022 nur noch 9% bestätigen. Auch in Bezug auf das Empfinden der Minderjährigkeit lassen sich große Unterschiede feststellen: Nachdem in der ersten Umfrage 45% der Eltern des Plateau Kinder bis zum Alter von 18 Jahren als minderjährig bezeichneten, wuchs der Anteil in der neuesten Befragung auf 93%.

Die Umfrage bestätigt, dass in beiden Départements das Wissen um die Rechte der Kinder und die Pflichten der Eltern gestiegen ist. Allerdings muss die Sensibilisierungsarbeit zum Thema elterliche Mitverantwortung fortgeführt werden, da die Gleichstellung der Frau problematisch bleibt. In der Praxis ist zu beobachten, dass Mütter sowohl in der Erziehung ihrer Kinder, in der Hausarbeit als auch finanziell noch immer den größten Anteil stemmen. Ziel ist es, die Familienväter in diesem Bereich zu sensibilisieren, damit diese eine größere Mitverantwortung tragen. Es soll auch das Bewusstsein entstehen, dass die Gleichstellung der Frau in der Gesellschaft zu einer besseren Fürsorge der Kinder führt.

Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier.

Quelle: Kinderrechte Afrika e. V:

Verfasst am 28. Juli 2022

Film: „Eine neue Ära für Haushaltshilfen“

Awa, ein Mädchen aus der Ortschaft Bla, verlässt ihre Familie, um in Bamako Arbeit zu suchen. Mit Hilfe ihrer Tante gelangt sie nach Bamako, wo sie von einer Frau eingestellt wird. So beginnt Awas Leidensweg.

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Awa

Film: „Eine neue Ära für Haushaltshilfen“

Gemeinsam mit dem Netzwerk COMADE und unserer Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e. V. entstand der Film „Eine neue Ära für Haushaltshilfen“. Am Beispiel der jungen Awa aus Mali, die ihr Heimatdorf verließ, um sich in Bamako etwas Geld für die Mitgift zu verdienen, zeigt er eindrücklich die verzweifelte Situation vieler Haushaltshilfen in Westafrika – oft misshandelt, ausgebeutet und vergewaltigt.

Der Film in Lokalsprache mit französischem Untertitel zeigt auch die Aktionen, die unser*e Partner*in GRADEM gemeinsam mit dem Bündnis unternimmt, um die Situation von Mädchen in Mali zu verbessern. Viele Jahre lang haben wir mit GRADEM Projekte zur Unterstützung minderjähriger Haushaltshilfen in Bamako durchgeführt und für sie auch das Schutzzentrum „Bamunan“ gebaut.

Hier geht´s zum Film.

Verfasst am 26. Juli 2022

Togo: Sensibilisierung für lokale Unterstützung von Kinderschutzeinrichtungen

Unsere Mitgliedsorganisation Kinderrechte Afrika e. V. setzt sich im Togo für den Aufbau und Ausbau von verschiedenen Kinderschutzzentren ein. Die Unterstützung und Einbindung der jeweiligen Gemeinden ist dabei ein wichtiges Anliegen.   

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Togo: Sensibilisierung für lokale Unterstützung von Kinderschutzeinrichtungen

Zwei Jahre lang mussten Sensibilisierungen auch in Togo immer wieder aufgeschoben werden. Nun konnten die in unserem Projekt geförderten Kinderschutzeinrichtungen endlich die ersten Veranstaltungen in ihren Gemeinden durchführen. Sie erklärten die Rolle der Einrichtungen, ihre aktuellen Schwierigkeiten und den Bedarf an Unterstützung.   

Kinderrechte Afrika e. V. unterstützt in ihrem aktuellen Projekt sechs Kinderschutzeinrichtungen und unterstützt diese mithilfe des bereits bestehenden Zentrum Kandyaa, welches mit einem gemeinsamen Projekt mit CREUSET aufgebaut wurde. Die Erfahrungen beim Aufbau, Führen und Verwalten sollen nun auch den anderen Einrichtungen zugutekommen.  

In Togo leben viele Kinder in prekären Notsituationen, auf der Straße, in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen, werden aufgrund von Anschuldigungen der Hexerei von ihren Familien oder Stieffamilien verstoßen, misshandelt oder geraten in die Hände von Kinderhändlern. 

Ca. 4.000 dieser Kinder finden derzeit Zuflucht in Kinderschutzzentren. 

Viele Kinder, die in Not geraten, werden von Sozialarbeiter*innen, Richter*innen, Polizeieinheiten oder anderen Akteur*innen an CREUSET vermittelt, dessen Zentrum Kandyaa landesweit einen guten Ruf für die Aufnahme und Begleitung von Kindern in Not hat. Dadurch kommt Kandyaa aber auch täglich an die Grenzen der Kapazitäten. In Togo besteht daher ein großer Bedarf an weiteren leistungsfähigen Einrichtungen für den Kinderschutz. Das Projekt trägt dazu bei, den institutionellen zivilgesellschaftlichen Kindesschutz in 3 der 5 Regionen Togos zu stärken. 

Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier.

Verfasst am 25. Juli 2022

Mega-Staudämme – Grüne Energie oder Umweltsünde?

Wasserkraft wird oft als umweltfreundliche und klimaneutrale Energie gehandelt. Doch durch den Bau großer Staudämme werden Menschen aus ihrer Heimat vertrieben, Tier- und Pflanzenarten bedroht und Klima und Umwelt in Mitleidenschaft gezogen.

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Mega-Staudämme – Grüne Energie oder Umweltsünde?

Seit tausenden von Jahren stauen Menschen Flüsse, um Felder zu bewässern oder Mühlräder anzutreiben. Mittlerweile wird jeder zweite Fluss der Erde durch einen Staudamm reguliert. Etwa 50.000 große Staudämme gibt es weltweit. Heute dienen sie in erster Linie der Stromerzeugung. Vom Bau der Staudämme werden sich wirtschaftliche Entwicklung, Jobs und ein höherer Lebensstandard versprochen. (1) In Ländern wie Malawi, der Demokratischen Republik Kongo, Äthiopien, Mosambik, Uganda und Sambia liegt der Anteil der Wasserkraft an der Stromversorgung laut der Internationalen Energie Agentur (IEA) bei 80 Prozent. (4) Der aus den Staudämmen generierte Strom wird häufig als “grün” und klimaneutral bezeichnet. Auf den ersten Blick scheint dies nachvollziehbar, da die Stromerzeugung kein Kohlendioxid ausstößt. Bei genauerer Betrachtung werden jedoch die negativen Auswirkungen offensichtlich: Große Staudämme rund um den Globus zerstören den Lebensraum von Tier- und Pflanzenarten, vertreiben Menschen aus ihrer Heimat und sind darüber hinaus in der Gesamtbilanz alles andere als klimaneutral. (1) 

“Der schlimmste Eingriff in die Natur” 

Die Organisation River Watch nennt Staudämme “eine der schlimmsten Eingriffe in die Natur” und International Rivers spricht von “verheerenden Folgen” für Umwelt, Natur und Menschen. (1) Durch das Blockieren und Umleiten von Flüssen verändert sich das gesamte Fluss-Ökosystem. Diese Veränderung führt dazu, dass die Biodiversität abnimmt, weil Tier- und Pflanzenarten verdrängt oder gar ausgerottet werden. Durch die Reduzierung der Wasserfließgeschwindigkeit und dadurch, dass sich stehende Gewässer schneller erwärmen, wird das Wachstum von giftigen Algen begünstigt. Die Wasserqualität verschlechtert sich. (2) So sind viele Fischarten bedroht, weil die Bauwerke ihre Wanderwege zu den Laichgebieten blockieren und/oder sie durch die verschlechterte Wasserqualität in dem Gewässer nicht mehr lebensfähig sind. (1)  

“Flüsse sind die Lebensadern unserer Ökosysteme. Staudämme sind für sie der Super-GAU, da sie lebendig fließende Flüsse in stagnierende Stauseen verwandeln.”

Theresa Schiller, WWF-Süßwasserexpertin (3)

Darüber hinaus ist das Ausmaß der Waldvernichtung für den Bau der Mega-Staudämme immens. Straßen werden in bislang unerschlossene Gebiete gebaut und für Stromleitungen werden hunderte Kilometer lange Schneisen geschlagen. Auch am Unterlauf gestauter Flüsse wird die Natur in Mitleidenschaft gezogen. Viele Ökosysteme werden dort durch den jahreszeitlichen Wechsel von Trockenheit und Hochwasser geprägt. Dieser bleibt durch Staudämme aus oder wird geringer. Sedimente, die nach Überschwemmungen abgelagert werden und zur Fruchtbarkeit von Flussebenen beitragen, gehen verloren. In einigen Flüssen erreicht so wenig Wasser das Meer, dass das Delta schrumpft und Meerwasser ins Landesinnere vordringt. Zusätzlich gehen Geologen davon aus, dass Staudämme Erdbeben verursachen. (1) 

Staudämme und die Klimakrise  

Die Produktion von Strom durch Staudämme wird als nachhaltig und “grün” gepriesen, da dabei kein CO2 ausgestoßen wird. Sie sind aber alles andere als klimaneutral. Stauseen stoßen in erheblichem Umfang das klimaschädliche Gas Methan aus, welches entsteht, wenn Pflanzen in die Seen geschwemmt werden und dort verrotten. Insgesamt verursachen Staudämme vier Prozent des Ausstoßes von Klimagasen. Das entspricht in etwa genauso viel CO2 wie dem des Flugverkehrs. (1)  

Während sie einerseits zur Klimakrise beitragen, sind sie gleichzeitig von dieser bedroht. Denn klimabedingte Dürreperioden sowie Starkregen und Überflutungen sorgen für Einbrüche in der Wasserkrafterzeugung. So wurden zum Beispiel in Malawi durch Überschwemmungen nach dem Zyklon Idai im März 2019 zwei große Wasserkraftwerke beschädigt, wodurch die Stromversorgung in Teilen des Landes für mehrere Tage zusammenbrach. Da die sich ändernden klimatischen Bedingungen beim Bau der Staudämme oft nicht berücksichtigt werden, können der Strom und die mit diesem verbundenen Versprechen, häufig nicht eingehalten werden. (4)  

Folgen für die Menschen  

Während die Einwohner*innen in den Metropolen vermeidlich von der billigen Stromerzeugung durch die Staudämme profitieren, haben die Menschen im Gebiet um das Staudammprojekt das Nachsehen. Nach Schätzungen der Organisation World Commission on Dams (WCD) haben 40 bis 80 Millionen Menschen wegen Staudammprojekten ihre Heimat verloren, wurden vertrieben oder umgesiedelt.  Vor allem Indigene, Fischer*innen und Kleinbauer*innen sind betroffen. Sie verlieren nicht nur ihre Lebensgrundlage, sondern oft auch ihre kulturellen Wurzeln. Im Unterlauf der Flüsse werden weitere 500 bis 700 Millionen Menschen in Mittleidenschaft gezogen. Der durch Staudämme gestörte Transport von Sedimenten führt zum Beispiel zu sinkenden landwirtschaftlichen Erträgen. Zudem tragen Staudämme zur Verbreitung von Krankheiten bei, da am Unterlauf Überschwemmungen ausbleiben und so mehr Mückenlarven überleben. Widerstand gegen geplante Staudammprojekte wird durch die Polizei, das Militär und private Sicherheitsdienste teilweise gewaltsam niedergeschlagen. (1) 

Das Beispiel der Wasserkraft zeigt, dass erneuerbare Energien nicht immer gleichzusetzen sind mit umweltfreundlicher und klimaneutraler Energie. So macht Thilo Papacek von der deutschen Nichtregierungsorganisation Gegenströmung, die sich für sozial- und umweltverträgliches Handeln deutscher Akteure im Ausland einsetzt, deutlich, dass eine vermehrte Investition in den Ausbau der Wasserkraft beim Ausstieg aus den fossilen Energieträgern fatal wäre. Ein kompletter Verzicht auf Wasserkraft scheint wenig realistisch. Doch es muss sich die Frage gestellt werden, wo und wie gebaut wird und wie die Wasserkraftwerke in Zukunft betrieben werden sollen. (4)  

Quellen

(1) regenwald.org: Staudämme – Fragen und Antworten

(2) Wild Recreation: Warum Wasserkraftwerke negative Umweltauswirkungen haben (Mai 2019)  

(3) WWF: VerDammte Schutzgebiete (März 2021)  

(4) Deutsche Welle: Klimawandel – Welche Zukunft hat die Wasserkraft? (September 2021)  

Verfasst am 14. Juli 2022

Dürre in Ostafrika: Kurz- und langfristige Maßnahmen für mehr Klimaresilienz

Die Auswirkungen der Dürre in Ostafrika sind immens. Doch kurz- und vor allem langfristige Maßnahmen können auch in Zukunft ein Leben in den Dürregebieten ermöglichen.

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Dürre in Ostafrika: Kurz- und langfristige Maßnahmen für mehr Klimaresilienz

Am Horn von Afrika herrscht momentan die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Vier Regenzeiten sind ausgefallen, was zwei Jahren ohne ausreichend Regen entspricht. Die Folgen des fehlenden Niederschlags sind immens: Es kommt zu Ernteeinbußen von bis zu 87 Prozent, etwa 20 Millionen Menschen in Kenia, Äthiopien und Somalia sind von Hunger bedroht, über eine Millionen Menschen hat die Dürre bereits vertrieben und mehr als drei Millionen Tiere sind verendet. Hilfsorganisationen sprechen von einer humanitären Krise und der Krieg in der Ukraine verschlimmert den Hunger nochmal mehr. (1)(2) Wenn die derzeitige Erderhitzung anhält, könnten bis zum Ende des 21. Jahrhunderts bis zu acht Prozent der Weltbevölkerung – also doppelt so viele Menschen wie heute – von extremen Dürren bedroht sein. Ohne effektive Klimaschutzmaßnahmen und Ressourcenerhalt wird die globale Wasserknappheit katastrophale Auswirkungen haben. (3) 

Wie genau sich Dürren in Zukunft durch die Klimakrise verändern werden, welche Folgen Dürren abseits des Hungers haben und wie die Menschen ihr Leben umstellen müssen thematisiert Julian Hilgers im 55 Countries-Afrika-Podcast mit seinen Gesprächspartner*innen Rahel Laudin, Forscherin am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), und Sam Ombeki, Projektreferent unserer Mitgliedsorganisation Care im Osten von Kenia.  

Bekannte Wetterphänomene verstärkt durch die Klimakrise  

In Ostafrika gibt es zwei Regenzeiten – den sogenannten kurzen und den langen Regen. Zwar wurde die Region auch in der Vergangenheit schon oft von Dürren heimgesucht. In den letzten Jahrzehnten hat die Periode des langen Regens jedoch an Niederschlag eingebüßt. Dies bedeutet, dass Dürren in langen Regenzeiten zunehmen, intensiver und langanhaltender sind und häufiger auftreten. Zwar sollen die Niederschläge laut Prognosen in Zukunft wieder zunehmen, aber auch die Temperatur steigt immer weiter an. Das Wasser aus dem Niederschlagsregen verdunstet durch die hohen Temperaturen und ist nicht mehr für die Pflanzen verfügbar. Diese produzieren in der Folge weniger Biomasse, was wiederum zu schlechten Ernten führt. Die Ernährungsunsicherheit nimmt zu. Darüber hinaus und damit verbunden führt die Dürre u.a. zu Migration, zunehmenden Konflikten um Ressourcen, Kinderehen und häuslicher Gewalt und schadet der Schulbildung. (1) Ausführlicher haben wir bereits im März über die Auswirkungen der Dürre in Somalia, vor allem auf Frauen und Kinder, geschrieben. Den Artikel dazu finden Sie hier.

Lösungsansätze – Kurz- und langfristige Anpassungsmaßnahmen  

Kurzfristig braucht es vor allem humanitäre Hilfe in Form von Bargeldzahlung oder Nahrungsgütern. Kurz- und mittelfristig ist eine Anpassung der Landwirt*innen an die trockenen Verhältnisse vor Ort notwendig. Dafür gibt es laut Laudin vielfältige Möglichkeiten: Dazu gehören der Anbau von trockenresistenten Pflanzen, Frühwarnsysteme sowie die Bearbeitung des Bodens auf eine Art, die zu weniger Wasserverlust führt. Darüber hinaus wird es transformative, gesellschaftlich sehr weitreichende, Prozesse geben müssen, die über die Suche von anderen Anbaugebieten und den Anbau anderer Pflanzen, bis hin zu den Möglichkeiten von Einkommensgenerierung jenseits der Landwirtschaft reichen. (1) 

Beispiel Kenia – Erfolgreiche Resilienzbildung 

Unsere Mitgliedsorganisation Care ist in Kenia tätig. Neben unmittelbarer Hilfe in Form von Nahrung und Geld geht es der Organisation auch darum, langfristige Maßnahmen, z.B. bei der Wasserversorgung, zu implementieren. Ein Großteil der Menschen in Kenia und anderen Teilen Ostafrikas lebt von der Landwirtschaft. Künstliche Bewässerungsanlagen, wie es sie hierzulande gibt, gibt es dort fast nie. Das Ziel ist es, die Landwirtschaft resistenter zu machen, dürreresistente Pflanzen einzusetzen und künstliche Bewässerungsanlagen zu bauen. Laut Ombeki haben einige der Maßnahmen bereits dazu beigetragen, den Widerstand gegen die Dürreperioden zu erhöhen: “Wenn ich Somalia, Kenia und Äthiopien sehe, dann sind Kenianer*innen relativ wenig von der Dürre betroffen. Daraus kann man schließen, dass unsere Arbeit zur Resilienz bereits Früchte trägt.”. Dies zeigt, dass auch langfristig ein Leben in den Dürregebieten Ostafrikas möglich sein kann. Die Art, wie Menschen dort leben, wird sich aber eben verändern müssen. Denn die Klimakrise wird weiter dafür sorgen, dass extreme Wetterbedingungen weiter zunehmen. (1)

Quellen  

  1. Julian Hilgers: 55 Countries – der Afrika-Podcast: Was bedeutet die Dürre für Ostafrika? (Juni 2022) 
  1. Neue Zürcher Zeitung: Dürre in Afrika (Mai 2022) 
  1. Potsdam Institut für Klimaforschung: Durch den Klimawandel wird sich die Zahl der von extremer Dürre bedrohten Menschen voraussichtlich verdoppeln (Januar 2021) 

Verfasst am 13. Juli 2022

Nigeria: Krise als Treiber der Mobilitätswende

Krisen haben auch gute Seiten, und zwar immer dann, wenn aus der Not eine Tugend gemacht wird. Mit ThinkElectric Africa, einer gemeinnützigen Organisation die sich zum Ziel gesetzt hat, den Übergang Afrikas zu erneuerbaren Energien und nachhaltigem Verkehr zu beschleunigen, ist dem Nigerianer Olukokun Tolulope genau das gelungen.  

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Nigeria: Krise als Treiber der Mobilitätswende

Energieknappheit führte zu Innovation 

Am 1. Januar 2012 verkündete der damalige nigerianische Präsident Goodluck Jonathan die Abschaffung der staatlichen Kraftstoffsubventionen, was eine Erhöhung des Benzinpreises zur Folge hatte. Daraufhin überlegte Olukokun Tolulope, wie er ohne Benzin zu seinem Büro kommen könnte und beschloss, ein Unternehmen für Elektrofahrzeuge zu gründen. Seine aus dieser Idee entstandene gemeinnützige Organisation ThinkElectric Africa hat das Ziel, den Übergang Afrikas zu erneuerbaren Energien und nachhaltigem Verkehr zu beschleunigen. (1) 

Lokal produzierte Elektrofahrräder  

Unter dem Namen ThinkBikes Africa, einem Subunternehmen von ThinkElectric Africa, werden lokal produzierte Elektrofahrräder auf den Markt gebracht. Das erste Produkt ist ein elektrisches Lastendreirad, das auf die aufkeimende Liefer- und Logistikbranche abzielt. Über 90 Prozent der Komponenten der Fahrräder stammen aus der Region, darunter die Karosserie, die Räder und die Batterien. Nur die Elektromotoren werden importiert. Die Akkus werden aus recycelten Materialien aus alten Laptops hergestellt – ein gutes Beispiel dafür, wie Elektromobilität die Kreislaufwirtschaft fördern und den negativen Folgen des Materialabbaus für Akkus entgegengewirkt werden kann. Durch den Zusammenbau von Akkupacks aus wiederverwendeten Zellen können die Kosten der Produkte zudem erheblich gesenkt werden, sodass sie für ihren Zielmarkt erschwinglicher werden. (3)  

Vorteile für Unternehmen, die Gesellschaft und das Klima  

ThinkBikes richtet sich vor allem an kleine bis mittlere Unternehmen in Nigerias boomender Logistik- und Lieferindustrie. Dazu gehören zum Beispiel Landwirt*innen, landwirtschaftliche Verarbeitungsbetriebe und Einzelhändler*innen. Die Vorteile der elektrischen Dreiräder liegen auf der Hand: Sie sind in der Logistik und im Vertrieb schneller und viel sauberer als herkömmliche Lieferwagen, haben niedrige Betriebskosten und sind so klein, dass man sich auch in den verstopften Stadtzentren gut zurechtfinden kann und haben darüber hinaus eine Reichweite von bis zu 100 Kilometern im leeren und 60 Kilometern im beladenen Zustand. (2) (3) 

Einen wichtigen Zusatznutzen bieten die Fahrräder auch im Zusammenhang mit Nigerias Kraftstoffabhängigkeit. Zwar ist das Land der größte Erdölproduzent Afrikas. Doch mangelnde Raffineriekapazitäten führen dazu, dass es häufig Probleme mit der Kraftstoffversorgung gibt. Die elektrischen Fahrräder könnten auf lange Sicht zur Verringerung der Energieimporte beitragen. Außerdem schafft die Produktion lokale Arbeitsplätze und sorgt für grünes Wachstum.  

Weitere Vorteile sind weniger Lärmbelästigung, weniger CO2-Emissionen und weniger Gesundheitsrisiken durch herkömmlichen Verkehr. (1)  

Projekte der Zukunft  

Neben dem Elektrofahrradgeschäft prüft ThinkElectrics auch andere potenzielle Projekte. So hat das Unternehmen zum Beispiel zahlreiche Anfragen möglicher zukünftiger Kund*innen aus der Fischereiindustrie und dem Handel mit verderblichen Waren erhalten und arbeitet an der Entwicklung von Kühlboxen und Kühlschränken, die mit Solarzellen betrieben werden. Dies kann einen großen Beitrag zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung leisten. (3) 

Junge Unternehmer*innen wie Tolulope sind das Lebenselixier einer jeden Wirtschaft. Sie kurbeln die lokale Wirtschaft an und tragen dazu bei, eine Gemeinschaft von Menschen aufzubauen, die über die notwendigen Fähigkeiten, Ressourcen und Netzwerke verfügt, um die Herausforderungen der Klimakrise zu bewältigen. 

Quellen

(1) All Africa: Nigeria: How Nigeria’s Petrol Crisis Inspired Locally Produced Electric Bicycles #AfricaClimateCrisis (Juni 2022)
(2) Clean Technica: ThinkBikes Nigeria Starts Delivering Its Locally Produced Electric Cargo Tricycles To Customers (Mai 2022)
(3) Clean Technica: ThinkBikes Nigeria Is Launching Locally Produced Electric Tricycles (Januar 2022) 

Verfasst am 11. Juli 2022

Öl-Pipeline durch Ostafrika – Welche Akteure sind die größten Profiteure?

In Uganda soll Öl gefördert werden mit dramatischen Auswirkungen für Menschen, Tiere, Umwelt und Klima. Wer profitiert am Ende vom Ölreichtum?

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Öl-Pipeline durch Ostafrika – Welche Akteure sind die größten Profiteure?

Vor 16 Jahren, im Jahr 2006, wurde am Lake Albert im Westen Ugandas eines der größten Öl-Vorkommen in Subsahara-Afrika entdeckt. Mehr als 15 Jahre später läuft ein Großprojekt, um dieses Öl weltweit zu verkaufen: Die East African Crude Oil Pipeline (EACOP) soll über eine Distanz von 1.443 Kilometer täglich 216.000 Barrel aus den Ölfeldern Tilenga und Kingfisher in Uganda zum Exporthafen Tanga in Tansania transportieren. Im Februar dieses Jahres unterzeichneten der französische Energieriese TotalEnergies und das chinesische Unternehmen China National Offshore Oil Cooperation (CNOOC) gemeinsam mit führenden Politiker*innen aus Uganda und Tansania eine endgültige Investitionsentscheidung für das Projekt. Damit ist die längste beheizte Pipeline der Welt einen weiteren Schritt auf dem Weg zu ihrer Verwirklichung vorangekommen. Der Baubeginn ist für 2023 geplant, ab 2025 soll das Öl fließen. (1) (2)

Auswirkungen für Mensch, Tier und Umwelt

Doch Umwelt-, Klima- und Menschenrechtsaktivist*innen schlagen Alarm. Den Prognosen zufolge wird EACOP zum einen lebenswichtige, international anerkannte Ökosysteme in Mitleidenschaft ziehen. So wirkt sich der Bau der Pipeline auf etwa 2.000 Quadratkilometer geschützte Wildtierräume aus. Darüber hinaus werden ökologisch und biologisch bedeutsame Meeresgebiete bei der Umladung am Hafen von Tanga in Tansania gefährdet. Darüber hinaus wird ein Drittel der geplanten Pipeline durch das seismisch aktive Rift Valley und das Becken des Viktoriasees, Afrikas größten Süßwassersee, verlegt. Die Route wird außerdem zahlreiche Wasserläufe durchqueren, wobei eine kostengünstige Methode angewandt wird, die nicht den besten Praktiken der Branche entspricht und die Wahrscheinlichkeit eines Öllecks oder einer Ölpest und damit die Gefahr einer Wasserverschmutzung erhöht. Dies wird sich auf die Wasserversorgung von mehr als 40 Millionen Menschen auswirken. Neben der gefährdeten Wasserversorgung verlieren tausende Familien durch erzwungene Umsiedlung ihr Land, die physische und wirtschaftliche Vertreibung weiterer zehntausender Menschen wird erwartet. Entschädigt werden nur wenige von ihnen. Auch indigene Völker sind davon betroffen. (2)

EACOP-Öl-Pipeline durch Uganda und Tansania ©Wikimedia Commons

Wie neun Kohlekraftwerke…

Bei maximaler Produktion wird die Pipeline jährlich Kohlenstoffdioxidemissionen verursachen, die in etwa der CO2-Bilanz von neun Kohlekraftwerken entsprechen, bzw. dem Siebenfachen der derzeitigen Emissionen Ugandas. Die Emissionen über die gesamte Wertschöpfungskette, die den Bau, den Betrieb, die Raffination und die Produktnutzung während der 25-jährigen Lebensdauer des Projekts umfasst, werden auf 378 Millionen Tonnen CO2 geschätzt. Damit ist der Bau von EACOP unvereinbar mit der 1,5°C-Grenze, die im Pariser Klimaschutzabkommen festgelegt wurde. (2)

Wer profitiert?

Bei all den negativen Folgen des Projekts stellt sich die Frage, warum weiterhin, vor allem von ugandischer Seite, am Bau der Pipeline festgehalten wird. Die Antwort scheint zunächst schlüssig: Der Ölreichtum soll v.a. Uganda aus der Armut helfen und wirtschaftliche Unabhängigkeit schaffen. Total und CNOCCC gehen davon aus, dass das Ölprojekt 150.000 neue Arbeitsplätze schaffen wird – 15.000 davon sind “direkte Arbeitsplätze”, 35.000 “indirekte Arbeitsplätze” außerhalb der Ölfelder und der Pipeline und 100.000 sogenannte “induzierte Arbeitsplätze” – Arbeitsplätze, die entstehen, wenn der Ölreichtum von Einzelpersonen oder der Regierung vor Ort investiert wird. So weit so gut. Doch von den versprochenen 15.000 direkten Arbeitsplätzen können den Prognosen zufolge nach Abschluss der Bauarbeiten nur 3500 bestehen bleiben. Es stellt sich die Frage, inwieweit Menschen von solchen befristeten Arbeitsplätzen wirklich profitieren. Und auch stellt sich die Frage, wie verlässlich die Prognosen sind, die darauf basieren, dass Menschen ihr Einkommen vor Ort ausgeben. Weiterhin sagen diese Zahlen nichts über die Nationalität der künftigen Mitarbeitenden aus. In Prognosen von Total und CNOOC heißt es, etwa 57 Prozent der direkten Arbeitsplätze gingen an ugandische Menschen – also gerade einmal etwas mehr als die Hälfte. (3) Vom Ölreichtum kommt bei den Einheimischen also nicht viel an. Wo aber dann?

Internationale Akteure sind die größten Profiteure

Die beiden Investoren, Total und CNOOC, sind an der Börse registriert. Das bedeutet, dass die Aktionäre an den Gewinnen des Projekts verdienen. Die größte bekannte Aktionärsgruppe von Total sind Mitarbeitende über sog. Beteiligungsprogramme. Und bei CNOOC ist es die Volksrepublik, die an Projektgewinnen verdient, denn 64,4 Prozent des Unternehmens sind im Besitz des chinesischen Staates. Darüber hinaus sind an beiden Unternehmen große Vermögensverwaltungsgesellschaften beteiligt. Die Kund*innen dieser leben auf der ganzen Welt. 2012 verhandelte Uganda mit den beteiligten Firmen, dass bei Ölprojekten, die mehr als 350 Millionen Barrel im Land fördern, der Staat mit 15 Prozent beteiligt ist – Ugandas Bürger*innen bekommen damit also genau den Mindestanteil, obwohl sie es sind, die die Umweltrisiken und Menschenrechtsverletzungen am Ende tragen. (3)

Kampagnen gegen die Pipeline

Die internationale Kampagne #StopEACOP gegen das Projekt, die sich gezielt an Banken und Versicherungen wendet, um sie davon zu überzeugen, das Projekt nicht zu finanzieren hat bereits dafür gesorgt, dass der Finanzierungsprozess langsam und komplex verlaufen ist. Von der Gruppe der 35 wichtigsten Finanziers von Total haben 20 – darunter zuletzt die Deutsche Bank – die Finanzierung der Pipeline ausgeschlossen. Expert*innen sind jedoch der Meinung, dass einige der Kreditgeber wieder einsteigen könnten, wenn Total auf dem Weg zu einem kohlenstoffarmen Übergang ist. Erschwerend kommt außerdem hinzu, dass sich große Versicherungsunternehmen an EACOP beteiligen, bei denen die Aktivist*innen nun die gleiche Strategie anwenden, wie bei den Banken. Trotz der Undurchsichtigkeit der Finanzwelt bleiben viele Aktivist*innen optimistisch, dass sie das Megaprojekt noch stoppen könnten. Gleichzeitig scheinen aber die beiden Ölgiganten ebenso zuversichtlich und entschlossen zu sein, enorme Gewinne aus dem Projekt zu ziehen. (4) (5)

Quellen

(1) Center for International Environmental Law: Japanese Bank Financing of the East African Crude Oil Pipeline (EACOP) (Juni 2022)

(2) Julian Hilgers – 55 Countries der Afrika Podcast: #14 EACOP: Warum will Uganda Öl fördern? (Juni 2022)

(3) Tagesspiegel: EACOP-Pipeline durch Ostafrika – Wer profitiert vom neuen Öl? (Juni 2022)

(4) African Arguments: The bold campaign to defund the East African Crude Oil Pipeline (Juni 2022)

(5) The East African: Eacop’s $5b financing headache as environment activists pile pressure (Mai 2022)

Verfasst am 6. Juli 2022

VENRO – G7-Abschlusserklärung: Finanzielle Zusagen allein machen die Welt nicht gerechter

In seiner Pressemitteilung zum Abschluss des G7-Gipfeltreffens in Elmau fasst der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Zusammenarbeit – kurz VENRO – die Stellungnahme der Civil 7 – einem Zusammenschluss internationaler zivilgesellschaftlicher Organisationen und eine der Dialoggruppen der G7-Präsidentschaften – zusammen. VENRO und das Forum Umwelt & Entwicklung koordinieren den diesjährigen internationalen Civil7-Prozess.

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VENRO – G7-Abschlusserklärung: Finanzielle Zusagen allein machen die Welt nicht gerechter

Die Civil 7 bewerten die finanziellen Zusagen der G7 für Infrastruktur und Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern als positiv. Kritisch sehen sie jedoch die fehlenden Bekenntnisse zu einer nachhaltigen und fairen Gestaltung des Welthandels.

Mathias Mogge, Vorstandsvorsitzender von VENRO bewertet den Plan, 4,5 Milliarden US-Dollar für die Ernährungssicherheit bereit zu stellen, als erstes positives Ereignis des G7-Gipfels. Strukturellen Problemen des Ernährungssystems und des Welthandels wurde dagegen leider kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Dies sei fatal, da der Grund der akuten Ernährungskrise neben Klimakrise und Konflikten auch ein Handelssystem sei, das die Interessen der Länder im globalen Süden nicht ausreichend berücksichtige. Klare Bekenntnisse dazu fehlen in der Anschlusserklärung der G7.

Auch die klimapolitischen Ergebnisse des G7-Gipfels haben die Erwartungen der zivilgesellschaftlichen Organisationen nicht erfüllt, da sich die G7 nicht zu einem Kohleausstieg bis 2030 bekannt haben und darüber hinaus vorübergehend in Kohle und Gas investiert werden soll. „Das ist ein Schritt in die falsche Richtung angesichts der früheren Verpflichtung der G7 aus der internationalen Finanzierung fossiler Energien auszusteigen“ fasst Mogge zusammen.

Das Investitionsvorhaben von 600 Milliarden US-Dollar in Infrastrukturprojekte bewertet die C7 als positiv und betont ihre dringliche Notwendigkeit, da allein schon für die globale Energiewende bis 2030 in Entwicklungsländern jährlich mehr als eine Billion Dollar an Investitionen benötigt werden.

Die Positionen der C7 zu den Themen Klima und Umwelt, Wirtschaft, Gesundheit, Humanitäre Hilfe und Demokratie, ihre Empfehlungen an die G7 und weitere Informationen zum Civil7 Prozess finden Sie hier.

Die Original-Venro-Stellungnahme finden Sie hier.

Verfasst am 4. Juli 2022

Save the Okavango Delta

Das Okavango Delta bietet (bedrohten) Tieren, Pflanzen und Menschen einen einzigartigen Lebensraum. An diesem noch nahezu unberührten Ort will das kanadische Öl- und Gasexportunternehmen Recon Africa nun Ölbohrungen durchführen, mit wahrscheinlich katastrophalen Folgen für Mensch und Tier.

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Save the Okavango Delta

Das Okavango-Delta im Nordwesten Botswanas ist mit 15.000 Quadratkilometern das größte Binnendelta der Welt. Das Feuchtgebietssystem, bestehend aus permanenten Sumpfgebieten und saisonal überfluteten Ebenen, ist fast so groß wie Schleswig-Holstein und sieht vom Weltraum aus wie der Fußabdruck eines Vogels. Der längste in das Delta mündende Okavango-Fluss ist mit seinen ca. 1700 Kilometern der viertgrößte Fluss im südlichen Afrika und fließt unter anderem durch Angola und Namibia. (1) (2)

Das Okavango Delta sieht aus dem Weltraum aus wie der Fußabdruck eines Vogels (©Flickr/ Stuart Rankin)

Eine Oase für Mensch und Tier

Eines der einzigartigen Merkmale des Gebiets ist, dass die jährlichen Überschwemmungen des Flusses während der Trockenzeit stattfinden, sodass die einheimischen Pflanzen und Tiere ihre biologischen Zyklen mit diesen saisonalen Regenfällen und Überschwemmungen synchronisiert haben. So konnte das Delta das Zuhause von vielen (teils bedrohten) Tierarten werden, darunter auch den sogenannten „Big Five“ – Elefanten, Löwen, Nashörner, Büffel und Leoparden. (2) Fünf der an das Gebiet angrenzenden Länder – Angola, Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe – haben sich zusammengetan, um die Region um das Delta zu schützen. Das sogenannte Projekt Kavango Zambezi (Kaza) umfasst insgesamt 520.000 Quadratkilometer und ist damit das größte länderübergreifende Naturschutzgebiet der Welt. Grenzzäune wurden vielerorts abgebaut, sodass Wildtiere wandern und dem Wasser ohne Hindernisse folgen können. Vor allem die afrikanischen Elefanten haben so mehr Freiraum und Konflikte mit Menschen werden seltener. Das Projekt soll außerdem den Tourismus fördern, um die wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen zu fördern. (3)(4)

Doch nicht nur Tiere und Pflanzen sind auf die einzige Wasserquelle in einem der sonst trockensten Teile Afrikas angewiesen: Das Okavango-Delta ist auch die Hauptwasserquelle für die lokalen Gemeinschaften. Seit Jahrhunderten ist das Gebiet von einer kleinen Zahl von Ureinwohner*innen bewohnt, wobei die verschiedenen Gruppen ihre kulturelle Identität und ihren Lebensstil an die Nutzung bestimmter Ressourcen wie Fischfang oder Jagd angepasst haben. Heute befinden sich an den Rändern des Beckens gemischte Siedlungen von Ureinwohner*innen und späteren Einwanderer*innen in diesem Gebiet. (2)

Das Okavango Delta beherbergt die weltweit höchste Anzahl von Elefanten (©Pixabay)

Aufgrund seiner herausragenden und einzigartigen ökologischen Bedeutung wurde das Delta 2014 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. (2)

Ölförderung im Okavango Delta

In diesem so sensiblen Umweltgebiet will das kanadische Öl- und Gasexportunternehmen Recon Africa nun Ölbohrungen durchführen. Mitte April 2021 gab das Unternehmen bekannt, dass die ersten Testbohrungen das Vorhandensein „eines funktionierenden Erdölsystems bestätigen“. Zum Zweck der Ölförderung wurde daraufhin ein riesiges Gebiet von knapp 35.000 Quadratkilometern in Namibia und Botswana lizensiert, das direkt an das Okavango-Feuchtgebiet grenzt und sich mit dem Kavango-Zambesi-Projektgebiet überschneidet. Das Unternehmen schätzt, dass das Becken 120 Milliarden Barrel Öl liefern könnte, was es zu einem der größten globalen Ölfunde der vergangenen Jahrzehnte machen würde. Bei wirtschaftlichem Erfolg erhält Recon Africa eine Produkionslizenz über 25 Jahre und plant dann, hunderte Bohrlöcher zur Ölförderung zu bohren. (4)

Katastrophale Folgen für Mensch und Tier

Naturschützer*innen und Wissenschaftler*innen schlagen Alarm – Denn die Ölförderung könnte katastrophale Folgen für das noch intakte Ökosystem haben.

Das größte Problem sind die möglichen Auswirkungen auf die Wasserressourcen, denn durch die Ölbohrungen und den damit verbundenen Schwerlastverkehr sind erhebliche Belastungen der Gewässer zu erwarten. (3) Die Region ist trocken mit nur geringen und unregelmäßigen Regenfällen. Grundwasser liefert hier den größten Teil des Wassers, ein kleinerer Teil wird Flüssen, wie dem Okavango, entnommen. Neben der möglichen Wasserverschmutzung befürchten Wissenschaftler*innen auch einen enorm erhöhten Wasserverbrauch. Diese Befürchtung würde sich vor allem dann bewahrheiten, wenn das Öl durch hydraulische Fakturierung – kurz Fracking – gefördert werden würde. Verweise auf “unkonventionelles Öl und Gas” – also durch Fracking erschlossenes Öl- und Gasvorkommen – des Unternehmens, lassen Naturschützer*innen vermuten, dass sie die umstrittene Technik nicht ausschließen, auch wenn das von offizieller Seite von Recon Africa immer wieder bestritten wird. (4)

Namibia und Botswana zeigen sich besorgt über die „irreführende“ Informationen über Fracking-Pläne, „da dies nicht Teil des genehmigten Explorationsprogramms ist“. Das namibische Energieministerium erklärte zwar, dass die geplanten Ölexplorationsaktivitäten das Okavango-Ökosystem in keiner Weise schädigen würden und Nationalparks ausgeschlossen sein. Das Kaza-Naturschutzgebiet ist davon jedoch ausgenommen, da es nicht den gleichen Schutzstatus genießt. (4)

Ölbohrungen werden Klimakrise verschärfen

Junge Klimaaktivist*innen in der namibischen Hauptstadt sowie mehrere andere Umwelt- und Menschenrechtsgruppen reagierten mit internationalen Aufrufen an allen Fronten, um die drohende Umweltkatastrophe zu verhindern. Die Region des südlichen Afrikas hat sich in den vergangenen sechs Jahrzehnten drastisch erwärmt, mit einer Geschwindigkeit, die etwa doppelt so hoch ist wie die globale Erderwärmungsrate. (4) Fridays For Future Windhoek hat aufgedeckt, dass das geplante Öl- und Gasprojekt das Risiko birgt, die globalen Bemühungen um eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C im Rahmen des Pariser Klimaabkommens zu zwei Dritteln zu zerstören. Ausgehend von Recon Africas eigenen Hochrechnungen von 120 Milliarden Barrel Öläquivalent beläuft sich die „Kohlenstoff-Gigabombe“ auf bis zu 51,6 Gigatonnen CO2, was einem Sechstel des verbleibenden Kohlenstoffbudgets der Welt entspricht. (2)

Das rücksichtslose Streben nach kurzfristigen Gewinnen darf nicht die langfristige Gesundheit von Menschen und Tieren gefährden! SAVE THE OKAVANGO DELTA!

Quellen

(1) ZDF: Okavango Delta

(2) Greenpeace: Reasons to Save the Okavango Delta (März 2021)

(3) Deutsche Welle: Okavango Delta – Weltnaturerbe in Gefahr (Dezember 2021)

(4) Der Standard: Bedrohliche Ölbohrungen im Süden Afrikas (Oktober 2021)

Verfasst am 27.6.2022

Klimaaktivistin Fatou Jeng

Klimaaktivistin Fatou Jeng nimmt den Klimaschutz selbst in die Hand. Mit ihrer 2017 gegründeten Umwelt-NGO Clean Earth Gambia setzt sie sich für den Naturschutz, Umwelterziehung, Genderfragen und gegen die Klimakrise ein. International fordert sie eine stärkere Vertretung der Geschlechter in Klimaschutzverhandlungen und organisiert Webinare und Workshops zum Thema Gender und Klimakrise.

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_©Fatou Jeng_Privat

Klimaaktivistin Fatou Jeng

Klimaaktivistin Fatou Jeng erlebt die verheerenden Auswirkungen der Klimakrise in Echtzeit. Ihr Land, Gambia in Westafrika, steht beispielhaft für viele Regionen Afrikas, die durch die Folgen der Klimakrise besonders verwundbar sind. Fast jeder zweite der 2,4 Millionen Menschen lebt hier in extremer finanzieller Armut. Die Menschen sind auf die Landwirtschaft angewiesen und unmittelbar abhängig von der Natur. Durch dürrebedingte Ernteausfälle und den steigenden Meeresspiegel sind die Gemeinden extrem gefährdet, denn Gambia ist überwiegend niedrig gelegen. Ein Anstieg des Meeresspeigels um einen Meter könnte über 8 Prozent der Landesfläche überschwemmen. So werden Lebensgrundlagen zerstört und Menschen aus ihren Häusern vertrieben.

Um diesen Zuständen entgegenzuwirken, setzt sich Fatou Jeng leidenschaftlich für die Bewältigung der durch die Klimakrise verursachten Probleme ein. Doch das ist nicht so einfach in einem Land, in dem die Klimakrise nur eines von vielen Problemen ist. Die Bevölkerung wächst schnell, die Arbeitslosigkeit ist hoch und etwa zehn Prozent der Kinder leiden unter Mangelernährung. So fehlt es den meisten Menschen in Gambia an finanziellen Mitteln, um sich an die neuen extremen Umweltbedingungen anzupassen und vor allem Frauen* und Mädchen, die die größte Last der Klimakrise schultern, trauen sich nicht, ihre Stimme zu erheben, weil die sozialen und kulturellen Hürden zu groß sind. (1) (2) In Gambia stellen Frauen* etwa 70 Prozent der in der Landwirtschaft tätigen Arbeitskräfte, haben jedoch nur unzureichenden Zugang zu den für die Landwirtschaft benötigten Ressourcen. (3)

“Wir haben eine progressive Klimaschutzpolitik, besser als der Westen, aber bei der Umsetzung hinken wir hinterher.”

Die gambische Regierung hat sich offiziell der Klimapolitik verschrieben. Der Kleinstaat will die Pariser Klimaziele erreichen und das, obwohl Gambia im Jahr nur 0,2 Tonnen CO2 pro Kopf ausstößt (In Deutschland sind es fast 8 Tonnen CO2 pro Kopf). Ganz oben auf der politischen Agenda stehen jedoch andere Themen: Bildung, Infrastruktur und Menschenrechten wird größere Aufmerksamkeit geschenkt, um die finanzielle Armutsspirale zu durchbrechen und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes anzukurbeln.

Handeln statt Streiken

So entschied sich Fatou Jeng 2017 dazu, das Problem selbst in die Hand zu nehmen und gründete die Organisation Clean Earth Gambia, eine von Jugendlichen geführte Umwelt-NGO in Gambia, die sich für Naturschutz, Umwelterziehung, Genderfragen und gegen die Klimakrise einsetzt. Das erklärte Ziel der Organisation besteht darin, Bewusstsein für Umweltfragen zu schärfen, mehr als 500 Schulkinder über die Klimakrise und Umweltfragen zu schulen und so viele Bäume wie möglich zu pflanzen. (2)

5000 Kokospalmen hat Clean Earth Gambia bisher rund um Banjul, Gambias Hauptstadt, gepflanzt – kniehohe Setzlinge, die ausgewachsen haushoch werden. Die Wurzeln der durch Spenden finanzierten Palmen sollen das Abrutschen der Küste verhindern. 3000 weitere Bäume sollen folgen. Schulstreiks in Gambia hält Jeng dagegen für wenig effektiv. In einem Land, in dem die Hälfte der Bevölkerung weder lesen noch schreiben kann, ist Bildung ein Privileg. Dementsprechend haben hier die wenigsten Verständnis für protestierende Schüler*innen. (4)

Jengs großes Vorbild ist die kenianische Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai, die bereits in den 1970er-Jahren in ihrer Heimat bäume pflanzte, um dem Raubbau an der Natur entgegenzuwirken. (1)

Engagement über die Landesgrenzen hinaus – Klimagerechtigkeit muss im Mittelpunkt stehen

„Echte Veränderungen werden von jungen Menschen vorangetrieben. Wenn wir etwas erreichen wollen, können wir das nicht der älteren Generation überlassen, und deshalb setze ich mich an vorderster Front für die Rettung unseres Planeten ein“

Auch außerhalb Gambias hat Fatou Jeng sich einen Namen gemacht. Sie ist politische Leiterin der Abteilung für Frauen und Gender der Jugendvertretung der UN-Klimarahmenkonvention (YOUNGO), wo sie seit der COP23 für die Einreichung von Stellungnahmen zum Thema Gender und Klima zuständig ist. Sie fordert eine stärkere Vertretung der Geschlechter in den Klimaverhandlungen, denn allzu oft wissen unterrepräsentierte Gruppen, wie zum Beispiel Frauen*, die in fragilen Staaten leben, am besten, welche Lösung zur Bewältigung der Klimakrise erforderlich sind. Dennoch werden vor allem Frauen* systematisch von den Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. (3) Darüber hinaus organisierte sie Webinare zum Thema Gender und Klimakrise mit und arbeitete mit der Gender-Abteilung der UN Klimarahmenkonvention (UNFCCC) bei der Organisation der regionalen Gender-Workshops im Jahr 2020 zusammen. 2019 war Jeng eine der 30 jungen Menschen, die vom Büro der Jugendbeauftragten der Vereinten Nationen ausgewählt wurden, um die Organisation des allerersten Jugendklimagipfels der Vereinten Nationen zu unterstützen. (5)

„Solange große Teile der Menschheit unterrepräsentiert sind und keine Unterstützung erhalten, werden die Maßnahmen auf der Cop-Konferenz wenig Bedeutung haben.“

Auszeichnungen

In Anerkennung an ihr Engagement hat Jeng bereits zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen erhalten. So hat sie es 2022 zum Beispiel als eine von sieben Klimaaktivist*innen in die Liste der 100 einflussreichsten Afrikaner*innen geschafft und der WWF, das World Scout Movement, African Alliance of YMCAs und der African Wildlife Fund listeten sie 2021 als Top 100 Young African Conservation Leaders. Auch zählt sie zu den “Women Leading on Climate” – eine Auszeichnung, die Frauen ehrt, die sich für die Gleichstellung der Geschlechter und den Klimaschutz einsetzen. (5)

Quellen

(1) Tagesspiegel: So viele Bäume wie möglich: Fatou Jeng lenkt die Klimabewegung in Afrikas kleinstem Land Gambia (September 2021)  

(2) UN Gambia: From the Streets of Banjul to The Frontlines of COP26 (November 2021)   

(3) Independent: Fragile countries have to be supported if they are to fight the climate crisis (November 2021)   

(4) Tagesspiegel: Unerhört engagiert (Mai 2021)  

(5) Blue Earth Summit: Fatou Jeng  

(6) The Chronicle: COP26 – Youths From the South Pushing For More Participation (Oktober 2021)    

Verfasst am 21.06.2022

Die fossile Lobby: Verzögerung von Klimaschutzmaßnahmen durch bewusst falsche Kommunikation

Klimaschutzmaßnahmen sind vergleichsweise jung. Das liegt auch an der bewusst falschen Kommunikation der fossilen Lobby, die effektive Maßnahmen über Jahrzehnte verzögerte.

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Die fossile Lobby: Verzögerung von Klimaschutzmaßnahmen durch bewusst falsche Kommunikation

Die Klimanotlage und die daraus resultierende Krise ist kein neues, plötzlich auftretendes Phänomen. Bereits 1965 erwartete ein offizieller Expertenbericht für den damaligen US-Präsidenten Johnson einen u.a. durch die Nutzung fossiler Brennstoffe verursachten CO2-Anstieg um 25 Prozent bis zum Jahr 2000 und warnte vor einer für die Menschen schädlichen Klimaveränderung. 1988 wurde die globale Erderwärmung offiziell bestätigt, zwei Jahre später erschien der erste Weltklimaratsbericht und im Juni 1992 einigten sich fast alle Staaten der Erde auf die UN-Klimarahmenkonvention mit dem Ziel, eine gefährliche Klimakrise zu verhindern. (1) Warum verbrennen wir dann, mehr als ein halbes Jahrhundert nach Veröffentlichung der ersten Expert*inneneinschätzungen, immer noch fossile Brennstoffe, heute teilweise sogar mehr als früher?

Abwehrkampagne und Verschwörungstheorie gegen Klimaschutz  

Der wohl wichtigste Grund ist die bereits in den 1980er-Jahren angelaufene Abwehrkampagne gegen Klimaschutz durch fossile Energiekonzerne und durch Staaten wie Russland und Saudi-Arabien, die vom Verkauf fossiler Energie leben. Die Unternehmen entwickelten damals, zusammen mit PR-Expert*innen, einen Strategieplan – den Global Climate Science Communications Plan – der die Klimawissenschaft als umstritten darstellen und die Glaubwürdigkeit für die Öffentlichkeit untergraben sollte. Dafür wurden falsche Expert*innen gekauft, unter ihnen US-Astrophysiker Willie Soon, der über Jahrzehnte fast ausschließlich durch die fossile Energielobby finanziert wurde. Er behauptete, die Erderhitzung sei durch Sonnenaktivität verursacht – eine bereits damals rasch widerlegte These. (1)

Große Aufmerksamkeit bei Klimaleugner*innen erhielt auch der „Climategate-Skandal“ im Jahr 2009. Kurz vor dem für den Klimaschutz als so wichtig erachteten Klimagipfel wurden Tausende von der Universität East Anglia gestohlene Klimaforscher*innen-E-Mails und Dokumente im Internet veröffentlicht. Ein Großteil davon war banalen Inhalts, einige kurze, selektiv zitierte Ausschnitte daraus lieferten etlichen Medien, konservativen Politiker*innen und Klimaleugner*innen jedoch vermeidliche Belege dafür, dass es keine Klimakrise gebe und die Theorie der globalen Erderhitzung lediglich eine Verschwörung sei. Mehrere unabhängige Untersuchungen in der Folge kamen zu dem Ergebnis, dass es keine Belege für ein Fehlverhalten der Wissenschaftler*innen gebe. Doch die „Climategate“-Kontroverse reiht sich ein in eine Serie von „Angriffen“ gegen die Klimaforschung, die von einer „gut finanzierten, hochgradig komplexen und relativ koordinierten ‚Leugnungsmaschinerie‘ ausgeführt wurden“. (2)

Imagewandel: Von Klimaleugnenden zu „humanitären Klimarettenden“?

Die Lobbykampagne für fossile Energien und gegen die Klimawissenschaft war ein Erfolg für seine Urheber*innen und verzögerte den notwendigen Ausstieg aus den fossilen Energien um Jahrzehnte. Doch bereits seit Mitte der 2000er-Jahre ist die Industrie davon abgegangen, die Klimakrise öffentlich in Frage zu stellen. Stattdessen wird zu subtileren Strategien gegriffen: Konzerne weisen z.B. auf ihren Beitrag zu sozialer Gerechtigkeit hin. So ist ExxonMobil, US-Ölgigant, laut eigenem Twitterkanal Vorreiter in Sachen Windenergie, hilft dabei Plastikmüll in Chile zu recyclen, den weltweiten Kampf gegen Malaria zu fördern, Kindern aus Entwicklungsländern die Chance auf einen Job und eine Karriere zu geben, und unterstützt die Erreichung der Pariser Klimaziele. Laut einer 2021 veröffentlichten Harvard-Studie ist diese Kommunikation eine ganz bewusste Strategie, um politische Maßnahmen gegen die Klimanotlage zu verlangsamen, Ölunternehmen aus der Verantwortung zu ziehen und den Nutzen von Öl und Gas in der Gesellschaft zu legitimieren. (3)

„Verantwortung tragen die Konsument*innen allein“

Die Verantwortung für die Klimakrise auf Konsument*innen zu schieben sei laut der Studie eine andere Strategie der Unternehmen. Diese Krise, so die Argumentation, würde überhaupt nicht existieren, wäre die Nachfrage nach Öl und Gas nicht so groß. Ölunternehmen würden lediglich auf den bestehenden Energiebedarf reagieren. Es liege in den Händen der Konsument*innen, die „richtigen“ Kaufentscheidungen zu treffen. Zwar schätzt auch die Wissenschaft die Relevanz von persönlichen Konsumentscheidungen als hoch ein. Viel wichtiger aber sind systematische Veränderungen, die Staaten und auch Ölkonzerne zur Verantwortung  ziehen, beispielsweise mithilfe eines effektiven CO2-Preises oder strengeren Auflagen. Denn Unternehmen wie ExxonMobil, BP oder Shell gehören zu jenen 20 Unternehmen, die zusammen für ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind. (3)

Quellen

(1) Spiegel: „Die Macht des Zweifels“ (April 2022)

(2) klimafakten.de: „Kann man sich auf die Klimaforschung verlassen?“ (August 2021)

(3) Der Standard: „Wie Big Oil Konsumenten für den Klimawandel verantwortlich macht“ (September 2021)

Harvard-Studie: „Rhetoric and frame analysis of ExxonMobil’s climate change communications“ (Mai 2021)

Verfasst am 14.6.2022

ARTE Filmreihe: Generation Africa – Migration neu erzählen

Was motiviert junge Menschen zu gehen oder zu bleiben? Dieser Frage widmet sich die Filmreihe “Generation Africa”. Insgesamt 25 junge Filmtalente dokumentieren das Leben, Probleme und Sorgen in ihren Ländern und sprechen von Vertreibung und Flucht, von Heimat und dem Ankommen in der Fremde.  

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ARTE Filmreihe: Generation Africa – Migration neu erzählen

Migration erzählen, aber dieses Mal aus afrikanischer Perspektive – das hat sich das Projekt „Generation Africa“ zur Aufgabe gemacht. Junge Filmtalente machen sich auf die Suche nach der Geschichte ihrer Wurzeln, sprechen von Vertreibung und Flucht, von Heimat und dem Ankommen in der Fremde. Insgesamt 25 Dokumentarfilme entstanden für die Reihe, die einfühlsame, mitreißende und überraschende Innenansichten von afrikanischen Filmemacher*innen zeigt. An zwei Abenden zeigt ARTE eine Auswahl von sieben Dokumentarfilmen, die restlichen Werke werden online bereitgestellt. 

Das Projekt “Generation Africa” konzentriert sich auf die Erfahrungen der afrikanischen Jugend, der größten Jugendbevölkerung der Welt, deren Zukunft die Form des Weltvermögens in den nächsten Jahrzehnten bestimmen wird. In Zusammenarbeit mit den Filmemacher*innen und Produktionsfirmen aus 16 afrikanischen Ländern erzählt die Kollektion eine Vielzahl von Geschichten, die mit dem Thema der Migration verbunden sind. Sie versucht herauszuarbeiten, was genau in den Köpfen und in den Herzen junger Afrikaner*innen vorgeht, wenn sie ihrer Heimat den Rücken kehren und die gefährliche Reise nach Europa antreten. Junge afrikanische Filmemacher*innen dokumentieren selbst – nicht nur das Leben in ihren Ländern, sondern auch die Probleme und Träume. Für “Generation Africa” machen sie sich auf die Suche nach der Geschichte ihrer Wurzeln, sprechen von Vertreibung und Flucht, von Heimat und dem Ankommen in der Fremde. 

Informationen zum Projekt und zu den einzelnen Filmen finden Sie hier 

“Generation Africa” in der ARTE Mediathek  

Nahrungsmittelspekulation – Der Handel mit dem Hunger 

Klimakrise, Pandemie und Konflikte werden immer wieder als Ursachen für den Anstieg der Lebensmittelpreise genannt. Doch eine wichtige vierte Komponente wird oft außenvor gelassen: Nahrungsmittelspekulation. Sie trägt zu den enormen Preisanstiegen bei und verschärfen die ohnehin prekäre Ernährungssituation weiter.

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Nahrungsmittelspekulation – Der Handel mit dem Hunger 

In den letzten Monaten sind die Lebensmittelpreise auf ein noch nie dagewesenes Niveau gestiegen und haben die ohnehin schon prekäre Ernährungssituation in weiten Teilen der Welt weiter verschärft. Laut dem Globalen Bericht zur Nahrungsmittelkrise (Global Report on Food Crisis) der Vereinten Nationen, der am 4. Mai veröffentlicht wurde, waren im Jahr 2021 193 Millionen Menschen von akuter Nahrungsmittelunsicherheit betroffen. Das entspricht einem Anstieg von fast 40 Millionen Menschen im Vergleich zum bisherigen Höchststand im Jahr 2020. Allein in den vier Ländern Äthiopien, Südsudan, Madagaskar und dem Jemen waren im Jahr 2021 mehr als eine halbe Millionen Menschen von einer Hungerkatastrophe betroffen. Der Bericht macht dafür die “toxische Dreifachkombination” aus Klimakrise, den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie und den Konflikten der letzten zwei Jahre verantwortlich. (1)  

Mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands in die Ukraine hat sich die Situation in diesem Jahr noch verschlimmert. Lebensmittelpreise sind in die Höhe geschnellt und es kommt zu Lieferunterbrechungen von zwei der wichtigsten globalen Lieferant*innen von Agrarrohstoffen. Bereits im letzten Jahr ist der Lebensmittelpreisindex der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) um 26 Prozent gestiegen und der Getreideindex hat sich um rund 30 Prozent erhöht. Dieses Jahr sind die Preise von Weizen schon um 61 Prozent gestiegen. (2) 

Doch Klimakrise, Pandemie und Konflikte und die damit einhergehenden Veränderung der grundlegenden Faktoren von Angebot und Nachfrage sind nicht die einzigen Ursachen für den Anstieg der Lebensmittelpreise, wie eine Untersuchung von Lighthouse Reports, einer gemeinnützigen Nachrichtenagentur, zeigt. Demnach tragen exzessive Spekulationen von Investmentfirmen und Fonds auf den Rohstoffmärkten zu den enormen Preisanstiegen bei. (2) 

Die Finanzialisierung der Agrarrohstoffmärkte 

Von Nahrungsmittelspekulation wird dann gesprochen, wenn Anleger*innen auf dem Rohstoffmarkt auf steigende oder fallende Rohstoffpreise an den Nahrungsmittelbörsen setzen, in der Hoffnung, Gewinne zu erzielen. (5) Der Trend zunehmender Nahrungsmittelspekulationen setzte bereits Anfang 2000 ein und trug in der Folge schon zwei Mal zu Hungerkrisen bei: 2007/2008 und 2011. In diesen Jahren sind die Weltmarktpreise für wichtige Grundnahrungsmittel wie Mais, Reis und Weizen binnen kürzester Zeit explodiert. (3) 

Das nicht allein Angebot und Nachfrage für die Preisschwankungen verantwortlich sind, zeigt sich darin, dass es nicht immer, wenn Preise steigen, auch große Angebotsengpässe auf den realen Märkten gab. So war die globale Weizenernte 2010 gut und dennoch stiegen die Preise nach einem vergleichsweise kleinen Ausfall in Russland rapide an. (4) Gleiches zeigt sich aktuell wieder: Nach jüngsten Schätzungen der FAO vom 8. April, also nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, wird das Verhältnis zwischen Beständen und Verbrauch im Zeitraum 2021-2022 nur geringfügig zurückgehen. Das Ausmaß des Preisanstiegs lässt sich also nicht allein durch Engpässe bei der Versorgung mit Lebensmitteln erklären. (2) 

Die Folgen der Wetten auf den Hunger 

Besonders Menschen des Globalen Südens treffen die Preisschwankungen hart, denn Haushalte geben dort bis zu 80 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus. Zum Vergleich: In Deutschland sind es nur etwa zehn Prozent. Menschen mit weniger finanziellen Ressourcen können aufgrund des Preisanstiegs weniger Nahrungsmittel kaufen, manche werden sogar komplett unerschwinglich. Zusätzlich bleibt weniger Geld für Gesundheitsversorgung und Bildung übrig. (3) 

Über die unmittelbare Nahrungsmittelknappheit hinaus gibt es aber auch längerfristige und ebenso Besorgnis erregende Auswirkungen: Mikronährstoffmangel, von Expert*innen häufig auch “versteckter Hunger” genannt. Dieser tritt auf, wenn die Aufnahme von Vitaminen und Mineralien nicht ausreicht, um eine gute Gesundheit und Entwicklung zu gewährleisten. Die Auswirkungen des versteckten Hungers können Studien zufolge zu psychischen Beeinträchtigungen, schlechter Gesundheit, geringer Produktivität und sogar zum Tod führen. (2)  

Doch nicht nur für die Verbraucher*innen von Nahrungsmitteln haben die Preisschwankungen Folgen. Auch Nahrungsmittelerzeuger*innen leiden unter den Preisschwankungen auf den Agrarrohstoffmärkten, da es für sie besonders wichtig ist, sich auf langfristig stabile Preise verlassen zu können, um zu planen und ihre Lebens- und Existenzgrundlage zu sichern. (3)  

Notwendige Maßnahmen  

Da die Mechanismen hinter der Lebenmittelspekulation nicht vollständig transparent, ihre Folgen unberechenbar und Preise nicht mehr durch realwirtschaftliche Angebots- und Nachfrageschwankungen erklärbar sind, fordern Expert*innen eine stärkere Regulierung der Nahrungsmittel-Finanztransaktionen. (3) 

Nach der Krise von 2008 gab es bereits öffentliche und politische Unterstützung für eine Reform der Rohstoffmärkte. Sowohl in den USA als auch in der Europäischen Union verabschiedeten die Gesetzgeber*innen Gesetze zur Bekämpfung exzessiver Spekulationen. Doch auf beiden Seiten des Atlantiks versäumten es die Regulierungsbehörden, die ihnen aufgetragenen Regeln umzusetzen. (2) 

Wenn die diesjährige Ernte in der Ukraine dieses Jahr ausfällt, könnten laut FAO weltweit über 13 Millionen Menschen zusätzlich Hunger leiden. Die Ukraine produziert 26 Millionen Tonnen Weizen jährlich – Weizen, das zumindest zum Teil dieses Jahr auf dem Weltmarkt fehlt. Wenn die Europäische Union zum Beispiel die EU-Schweine- und Hühnerproduktion reduzieren würde, könnte sie diese Menge problemlos ersetzen und auf dem Weltmarkt zur Verfügung stellen.  (6) 

Hunger ist ein Problem mit vielen Ursachen. Steigende Preise von Grundnahrungsmitteln sind darin ein Aspekt und die Begrenzung und Kontrolle von Nahrungsmittelspekulation ist als eine mögliche Maßnahme von vielen zu verstehen. Diese ist dennoch dringlichst geboten. Der Profit von Finanzakteur*innen darf nicht vor das Menschenrecht auf Nahrung gestellt werden!  

Quellen

(1) World Food Programme: Global Report on Food Crisis – 2022 (Mai 2022)

(2) The Wire: Speculation is Contributing to Global Food Insecurity Significantly (Mai 2022)

(3) Bundeszentrale für politische Bildung: Nahrungsmittelspekulation – mit Essen spielt man nicht (Oktober 2016)

(4) Oxfam: Nahrungsmittelspekulation

(5) Brot für alle/ Fastenopfer: Nahrungsmittelspekulation (September 2013)

(6) Rosa Luxemburg Stiftung: Über Weizen, Welthunger und heilige Schweine (2022)

Verfasst am 7.6.2022

Stimmen Betroffener – Klimaheld*innen

Haoua Abdoulaye aus dem Niger und Josiane Ramaroson aus Madagaskar sind „Klimaheldinnen“. In ihren Heimatländern setzten sich die beiden Frauen für den Kampf gegen den Klimawandel und die daraus resultierenden Folgen für die dort lebenden Menschen ein.

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Stimmen Betroffener – Klimaheld*innen

Haoua Abdoulaye: ‚Halbmonde‘ gegen die Klimakrise

Klimaheldin Haoua Abdoulaye aus Niger baut trotz Trockenheit mit der Halbmond-Methode erfolgreich Getreide an_©CARE/Vlad Sokhin
Klimawandel in Niger: Star der Halbmonde – Haoua Abdoulaye ©CARE/Vlad Sokhin

Haoua Abdoulaye hat der Klimakrise den Kampf angesagt. In ihrem Heimatdorf Kobio ist sie der ‚Star der Halbmonde‘. Trotz weniger Regen und der Wüste, die sich einen Weg in ihr Dorf bahnt, baut Haoua erfolgreich Getreide an.

Geschafft hat sie das mit Hilfe von unserer Mitgliedsorganisation CARE und den Frauen aus ihrem Dorf: Sie grub ‚Halbmonde‘ in den trockenen Boden, füllte sie mit Kompost auf, und pflanzte Bäume darauf. Mit dem Verkauf der Ernte verdient sie Geld, das sie gewinnbringend in einer Kleinspargruppe angelegt.

Klimaheld*innen im Kampf gegen Trockenheit und Hunger

Haouas Heimatland Niger liegt in der westafrikanischen Sahelzone, wo Regen- und Trockenzeiten sich seit Menschengedenken abwechseln. Doch die Trockenzeiten werden länger, der Regen fällt weniger üppig und die Ernteerträge reichen nicht, um alle Menschen zu ernähren.

Doch dann kamen die ‚Halbmonde‘ nach Kobio. CARE stellte eine Methode vor, Gruben in trockenen Boden zu graben, diese mit Kompost zu füllen und dort Bäume zu pflanzen. Ihre Arbeit macht sich bezahlt: Regenwasser wird gespeichert und der Anbau von Hirse und Bohnen ist ertragreicher.

„Unsere Männer sagten, sie würden das nicht können, diese Halbmonde graben“, erzählt Haoua. „Also haben wir Frauen ihnen die Kinder gegeben und sind selbst losgezogen. Und CARE hat uns sogar dafür bezahlt.“

Große Ziele

Heute baut Haoua Getreide an, hat fünf Schafe und zwei Kühe und spart in einer Kleinspargruppe mit anderen Frauen gemeinsam, um auch in größere Anschaffungen investieren zu können. „Wir wollen noch mehr lernen! Und unsere Seife auf dem Markt verkaufen können. Ich möchte ein Haus aus Zement bauen. Und dass meine Kinder eine bessere Schulbildung bekommen. Wir haben noch so viel vor!“ (1)

Josiane Ramaroson pflanzt Nadelbäume gegen Naturgewalten

Klimaheldin Josiane Ramaroson pflanzt Bäume an der Küste Madagaskars_©CARE/laif core/Rijasolo
Klimawandel in Madagaskar: Klimaheldin Josiane Ramaroson ©CARE/laif core/Rijasolo

Mit ihren Fingern kann sie kaum greifen, ihre deformierten Füße sind zum Schutz in Stoff gewickelt. Als Josiane Ramaroson 20 Jahre alt war, erkrankte sie an Lepra. Sie wurde in ein Dorf geschickt, wo Leprakranke gemeinsam leben. „Meine Familie wollte sich nicht um mich kümmern. Ich schämte mich so, hatte große Schmerzen und weinte jeden Tag.“

Eine Baumschule entsteht

Irgendwann begannen die Medikamente schließlich zu wirken. In ihrem neuen Heimatdorf erinnerte sich Josiane an ihre Stärken: Sie hatte früher in einer Baumschule gearbeitet und von unserer Mitgliedsorganisation CARE eine Ausbildung in der Aufzucht und Pflege von Bäumen und anderen Gewächsen erhalten. „Das Dorf lag keine 200 Meter von der Küste entfernt. Der Wind peitscht hier ungeschützt übers Land, denn die Region ist stark abgeholzt. Da habe ich mich entschieden, meine eigene Baumschule zu gründen. Uns war allen klar: Wir müssen etwas gegen die Abholzung tun und die Umwelt schützen, um unser Einkommen zu sichern.“

Und so wurde Josiane zur Klimaheldin: Zwischen 2008 und 2014 pflanzte sie gemeinsam mit ihren Nachbar*innen hunderte Nadelbäume in Küstennähe. Die Bäume schwächen den starken Wind vom Meer ab und helfen dabei, die Überflutungen bei starkem Regen zu bremsen. Das Ergebnis ihrer Arbeit ist spürbar: „Beim letzten Zyklon Anfang 2017 wurde kein einziges Haus in der Region zerstört.“

Kampf für eine bessere Zukunft

Heute ist Josiane Mutter zweier Mädchen, die sie alleine großzieht. Die 44-Jährige wohnt inzwischen in der Gemeinde Antalaha im Nordosten von Madagaskar. „Ich arbeite hart, damit meine Mädchen zur Schule gehen können und es eines Tages besser haben werden. Zwar kann ich mir keine Angestellten leisten, aber die Mädchen sollen keinen Tag Unterricht verpassen. Ich hoffe, sie können mich unterstützen, wenn ich alt bin und zu müde, um noch zu arbeiten.“ (2)

Quellen:

(1) CARE Deutschland: Klimawandel im Niger: Star der Halbmonde!

(2) CARE Deutschland: Klimawandel in Madagaskar: Nadelbäume gegen Naturgewalten

Folgen der Klimakrise für Afrika und Europa

Bereits jetzt ist die Klimakrise überall spürbar. Viele afrikanische Länder leiden besonders stark unter ihren Folgen. Sie bedroht dort 120 Millionen Menschen, die bereits jetzt unter dem Existenzminimum leben.

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Folgen der Klimakrise für Afrika und Europa

Die Erderhitzung hat schwerwiegende Auswirkungen auf das Leben auf unserem Planeten. Viele afrikanische Länder leiden besonders stark unter den Folgen der Klimakrise.  Überflutungen, Dürren und extreme Hitze nehmen zu.

Steigende Temperaturen und Zunahme von Extremwetterereignissen

Konkret lässt sich das an folgenden Beispielen sehen:

  • Die Gletscher auf dem Kilimandscharo, des Mount Kenia sowie des ugandischen Ruwenzori-Gebirges werden bis 2040 abgeschmolzen sein.
  • Der Meeresspiegel steigt besonders schnell an, im südlichen Atlantik derzeit um 3,6 Millimeter, im Indischen Ozeans sogar um 4,1 Millimeter im Jahr. Im Mittelmeer steig der Meeresspiegel dagegen „nur“ um 2,6 Millimeter pro Jahr.
  • Die Luft heizt auf dem afrikanischen Kontinent schneller auf. Dort war die Temperatur 2020 um 0,86 Grad wärmer als die Durchschnittstemperatur der letzten 30 Jahre.
  • Überschwemmungen, wie 2020, als der Nil im Südsudan und Sudan einen historischen Höchststand erreichte. Der Victoria-See und der Fluss Niger traten ebenfalls stark über ihre Ufer und zerstörten die Ernten von Millionen von Menschen. Auch aktuell ist der Südsudan wieder von schweren Überschwemmungen betroffen, die ganze Landstriche unbewohnbar machen.
  • In anderen Teilen des Kontinents herrschen schwere Dürren, momentan beispielsweise in einigen Regionen Ostafrikas, wie Somalia, Äthiopien und Kenia sowie in den Ländern entlang der Sahelzone in Westafrika. Regelzeiten werden immer unzuverlässiger, die Regenmenge variiert stark, in einigen Regionen hat es seit Jahren nicht geregnet.

Die Folgen dieser Entwicklungen bedeuten unter anderen den Verlust an biologischer Vielfalt, Wasserknappheit, geringere Nahrungsmittelproduktion, weniger Wirtschaftswachstum und die Gefährdung von Menschenleben. Sozioökonomische, politische und ökologische Faktoren spielen hier zusammen.

Soziale Auswirkungen der Klimakrise

In vielen Ländern, insbesondere in Subsahara-Afrika, sind sehr viele Menschen in der Landwirtschaft tätig und dadurch direkt betroffen von den Folgen der Klimakrise. Wassermangel, extreme Hitze, Dürren, schwere Stürme oder Überschwemmungen vernichten die Ernten, führen zu Nahrungsmittelknappheit und steigenden Lebensmittelpreisen. Das trifft besonders die Menschen, die ohnehin unter dem Existenzminimum leben. Sie können sich teureres Essen schlichtweg nicht leisten und haben keine Rücklagen, um in Anpassungsmaßnahmen, wie hitzeresistentes Saatgut oder sparsame Bewässerungssysteme zu investieren (4).

Das bedroht auch die Wirtschaft in vielen Ländern Afrikas, vor allem in Subsahara-Afrika. Expert*innen rechnen aufgrund der Klimafolgen mit einem Einbruch der afrikanischen Wirtschaft um drei Prozent bis Mitte des Jahrhunderts. Soziale Ungleichheit zwischen und innerhalb der Länder wird weiter zunehmen.

Nach Angaben der Vereinten Nationen hat der weltweite Hunger einen neuen Höchststand erreicht. Laut World Food Programme (WFP) waren bereits 2021 weltweit rund 928 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen – ein Anstieg um 148 Millionen im Vergleich zu 2020. Aktuell leiden 280 Millionen Menschen auf dem afrikanischen Kontinent unter Hunger, über 45 Millionen in Ostafrika sogar unter extremen Hunger (WFP). Das heißt, ihr Leben oder ihre Existenzgrundlage sind unmittelbar gefährdet.

Das ist ungerecht!

Die 1,34 Milliarden Menschen auf dem afrikanischen Kontinent verantworten nur 3,7 Prozent der globalen CO2-Emissionen im Gegensatz zu den 9,8 Prozent, die die 750 Millionen Europäer*innen verursachen (2).

Bei Betrachtung der pro Kopf-Emissionen werden die Unterschiede noch deutlicher: beispielsweise in Tansania, das weder zu den ärmsten noch zu den reichsten Ländern Afrikas zählt, liegt der jährliche Verbrauch bei 0,2 Tonnen CO2 pro Kopf, in Deutschland dagegen bei 7,7 Tonnen pro Kopf, ist also 38-mal höher (3).

Anpassung und Vorsorge sind wichtig

Mit 50 Mrd. US-Dollar pro Jahr für Anpassungs- und Schutzmaßnahmen rechnen Expert*innen der Weltorganisation für Meteorologie. Dazu gehören Infrastrukturmaßnahmen, wie der Bau von Dämmen in überschwemmungsgefährdeten Gebieten, Drainagen und Wasserreservoirs ebenso wie Warnsysteme, die die Menschen rechtzeitig vor Zyklonen und anderen schweren Naturereignissen warnen.

Die beim Pariser Klimagipfel 2015 vereinbarten versprochenen jährlichen Zahlungen von 100 Mrd. zum Schutz vor den Klimafolgen, wurden bisher nie erreicht. Knapp 80 Milliarden waren bisher der höchste bezahlte Betrag für den Globalen Süden insgesamt (1).

Folgen der Klimakrise in Deutschland

Auch Deutschland und die anderen europäischen Länder werden die Folgen der Erderhitzung immer mehr zu spüren bekommen. Bereits in den letzten 30 Jahren wurde deutlich mehr Starkregen und damit verbundene Sturzfluten verzeichnet als in den vergangenen 500 Jahren. In Deutschland könnte sich die Häufigkeit sehr intensiver Regenfälle in den Sommermonaten sogar verdoppeln, wenn die Emissionen nicht deutlich reduziert werden. Auch Überschwemmungen in den Küstengebieten werden sich häufen und mit großen finanziellen Schäden einhergehen.

Viele küstennahe Städte, wie etwa Venedig, Antwerpen, Amsterdam, Bordeaux, Le Havre und die Landstriche um Lissabon und London werden bei gleichbleibenden oder gar steigenden Emissionen bis zum Jahr 2100 überflutet sein. Auch Hamburg, Bremen, Oldenburg wären schwer betroffen und die Insel Sylt komplett unter Wasser. (5)

Darüber hinaus werden die Temperaturen mit der Erderhitzung weiter steigen. Bis Mitte des Jahrhunderts werden sich die Menschen, die infolge von hitzebedingten Krankheiten sterben, vervierfachen. Eine schnelle Reduktion der CO2-Emissionen ist dringend notwendig.(4)

Globale Folgen der Erderhitzung

Die Erderhitzung und ihre Auswirkungen sind global spürbar. Sie beeinträchtigen schon jetzt internationale Lieferketten, Märkte, Finanzen und Handel.  Die Verfügbarkeit von Gütern in Deutschland verschlechtert sich und die Preise erhöhen sich. Verringerter landwirtschaftliche Erträge, Schäden an kritischer Infrastruktur und Preissteigerungen bei Rohstoffen führen zu finanzieller Instabilität. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte es aufgrund der Klimakrise zu einem Rückgang des globalen BIP um 10-23 % führen, verglichen mit einer Welt ohne Erhitzung. Starkregen, schwere Stürme und der Anstieg des Meeresspiegels werden zu mehr Überschwemmungen in Häfen und anderen Küsteninfrastrukturen führen und den Transport von Nahrungsmitteln und anderen Gütern beeinträchtigen.

Das Risiko weit verbreiteter Ernteausfälle aufgrund von Extremereignissen, die mehrere Orte auf der Welt treffen, wird zunehmen, wenn die Emissionen nicht rasch reduziert werden. Dies könnte zu einer weltweiten Nahrungsmittelknappheit und einem Preisanstieg führen, der vor allem ärmere Menschen treffen und das Risiko sozialer Unruhen erhöhen würde. Das, in Kombination mit zunehmender Wasserknappheit, könnte in den betroffenen Ländern zu mehr bewaffneten Konflikte führen. (4)

Quelle:

(1) Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/politik/klimawandel-in-afrika-wen-die-klimakrise-am-haertesten-trifft/27733422.html

(2) Our world in data: https://ourworldindata.org/co2-emissions#annual-co2-emissions

(3) Tagesspiegel: https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/klimawandel-afrika-welt-wer-das-klima-schaedigt-und-wer-die-folgen-traegt/

(4) IPCC Sixth Assessment Report: https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg2/

(5) Travelbook: https://www.travelbook.de/natur/umwelt/weltkarte-ueberschwemmungsgebiete-2

Erstellt am 30.05.2022

Südafrika: Mehr Mobilität dank Gautrain 

Seit 2010 macht der Gautrain dem Auto auf Südafrikas Straßen Konkurrenz. Nun soll das Schnellbahnsystem nicht nur weiter ausgebaut, sondern auch grün werden.

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Südafrika: Mehr Mobilität dank Gautrain 

Nur drei Tage vor dem Auftakt der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika wurde die erste Route des Gautrain in Betrieb genommen – ein schnelles und modernes Schnellbahnsystem, dass in der südafrikanischen Metropole Johannesburg das traditionelle S-Bahnnetz Metrolink ergänzt. Das Netz des regionalen Eisenbahnsystems verbindet die Städte Johannesburg, Pretoria und den Internationalen Flughafen OR Tambo und umfasst mit den drei Streckenästen eine Länge von insgesamt 80 Kilometern. (1) Die Fußball-WM war jedoch bei weitem nicht der einzige Grund für den Ausbau des Nahverkehrs. Eigentlich wurde das Schnellbahnsystem nämlich entwickelt, um der Verkehrsüberlastung in der südafrikanischen Provinz Gauteng – die dem Zugsystem auch den Namen gibt – entgegenzuwirken. Heute wird der Gautrain von mehr als 18 Millionen Menschen pro Jahr genutzt (4).  

Eine Alternative zum Auto  

Im Gegensatz zum S-Bahnnetz weisen die Gautrain-Strecken mit zehn Bahnhöfen deutlich weniger Zwischenhaltestellen auf und erreichen höhere Geschwindigkeiten, sodass sich die Fahrzeiten erheblich verringern. Außerdem sind sie in der Regel mit großen Park-and-Ride-Parkplätzen ausgestattet und durch Zubringerbusse mit den umliegenden Stadtvierteln verbunden. Je nach Verbindung sind sie damit konkurrenzfähig zum Auto. (1) 

Laut einem von der Gesellschaft Gautrain Management Agency (GMA) im Jahr 2019 veröffentlichten Bericht trägt das Schnellbahnsystem aber nicht nur zu weniger Verkehr auf den Straßen und damit zu einem besseren Klima bei. Auch die wirtschaftliche Entwicklung in den Einzugsgebieten des Schienennetzes werde positiv beeinflusst. So seien zwischen 2006 und 2011 im Umfeld der Bahnstrecke 122.000 neue Arbeitsplätze entstanden und etwa 59 Prozent des neu entstandenen Büroraums in den wichtigen Geschäftszentren der Provinz Gauteng ständen im Zusammenhang mit der Entwicklung des Gautrain. (1) 

Nun wurden Anfang Mai 2022 Pläne der südafrikanischen Regierung offengelegt, das bestehende Gautrain-System zu erweitern. Der Ausbau soll Verbindungen auf Strecken von bis zu einigen hundert Kilometern, auch außerhalb der Provinz Gauteng, ermöglichen und damit die Optionen für Pendler*innen erweitern sowie gleichzeitig lange und mühsame Fahrzeiten verkürzen. Insgesamt wurden sieben weitere Regionen für die Erweiterung des Hochgeschwindigkeitsnetzes ins Auge gefasst. (2) 

Volle Fahrt mit grüner Energie  

Neben dem Ausbau des Bahnnetzes soll das System in Zukunft außerdem erneuerbare Energien als Stromquelle nutzen. Zu diesem Zweck hat die Development Bank of South Africa (DBSA) bis März dieses Jahres um die Einreichung von Vorschlägen für die Entwicklung einer Umsetzungsstrategie für den Einsatz von Photovoltaik-Anlagen für das Gautrain-System gebeten. Die PA-Anlagen sollen die Traktion, Bahnhöfe und Depots des Systems mit Strom versorgen. (3) Finanziert wird das für 2023 geplante Projekt u. a. auch durch das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). (4) 

Quellen

(1) GTAI: „Schnellbahnnetz in Johannesburg wächst weiter“ (September 2019)  

(2) The South African: „These SEVEN regions of SA could soon get their own ‘Gautrain network’“ (Mai 2022)  

(3) PV-Magazin: „Solar for train traction in South Africa“ (März 2022)

(4) The African Business: „South Africa: Gautrain rail network to be powered by green energy“ (März 2022)  

(Verfasst am 23.5.2022)

Aufruf zum Internationalen Afrika-Tag an G7: Aktiv werden gegen Hunger- und Klimakrise

Die Hungerkrise in vielen Regionen Afrikas spitzt sich zu. GEMEINSAM FÜR AFRIKA appelliert zu mehr und schnellerer Unterstützung für die Menschen in den betroffenen Gebieten und zu wirkungsvollen Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise.

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Aufruf zum Internationalen Afrika-Tag an G7: Aktiv werden gegen Hunger- und Klimakrise

Die Hungerkrise in vielen Regionen Afrikas spitzt sich zu. Anlässlich des Internationalen Afrika-Tags und des heutigen Treffens der Energie-, Klima- und Umweltminister*innen der G7 appelliert das Bündnis GEMEINSAM FÜR AFRIKA an die G7 zu mehr und schnellerer Unterstützung für die Menschen in den betroffenen Gebieten und zu wirkungsvollen Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise. Um eine Hungerkatastrophe zu verhindern, muss JETZT gehandelt werden!

Die Klimakrise schreitet schneller voran als angenommen, möglicherweise wird die 1,5 Grad-Grenze bereits 2026 überschritten (1). Die Folgen für den globalen Süden, darunter zahlreiche Länder Afrikas, sind bereits jetzt verheerend, wie die aktuellen langanhaltenden, extremen Dürren und Überschwemmungen deutlich machen. Neben Konflikten und Wirtschaftskrisen, wie zuletzt durch die Covid 19-Pandemie hervorgerufen, sind zunehmende Wetterextreme eine der drei entscheidendsten Ursachen für Hungerkrisen.

Klimakrise bekämpfen um Hungerkatastrophen zu vermeiden

Um in den kommenden Jahren Hungerkatastrophen unvorstellbaren Ausmaßes vorzubeugen, ist es wichtiger denn je, das Voranschreiten der Klimakrise so schnell wie möglich zu bekämpfen und die weitere Erderhitzung auf max. 1,5 Grad zu begrenzen. Ansonsten werden Dürren, Überschwemmungen und schwere Stürme zukünftig weltweit noch mehr Ernten vernichten und die Ernährungssituation dramatisch verschlechtern. Besonders betroffen sind davon viele Länder Afrikas, obwohl sie am wenigsten zur aktuellen Klima-Notlage beigetragen haben.

G7-Staaten müssen sich für globale Klimagerechtigkeit einsetzen

Deshalb appelliert GEMEINSAM FÜR AFRIKA anlässlich des heutigen Treffens der Energie-, Klima- und Umweltminister*innen der G7 und des Internationalen Afrika-Tags, der Klimakrise – und der damit verbundenen drohenden Hungerkatastrophe endlich ernsthaft gegenzusteuern und globale Klimagerechtigkeit zu schaffen. Dafür müssen Deutschland und die anderen für die Klimakrise historisch hauptverantwortlichen Länder ihre Verantwortung endlich ernst nehmen und die betroffenen Länder im Globalen Süden bei der Bekämpfung der Klimafolgen unterstützen, sowie selbst ihre Emissionen drastisch reduzieren.  Wichtig ist, jetzt zu handeln, um unumkehrbare Klimaveränderungen zu verhindern.

GEMEINSAM FÜR AFRIKA warnt vor Hungerkatastrophe in verschiedenen Regionen Afrikas

Die Nahrungsmittelsituation ist in einigen Regionen am Horn von Afrika, vor allem in Äthiopien, Somalia und Kenia, sowie in Mali, Tschad, Niger und Burkina Faso in Zentral- und Westafrika schon seit Längerem angespannt, im Südsudan werden die Ernten durch schwere Überschwemmungen vernichtet. Der Angriffskrieg auf die Ukraine, die damit verbundenen Exportschwierigkeiten von Getreide sowie und der drohende Ausfall der Ernten in einer der Kornkammern Europas sowie Nahrungsmittelspekulationen treiben die Lebensmittelpreise weltweit nach oben und verschärfen die Situation zusätzlich. Einige afrikanische Länder importieren fast 90 Prozent des Getreides aus der Ukraine und Russland (2).

In einigen Regionen fehlt es bereits jetzt an Nahrungsmitteln und Trinkwasser. Unzählige Tiere sind in den letzten Monaten verendet, bis zu fünf Millionen Menschen sind allein in Ostafrika auf der Flucht (3). Die Menschen brauchen dringend Unterstützung, um die kommenden Wochen und Monate zu überleben. Darum müssen von den G7-Staaten umgehend ausreichend Gelder für die Nothilfe bereitgestellt werden.

Weltweiter Hunger auf Höchststand

Nach Angaben der Vereinten Nationen hat der weltweite Hunger einen neuen Höchststand erreicht. Laut World Food Programme der Vereinten Nationen (WFP) waren bereits 2021 rund 928 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen – ein Anstieg um 148 Millionen im Vergleich zu 2020. Aktuell leiden 280 Millionen Menschen auf dem afrikanischen Kontinent unter Hunger, über 45 Millionen in Ostafrika sogar unter extremen Hunger (4). Das heißt, ihr Leben oder ihre Existenzgrundlage sind unmittelbar gefährdet.

Quellen

(1) Tagesschau: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/erderwaermung-klimabericht-wmo-101.html

(2) TAZ: https://taz.de/Folgen-des-Ukrainekriegs-in-Ostafrika/!5839961/

(3) UNO-Flüchtlingshilfe: https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/aktuelles/pressemeldung/artikel/duestere-prognosen-fuer-fluechtlinge-in-afrika

(4) World Food Programme (WPO): https://www.oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/ostafrika-28-millionen-menschen-extremem-hunger-bedroht (Mai 2022)  

(Verfasst am 25.5.2022)

Josiane Ramaroson pflanzt Nadelbäume gegen Naturgewalten

Josiane Ramaroson ist eine von zwölf „Klimaheldinnen“ der gleichnamigen Fotoausstellung von CARE und der renommierten Fotoagentur laif core. Josiane pflanzt Bäume an der Küste Madagaskars, um die Region vor starkem Wind zu schützen.

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Josiane Ramaroson pflanzt Nadelbäume gegen Naturgewalten

Mit ihren Fingern kann sie kaum greifen, ihre deformierten Füße sind zum Schutz in Stoff gewickelt. Als Josiane Ramaroson 20 Jahre alt war, erkrankte sie an Lepra. Sie wurde in ein Dorf geschickt, wo Leprakranke gemeinsam leben. „Meine Familie wollte sich nicht um mich kümmern. Ich schämte mich so, hatte große Schmerzen und weinte jeden Tag.“

Eine Baumschule entsteht

Irgendwann begannen die Medikamente schließlich zu wirken. In ihrem neuen Heimatdorf erinnerte sich Josiane an ihre Stärken: Sie hatte früher in einer Baumschule gearbeitet und von unserer Mitgliedsorganisation CARE eine Ausbildung in der Aufzucht und Pflege von Bäumen und anderen Gewächsen erhalten. „Das Dorf lag keine 200 Meter von der Küste entfernt. Der Wind peitscht hier ungeschützt übers Land, denn die Region ist stark abgeholzt. Da habe ich mich entschieden, meine eigene Baumschule zu gründen. Uns war allen klar: Wir müssen etwas gegen die Abholzung tun und die Umwelt schützen, um unser Einkommen zu sichern.“

Und so wurde Josiane zur Klimaheldin: Zwischen 2008 und 2014 pflanzte sie gemeinsam mit ihren Nachbar*innen hunderte Nadelbäume in Küstennähe. Die Bäume schwächen den starken Wind vom Meer ab und helfen dabei, die Überflutungen bei starkem Regen zu bremsen. Das Ergebnis ihrer Arbeit ist spürbar: „Beim letzten Zyklon Anfang 2017 wurde kein einziges Haus in der Region zerstört.“

Kampf für eine bessere Zukunft

Heute ist Josiane Mutter zweier Mädchen, die sie alleine großzieht. Die 44-Jährige wohnt inzwischen in der Gemeinde Antalaha im Nordosten von Madagaskar. „Ich arbeite hart, damit meine Mädchen zur Schule gehen können und es eines Tages besser haben werden. Zwar kann ich mir keine Angestellten leisten, aber die Mädchen sollen keinen Tag Unterricht verpassen. Ich hoffe, sie können mich unterstützen, wenn ich alt bin und zu müde, um noch zu arbeiten.“

Quelle: Care KlimaheldInnen

Haoua Abdoulaye: ‚Halbmonde‘ gegen die Klimakrise

Haoua Abdoulaye ist eine von zwölf „Klimaheldinnen“ der gleichnamigen Fotoausstellung von CARE und der renommierten Fotoagentur laif core. Sie gräbt Halbmonde in den trockenen Boden ihres Heimatlandes Niger, damit ihre Kinder nicht länger hungern müssen.

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Haoua Abdoulaye: ‚Halbmonde‘ gegen die Klimakrise

„Wir packen das. Wenn die Männer nicht wollen, graben wir!“ – Haoua Abdoulaye hat der Klimakrise den Kampf angesagt. In ihrem Heimatdorf Kobio ist sie der ‚Star der Halbmonde‘. Trotz weniger Regen und der Wüste, die sich einen Weg in ihr Dorf bahnt, baut Haoua erfolgreich Getreide an.

Geschafft hat sie das mit Hilfe von unserer Mitgliedsorganisation CARE und den Frauen aus ihrem Dorf: Sie grub ‚Halbmonde‘ in den trockenen Boden, füllte sie mit Kompost auf, und pflanzte Bäume darauf. Mit dem Verkauf der Ernte verdient sie Geld, das sie gewinnbringend in einer Kleinspargruppe angelegt.

Klimaheldinnen im Kampf gegen Trockenheit und Hunger

Haouas Heimatland Niger liegt in der westafrikanischen Sahelzone, wo Regen- und Trockenzeiten sich seit Menschengedenken abwechseln. Doch die Trockenzeiten werden länger, der Regen fällt weniger üppig und die Ernteerträge reichen nicht, um alle Menschen zu ernähren.

„Früher sind die Mütter und Väter hier im Dorf morgens früh aufgebrochen, auf der Suche nach etwas zu essen für ihre Kinder. Und sie kamen erst nach Sonnenuntergang zurück, meist mit leeren Händen. Wir haben ständig gehungert. Ich fürchtete um das Leben meiner elf Kinder.“

Doch dann kamen die ‚Halbmonde‘ nach Kobio. CARE stellte eine Methode vor, Gruben in trockenen Boden zu graben, diese mit Kompost zu füllen und dort Bäume zu pflanzen. Ihre Arbeit macht sich bezahlt: Regenwasser wird gespeichert und der Anbau von Hirse und Bohnen ist ertragreicher.

„Unsere Männer sagten, sie würden das nicht können, diese Halbmonde graben“, erzählt Haoua. „Also haben wir Frauen ihnen die Kinder gegeben und sind selbst losgezogen. Und CARE hat uns sogar dafür bezahlt.“

Große Ziele

Heute baut Haoua Getreide an, hat fünf Schafe und zwei Kühe und spart in einer Kleinspargruppe mit anderen Frauen gemeinsam, um auch in größere Anschaffungen investieren zu können. „Wir wollen noch mehr lernen! Und unsere Seife auf dem Markt verkaufen können. Ich möchte ein Haus aus Zement bauen. Und dass meine Kinder eine bessere Schulbildung bekommen. Wir haben noch so viel vor!

Quelle: CARE Deutschland

Unsere Mobilität beginnt und endet in Afrika

Vom Abbau von Rohstoffen unter oft desaströsen Bedingungen bis zum Export von in Europa nicht mehr zulässigen Gebrauchtwagen in afrikanische Länder - unsere Mobilität beginnt und endet in Afrika.

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Unsere Mobilität beginnt und endet in Afrika

Mehr als 49 Millionen Autos sind in Deutschland derzeit zugelassen- Tendenz steigend (Stand 2024). (1) Da der Trend zusätzlich in Richtung größerer, schnellerer, leistungsstärker und damit CO2-intensiverer Autos geht, ist es nicht verwunderlich, dass der Verkehrssektor im Jahr 2022 mit einem Anteil von 20 Prozent nach Energiewirtschaft und Industrie der drittgrößte Verursacher von Treibhausgasemissionen in Deutschland war. (2) Zu den direkten CO2-Emissionen kommen die Freisetzung schädlicher Stickstoffoxide, die nicht nur unsere Gesundheit, sondern mit ihrer überdüngenden und übersäuernden Wirkung auch unsere Ökosysteme (Gewässer, Grundwasser und Boden) belasten, und Feinstaub, für den das Gleiche gilt. (3)

Doch unsere Mobilität auf den Straßen hat nicht nur Auswirkungen auf die Ökosysteme, das Klima und die Gesundheit der Menschen hierzulande, sondern auch auf afrikanische Staaten. Und diese beginnen schon, bevor das Auto überhaupt auf den Straßen fährt.

Wo das Leben deutscher Autos beginnt

Rohstoffe wie Stahl, Aluminium und andere Metalle werden in großen Mengen in deutschen Autos verarbeitet. Die deutsche Industrie insgesamt, aber die deutsche Automobilindustrie im Besonderen ist dabei zu fast 100 Prozent auf Importe angewiesen, die zu einem Großteil aus afrikanischen Ländern eingeführt werden. So wird etwa das für die Aluminiumproduktion wichtige Bauxit überwiegend aus Guinea nach Deutschland importiert.

E-Autos, die so wichtig gehandelten Bausteine für eine klimagerechte Mobilitätswende, verschärfen diese Rohstoffabhängigkeit noch einmal. Zwar weisen sie auf den ersten Blick eine bessere Klimabilanz auf als Autos mit Verbrennungsmotoren, doch geht mit der Elektromobilität eine massiv steigende Nachfrage nach Materialien wie Lithium, Kobalt, Graphit und Nickel einher. So wird zum Beispiel für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien Kobalt benötigt, das als Nebenprodukt der Kupferförderung zu einem großen Teil in der DR Kongo gewonnen wird. (3)

Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen durch unsere Mobilität

Der Abbau dieser Rohstoffe ist nicht nur besonders energieintensiv und damit klimaschädlich, er bringt auch vielfältige und gravierende Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen mit sich. Durch den erhöhten Bedarf und der damit einhergehenden Ausweitung des Bergbaus vor Ort kommt es zu Abholzungen, Bodenzerstörung, Vergiftung von Flüssen und Grundwasser sowie Schadstoffemissionen. Das bedeutet unter anderem, dass das Land für die Bewirtschaftung durch die weitgehend ländliche Bevölkerung nicht mehr nutzbar ist und Siedlungsgebiete sowie natürliche Schutzzonen kaum noch zur Verfügung stehen. Angemessene Entschädigungen für den Verlust von Ackerflächen, Wasser und anderen Ressourcen an die ansässige Bevölkerung wird jedoch selten gezahlt. Stattdessen werden sie zum Teil gewaltvoll umgesiedelt und Informations- und Beteiligungsrechte der Anspruchsgruppen missachtet. Proteste gegen dieses Vorgehen werden in vielen Fällen unterdrückt und Menschenrechtsverteidiger*innen verfolgt oder gar getötet. (3) Mehr zu den Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit in Minen erfahren Sie hier.

Das Ende auf europäischen und der Anfang auf afrikanischen Straßen

Wo das Leben unserer Autos unter so schlechten Bedingungen beginnt, dort endet es auch oft. Laut einer 2018 veröffentlichten Studie des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) wurden zwischen 2015 und 2018 weltweit 14 Millionen gebrauchte Autos und Kleintransporter exportiert, wobei mehr als die Hälfte der Altfahrzeuge nach Afrika ging. (4) Die Studie zeigt, dass etwa 80 Prozent dieser exportierten Gebrauchtwagen die in den Exportländern geltenden Standards für Sicherheit und Schadstoffwerte nicht erfüllen. Bestandteile wie Filter, Airbags oder Katalysatoren wurden entweder entfernt oder funktionieren nicht mehr. (5) Sie tragen damit erheblich zur Luftverschmutzung bei und verstärken die Auswirkungen der Klimakrise. Doch die Nachfrage nach Gebrauchtwagen in Afrika bleibt hoch, da kaum Alternativen zum individualisierten Nahverkehr gegeben sind. Viele Bahnstrecken sind stillgelegt und das Fahrradfahren ist aufgrund der Masse von Autos nicht selten gefährlich. (4)

Um dem Problem entgegenzuwirken haben mehrere afrikanische Länder bereits Richtlinien erlassen. Ghana beispielsweise begrenzt den Import von Fahrzeugen, die in einem schlechten Zustand sind (6) und Südafrika ist eines von insgesamt vier Ländern Afrikas, die den Import von Gebrauchtwagen vollständig verbieten (5). Einige Wissenschaftler*innen sehen in einem Exportstopp von Gebrauchtwagen jedoch auch keine Lösung, da selbst importierte Neuwagen in kürzester Zeit nicht mehr den hierzulande bestehenden Standards entsprechen. Der Grund dafür ist, dass es vor Ort oft an solider Wartung in Fachwerkstätten und Abgasuntersuchungen fehlt. (4)

Die Lösung? Weniger Autos, mehr ÖPNV

Eine Mobilitätswende, in der es nur um Antriebsalternativen geht, ist nicht zielführend und in Deutschland trägt der Verkehrssektor bisher als einziger kaum zu den CO²-Einsparungen bei.

Für eine klimafreundliche und mit den Menschenrechten im Einklang stehende Fortbewegung ist ein Umdenken auf den Straßen erforderlich, hin zu weniger Autos und einem massiven Ausbau des öffentlichen Nahverkehres, Fahrradwegen und Fußgängerzonen. Das gilt für Deutschland ebenso wie für afrikanische Länder.

Weitere Vorteile einer Mobilitätswende

Eine ernsthafte Mobilitätswende würde deutlich mehr Lebensqualität in die Städte bringen. Menschen würden wieder im Mittelpunkt stehen und nicht Fahrzeuge. Statt Parkplätzen könnte es mehr und breitere Fahrradwege sowie zusätzliche Grünflächen geben, statt befahrener Straßen autofreie Spielstraßen. Frische und saubere Luft, mehr Grünanlagen und weniger Lärm würden mehr Menschen zum Verweilen draußen einladen. Der öffentliche Raum wäre wieder für alle gut und sicher nutzbar. Zudem wirken sich eine bessere Luftqualität und ein niedrigerer Lärmpegel positiv auf die Gesundheit der Menschen, als auch auf die der Tiere und Pflanzen aus. Auch die Verkehrsunfälle würden stark zurückgehen.

Quellen

(1) Statista: „Anzahl zugelassener Autos in Deutschland von 1960 bis 2024“ (März 2024)

(2) Umweltbundesamt: „Klimaschutz im Verkehr“ (Februar 2024)

(3) Brot für die Welt/ Misereor/ PowerShift: „Weniger Mobilität, mehr globale Gerechtigkeit“ (September 2021)

(4) Süddeutsche: „Gebrauchtwagen-Exporte – Ab nach Afrika.“ (März 2021)

(5) DW: „Gebrauchtwagen – Zu dreckig für Deutschland, noch gut für Afrika?“ (November 2020)  

(6) Deutschlandfunk: „Afrika als Europas Schrottplatz“ (November 2020)

(Verfasst am 15.04.2024)

Wangari Maathai – Gründerin des Green-Belt-Movement

„Lasst uns Bäume pflanzen.“ Mit diesen Worten begann der revolutionäre Weg einer außergewöhnlichen Frau in Kenia.

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Wangari Maathai – Gründerin des Green-Belt-Movement

Sie werden zu einem gewaltigen Baum anwachsen

1977 erreichten Kenias Nationaler Frauenrat beunruhigende Nachrichten: Flüsse versiegten, Böden erodierten zunehmend und die Wälder wurden knapper. Frauen mussten immer weitere Strecken zurücklegen, um Feuerholz zu finden. Fehlte diese Ressource, hatten Frauen keine Möglichkeit, nährstoffreiche Mahlzeiten für ihre Familien zuzubereiten.

Eine Biologin und Professorin an der Universität von Nairobi, Mitglied des Frauenrates und Verfechterin des Feminismus versetzte Berge. Wangari Maathai pflanzte in diesem Jahr mit den Frauen des Rats sieben Bäume am Stadtrand von Nairobi. „Sie werden zu einem gewaltigen Wald anwachsen, der sich über den afrikanischen Kontinent erstreckt und vor allem die Frauen beschirmt, die in seinem Schatten leben und arbeiten.“ (4) Maathai erkannte damit den Zusammenhang zwischen Umweltschutz und Frauenrechten, gründete das weltweit aktive Green-Belt-Movement und hinterließ 51 Millionen blühende Bäume.

Die Angst vor unabhängigen Frauen

Der revolutionäre Weg war jedoch steinig und gefährlich. Als erste afrikanische Professorin hatte sie schnell mit den patriarchalen Strukturen zu kämpfen, sowohl in der akademischen Welt als auch in den Mechanismen der Gesellschaft. Bei dem gescheiterten Versuch, eine Gewerkschaft zu organisieren, keimte jedoch der Gedanke auf, eine Organisation zu gründen, die Bäume pflanzt. Auch dies war zunächst vergebens, bis Maathais Idee wenig später beim Nationalen Frauenrat Wurzeln schlug.

Zeitgleich reichte ihr Ehemann die Scheidung ein. Sie sei zu klug, zu stark, gebildet, selbstbewusst und für ihn kaum noch zu kontrollieren. Also unabhängig. Ein Richter bewilligte die Scheidung, worauf Maathai hinterher meint, der Richter müsse wohl „entweder korrupt oder inkompetent sein.“ (4) Nur durch eine öffentliche Entschuldigung entgeht sie einer Freiheitsstrafe. Der Mann forderte überdies, dass sie ihren Nachnamen ablegen solle. Da fügt sie diesem einfach noch einen Buchstaben hinzu und hieß fortan Maathai statt Mathai.

Mutter der Bäume

Von diesem Zeitpunkt an steckte sie all ihre Energie und Bemühungen in das Green Belt-Movement. Bäuerinnen gründeten gemeinsam Baumschulen, sammelten Samen einheimischer Bäume, setzten sie in die Böden und gruben Brunnen. (1) Für jedes Einpflanzen erhielten die Frauen ein kleines Honorar. Dadurch wurde mehr Regenwasser in den Böden gespeichert und die Wurzeln hielten die Erde zusammen. Sie erhielt den Beinamen Mama Miti (Suhaeli: Mutter der Bäume). Die positiven Effekte der Bewegung waren zunehmend spürbar. Durch die entstehenden Wäldchen haben die Frauen […] genug Feuerholz und pflanzliche Nahrung, um ihre Familien gut ernähren zu können.“ (4) Lange Reihen von Bäumen werden auf dürrem Land gepflanzt – der sogenannte Green Belt entstand. Frauen wurden zusätzlich zu Imkerinnen, Försterinnen oder Nahrungsmitteltechnikerinnen ausgebildet. Der Umweltschützerin Maathai wurde allmählich bewusst, dass die fehlenden Bäume nicht die einzigen Auslöser für die schwierigen Lebensverhältnisse der Frauen waren. Frauenfeindlichkeit und das repressive politische Regime in Kenia waren verantwortlich für die massive Schieflage im Land.

Im Kreuzfeuer des Patriarchats

Die Bewegung weitete sich aus, erreichte eine volkspolitische Dimension, die für die demokratischen Rechte und gegen den vom Regime unterstützten Landraub kämpfte. Maathai geriet ins Kreuzfeuer, der Präsident unterdrückte ihre Arbeit, sie verlor ihr Büro und musste die humanitäre Grüngürtelbewegung von zu Hause aus weiterleiten. 1992 erfuhr Maathai, „dass ihr Name auf einer Liste von Aktivisten stehen soll, die die Regierung im Gefängnis oder besser noch tot sehen wolle.“ (4) Sie verschanzte sich in ihrem Haus, wurde drei Tage lang von Polizist*innen belagert und schließlich festgenommen. Auf Kaution und durch internationalen Druck wurde sie freigelassen und die Anklage fallen gelassen. Um weitere politische Gefangene freizulassen, trat Maathai kurz darauf mit einer Gruppe von Aktivistinnen in den Hungerstreik, der gewaltsam aufgelöst wurde (5). Sie wurde öffentlich als Verrückte beschimpft und nach Tränengasattacken sowie heftigen Schlägen bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert. (5)

Ein grünes Lebenswerk

Der Kampf um Gerechtigkeit endete hier nicht. „Während sie international ausgezeichnet und gefeiert wird, muss Wangari in ihrer Heimat zeitweise sogar untertauchen.“ Bei staatlich verordneten Abholzungen organisierte sie Proteste und Pflanzaktionen. Häufig wurde sie festgenommen und wieder freigelassen (2). 2002 tritt die Aktivistin erstmals bei den Wahlen als Kandidatin für die oppositionelle Rainbow Coalition an und gewann! Die korrupte Regierung ist geschlagen und sie bekleidete das Amt der stellvertretenden Umweltministerin (2). Im Winter 2004 wurde Maathai als erste afrikanische Frau und Umweltschützerin der Friedensnobelpreis verliehen. (3)

Im Jahr 2011 starb Wangari Maathai.Ihr Lebenswerk, das Green Belt-Movement, wächst und gedeiht bis heute.“ (4)

Hier finden Sie weitere Artikel zum Green Belt-Movement und Wangari Maathai.

Quellen:

  1. https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/wangari-maathai/
  2. https://www.boell.de/de/2020/03/31/zum-gedenken-wangari-maathai-afrikas-bekannteste-gruene-politikerin
  3. https://www.dw.com/de/wangari-maathai-ein-leben-f%C3%BCr-den-umweltschutz/av-58043821
  4. https://www.welt-der-frauen.at/wangari-maathai/
  5. https://plus.tagesspiegel.de/plus/mutter-der-baume-die-kenianerin-wangari-maathai-gilt-als-begrunderin-der-umweltbewegung-in-afrika-252892.html

Foto: Kingkongphoto & www.celebrity-photos.com from Laurel Maryland, USA, CC BY-SA 2.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0, via Wikimedia Commons

Copyright: John Mathew Smith 2001

Verfasst am 10.05.2022

Spendenaktion „UNITED FOR AFRICA-Bag” an der Erich Kästner-Schule in Maintal

Spendenaktion der Erich-Kästner-Schule in Maintal mit United for Africa-Bags

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Spendenaktion „UNITED FOR AFRICA-Bag” an der Erich Kästner-Schule in Maintal

Die Klasse 7b der Erich Kästner-Schule in Maintal hat gemeinsam mit der Klassenlehrerin Meryem Yesilova die Spendenaktion „UNITED FOR AFRICA-Bag“ gestartet, um somit Projekte auf dem afrikanischen Kontinent zu unterstützen. 

Im Rahmen der Unterrichtseinheit Afrika im Fach Gesellschaftslehre starteten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 7b eine Spendenaktion. Sie setzten sich zunächst intensiv mit geografischen Aspekten des afrikanischen Kontinents auseinander. In diesem Zusammenhang wurden die Staaten und Hauptstädte, Gebirge, Gewässer, Wüsten und die Klimazonen thematisiert. Zudem lernte die Klasse landwirtschaftliche Aspekte und Bodenschätze des Kontinentes kennen und erarbeitete Ursachen, wieso die Menschen in vielen Regionen Afrikas trotz seines Rohstoffreichtums nur über sehr wenig Einkommen verfügen. Jeder Schüler und jede Schülerin erstellte zu einem gewählten afrikanischen Land ein Plakat und hielt eine Präsentation mit den wichtigsten Informationen des Landes. Somit lernte die Klasse eine Vielzahl unbekannten Ländern kennen.

Um die gesamte Unterrichtseinheit abzuschließen, überlegte sich die Klassenlehrerin, welches Projekt eingebracht werden könnte, um die Schülerinnen und Schüler selbst aktiv werden zu lassen. Da sich die Klasse 7b der Erich Kästner-Schule grundsätzlich mit kreativen Projekten gut identifizieren kann, hat sich hierfür die Aktion „UNITED FOR AFRICA-Bag“ geeignet. Ganz nach dem Motto „Aus Alt macht Neu!“ konnten die Schülerinnen und Schüler selbst tätig werden und aus alten T-Shirts, die lediglich im Kleiderschrank herumlagen und nicht mehr angezogen worden sind, Taschen designen. Eifrig und voller Enthusiasmus begannen sie mit der Herstellung der Taschen.

Die Taschen werden nun aktuell gegen eine Geldspende im Lehrerzimmer der Erich Kästner-Schule angeboten. Es ist geplant, die restlichen Taschen an weiteren schulischen Veranstaltungen (z. B. Schnupperabend oder Schulfest) anzubieten.

Das hat am meisten Spaß gemacht

Die Schülerinnen und Schüler begegneten dem Upcycling-Projekt voller Enthusiasmus. In Kleingruppen unterstützten sie sich gegenseitig bei der Kreation der Taschen. Voller Tatendrang schnitten die Schülerinnen und Schüler die Ärmel der T-Shirts ab, veränderten den Halsausschnitt so, dass eine passende Taschenöffnung entstand, schnitten mithilfe der Fotoanleitung Streifen in den Stoff und verknoteten diese jeweils zu einem Doppelknoten. Selbstverständlich durfte nicht das UNITED FOR AFRICA-Logo fehlen, das mithilfe der Schablonen, Textilfarbe und Pinsel auf die Taschen aufgetragen worden ist.    

Verfasst am 06.05.2022

Venro Stellungnahme – Maßnahmen für mehr europäische Verantwortung in der Migrationspolitik mit Afrika

Probleme der aktuellen europäischen Migrationspolitik mit Afrika und sechs Forderungen an die Bundesregierung.

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Venro Stellungnahme – Maßnahmen für mehr europäische Verantwortung in der Migrationspolitik mit Afrika

Die qualitative Verbesserung der Zusammenarbeit in den Bereichen Migration und Mobilität stellt eines der im Rahmen des EU-AU-Gipfels im Februar 2022 festgelegten Ziele dar. Im Zentrum einer verbesserten Migrationssteuerung sollen die Verhinderung irregulärer Migration, Investitionen in die Grenzverwaltung und eine gezielte Unterstützung für die Rückkehr und Reintegration in die Herkunftsländer stehen.

Auch europäisch sicherheitspolitische Interessen stehen also weiterhin im Zentrum. Wichtige entwicklungspolitische Aspekte, wie etwa die Erweiterung legaler Fluchtwege nach Europa oder die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Schutzsuchende, bleiben unberücksichtigt.

VENRO identifiziert in seiner im März 2022 veröffentlichten Stellungnahme Probleme der aktuellen europäischen Migrationspolitik und richtet sechs Forderungen an die Bundesregierung, ihr politisches Gewicht in der EU zu nutzen, um die EU-Partnerschaft mit afrikanischen Ländern in den Bereichen Migration und Mobilität entwicklungsförderlich und menschenrechtsbasiert auszurichten:

  1. Völkerrechtliche Standards bei der europäischen „Grenzschutzagentur“ Frontex müssen eingehalten werden. Die Rechte von Schutzsuchenden müssen bewahrt werden. Niemand darf in Staaten abgeschoben werden, in denen Folter angewandt wird und schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden;
  2. EU-Entwicklungsgelder sollen nicht für das Migration- und Grenzmanagement in Europa oder für Sicherheitsmaßnahmen, Grenzkontrollen und Rücknahmeabkommen an den EU-Außengrenzen verwendet werden, sondern für entwicklungspolitische Projekte auf dem afrikanischen Kontinent;
  3. Für den europäisch-afrikanischen Austausch zu Migrations- und Entwicklungsfragen auf Ministerialebene, der seit 2018 nicht mehr regelmäßig stattfindet, muss ein neuer, ambitionierter Rahmen geschaffen werden, um den aktuellen Herausforderungen, wie z.B.  der Corona-Pandemie, zu begegnen;
  4. Der durch die Klimakrise verursachten Migration muss mehr Beachtung zukommen. Im Rahmen der für Afrika ausgerichteten Mittel müssen Projekte zum Aufbau regionaler Schutzmechanismen, Resilienzstärkung und der Austausch von Wissenstransfer und Technologie zu Klimaanpassung Vorrang haben;
  5. Die dauerhafte Umsiedlung von besonders gefährdeten und schutzbedürftigen Menschen von einem Erstaufnahmeland, in dem sie Schutz gesucht haben, in einen aufnahmebereiten Drittstaat, welcher ihnen einen Geflüchteten- oder untergeordneten Schutzstatus gewährt, muss ausgeweitet werden. Am Beispiel des Angriffskriegs in der Ukraine zeigt sich momentan, wie der Umgang mit Schutzsuchenden auch sein kann. Eine teils schnellere Klärung des Rechtsstatus, Vereinfachungen hinsichtlich der Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder auch die Möglichkeit individueller Unterkünfte – dies sollte im Umgang mit Schutzsuchenden aus allen Herkunftsländern die Regel sein. Den Vereinten Nationen soll dabei eine aktivere Rolle zukommen.
  6. Partizipationsformate in Form regelmäßiger runder Tische und Konsultationen mit transparenten Informationen, ausreichenden Vorbereitungszeiten und finanziellen Mitteln, in denen auch Stimmen zivilgesellschaftlicher Organisationen gleichwertig berücksichtigt werden, sollen gewährleistet werden, sodass eine Ausarbeitung zielführender Beiträge und eine echte Teilhabe möglich ist und den Herausforderungen der Migrationspolitik zwischen Afrika und Europa angemessen begegnet werden kann.

Verfasst am 05.05.2022

Von Kyoto bis Paris: Die Evolution der Klimaabkommen und die aktuelle Klimakrise

Im Jahr 1979 fand die allererste UN-Weltklimakonferenz in Genf statt. Die niederschmetternde Bilanz nach 42 Jahren Blah Blah Blah!

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Von Kyoto bis Paris: Die Evolution der Klimaabkommen und die aktuelle Klimakrise

Im Jahr 1979 fand die allererste UN-Weltklimakonferenz in Genf statt. Die niederschmetternde Bilanz nach 42 Jahren Blah Blah Blah!

Welt-Malaria-Tag: Ein Impfstoff gibt Hoffnung 

Der Kampf gegen Viren hat nicht erst mit der Corona-Pandemie begonnen. Ein Blick auf andere Regionen der Erde beweist es.

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Welt-Malaria-Tag: Ein Impfstoff gibt Hoffnung 

Der Kampf gegen Malaria 

Die Corona-Pandemie hat vielen Menschen des Globalen Nordens gezeigt, welche massiven Auswirkungen Viren auf ihr Leben haben können. Dass der Kampf gegen verschiedenartige Viren nicht erst mit Covid-19 begonnen hat, beweist der Blick auf andere Regionen der Erde. Jährlich „gibt es rund 200 Millionen Malaria-Infektionen, überwiegend in Afrika.“ An der Infektion und ihren Folgen sterben jedes Jahr 400.000 Menschen, vor allem Kinder unter fünf Jahren. Afrikanische Länder verzeichnen 94 Prozent der weltweiten Malaria-Todesfälle. Daher wird am 25. April der globale Kampf gegen die Krankheit gewürdigt, die mehr als 3 Milliarden Menschen bedroht. Die Weltgesundheits-Versammlung, ein Organ der WHO, beschloss 2007 den Welt-Malaria-Tag. (1)

Das erste Vakzin mit geringer Wirksamkeit 

In über dreißig Jahren der Arzneimittelforschung befassten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlicher ausgiebig mit der Entwicklung eines Impfstoffs gegen Malaria. 2021 nun die erfolgsversprechenden Ergebnisse. Die Weltgesundheitsorganisation hat erstmals die breite Anwendung eines Malaria-Impfstoffs empfohlen. Die Verabreichung des Vakzins RTS,S soll „an Kindern in Afrika südlich der Sahara und in anderen Malaria-Regionen“ stattfinden. Bereits im Jahr 2019 startete dazu die Pilotstudie in Ghana, Kenia und Malawi, in der mehr als 2 Millionen Kinder geimpft wurden. „Unter den jungen Geimpften sind tödliche Krankheitsverläufe um 30 Prozent zurückgegangen.“ Auf Grundlage der Wirksamkeit des Vakzins ist die Empfehlung ausgesprochen worden. WHO-Chef und Malaria-Forscher Tedros Adhanom Ghebreyesus spricht zwar von einem historischen Moment, aber auch von einer zu geringen Wirksamkeit. (1) 

BioNTech forscht an Impfstoff mit hoher Wirksamkeit 

Auch der deutsche Impfstoff-Hersteller BioNTech will seine mRNA-Technologie für die Entwicklung eines hochwirksamen Impfstoffes gegen die Tropenkrankheit Malaria nutzen. In Kooperation mit der Gates-Stiftung und Vertretern der WHO soll bis Ende 2022 eine klinische Studie auf den Weg gebracht werden, die Wirksamkeit und Verträglichkeit des Vakzins untersucht. Dazu verwendet der Mainzer Konzern für die ersten Phasen seine Gewinne aus der Produktion der Covid-19-Impfstoffe. (3) 

Corona verschärft Malaria-Lage 

In den letzten zwei Jahren ist der Kampf gegen die Infektionskrankheit in den betroffenen Ländern vernachlässigt worden. Grund ist die Corona-Pandemie, infolge derer Personal abgezogen wird, um Corona-Infizierte zu behandeln. Auch Versorgungsketten für Moskitonetze und Medikamente sind zusammengebrochen. In den afrikanischen Ländern seien die Malaria-Behandlungen daher um 15 Prozent zurückgegangen, in Asien sogar um 60 Prozent. (2) 

Im Podcast unserer Mitgliedsorganisation action medeor könnt ihr mehr Hintergründe über Malaria erfahren: https://medeor.de/de/blog/mitschnitt/podcast-malaria.html 

Quellen:

(1) „WHO empfiehlt Malaria-Impfstoff für Kinder“ in Frankfurter Allgemeine vom 06.10.2021 

(2) „Erstes Malaria-Vakzine mit hoher Wirksamkeit“ in Tagesschau vom 25.04.2021 

(3) „BioNTech will Malaria-Impfstoff entwicklen“ in Tagesschau vom 27.07.2021 

Verfasst am 04.04.2022

Flora in Afrika: Klimaschäden ohne Ende 

Gefährliche Wetterphänomene verringern einerseits die Biodiversität und anderseits klimaregulierende Landschaftsformen.

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Flora in Afrika: Klimaschäden ohne Ende 

Extremes Wetter

Die Klimakrise verschärft mit drastisch steigenden Temperaturen, zunehmenden Extremwetterlagen und veränderten Regenfällen die Hungerkrise in Afrika und vertreibt Menschen aus ihrer Heimat. Zyklone zerstören weite Landstriche, Überschwemmungen fluten Dörfer und Felder, Dürren zerstören Ernten und Böden nachhaltig. Der afrikanische Kontinent ist von diesen Katastrophen unverhältnismäßig stark betroffen. Die Weltwetterorganisation WMO berichtet darüber regelmäßig in Kooperation mit der Afrikanischen Union und anderen Partnern.

Das Schmelzen der letzten Geltscher Afrikas

Mit diesen gefährlichen Wetterphänomenen verringern sich einerseits die Biodiversität und anderseits klimaregulierende Landschaftsformen. „Das rapide Schrumpfen der letzten noch verbliebenen Gletscher in Ostafrika, die in naher Zukunft voraussichtlich vollständig schmelzen werden, zeigt die Gefahr unmittelbar bevorstehender und unumkehrbarer Veränderung des Erdsystems“, sagte WMO-Chef Petteri Taalas. Im Klimabericht 2021 heißt es, die Klimaerwärmung und ihre Folgen seien in Afrika massiver zu spüren als im weltweiten Durchschnitt. Der Meeresspiegelanstieg an Afrikas südlichen Küsten liege über dem globalen Durchschnitt, ebenso der Gletscherschwund in den drei Gletscherregionen am Mount Kenya-Massiv in Kenia, dem Kilimandscharo in Tansania, und dem Ruwenzori-Gebirge in Uganda. Vor der Klimakonferenz COP26 meinte Taalas, „die Entwicklung unterstreiche die dringende Notwendigkeit, Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren, mehr für den Klimaschutz zu tun und mehr Geld für Anpassungsprozesse bereitzustellen.“ 

Reiche Pflanzenwelt bedroht

Das Erfordernis für mehr Klimaschutz wird auch deutlich, wenn die Flora, also die Pflanzenwelt, betrachtet wird. 45.000 Pflanzenarten sind in Afrika dokumentiert, darunter sind 15.000 Arten, die sonst nirgends auf der Erde vorkommen. „Die reiche Pflanzenvielfalt Afrikas ist in Gefahr, weil gerade mal zehn Prozent der afrikanischen Wälder geschützt sind“, schreibt Greenpeace. Seltene Bäume, die Harz und Gummi produzieren, werden zusammen mit anderen Bäumen gefällt und zu Holzkohle verarbeitet. In den letzten 40 Jahren ist nahezu ein Drittel des äthiopischen Waldes für die Gewinnung von Kohle- oder Agrarland abgeholzt worden. (2)

Grundwasserreserven fast aufgebraucht

Das botanische Wahrzeichen Afrikas, die Schirmakazie, auf denen junge Paviane tollen und an denen Giraffen knabbern, ist ebenso bedroht. Ihre Wurzeln reichen tief ins Erdinnere, um in bis zu 40 Meter Tiefe das Grundwasser zu erreichen. Doch auch die Grundwasserreserven reichen bald nicht mehr aus, wenn Dürreperioden weiter überwiegen. (1)

Riesen in Not

Ähnliches Schicksal trifft der Affenbrotbaum, auch Baobab genannt. Er muss Straßen und Elektrizitätsleitungen weichen. Aber auch immer stärker werdende Zyklone lösen eine Kettenreaktion aus. Die Stürme reißen massive Äste ab und hinterlassen tödliche Hohlräume, Verletzungen, von denen sich die Riesen nicht mehr erholen. Bienen nisten sich ein, dessen Honig Frucht-Diebe anlockt. Das getrocknete Fleisch der Früchte ist ein nahrhaftes Allheilmittel für die Menschen, die von den Bäumen leben. Um die Bienen zu vertreiben, werden Feuer gelegt, die auch mal außer Kontrolle geraten und den Bauch des Baums verkokeln. „Wenigstens brennt er schlecht“, sagt Foloko, eine malawische Kleinbäuerin, „schwammig und feucht sei das Holz, zum Feuermachen und Bauen ungeeignet. Hunderte Liter Wasser kann der Stamm speichern, ideal in Zeiten des Klimawandels.“ Der Tod dieser Bäume sei eine Katastrophe. Er ernährt umliegende Dörfer, die ohnehin enorme Schwierigkeiten haben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten zwecks Klimanotstand. (3)

Quellen:

(1) SimplyScience / „Welche Pflanzen wachsen in der Wüste?„, o.D.

(2) Greenpeace / „Abholzung bedroht seltene Pflanzen“ vom 27.04.2013

(3) Keck, C. / „Das langsame Sterben der Baobab“ in Stuttgarter Nachrichten vom 19.02.2019

Verfasst am 28.03.2022

Eine starke Stimme für Uganda

Katherines Weg zur Radiomoderatorin in Uganda

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Eine starke Stimme für Uganda

Katherines Weg zur Radiomoderatorin

Mit Unterstützung unserer Mitgliedsorganisation ChildFund konnte Katherine ihren Traum verwirklichen und Radiomoderatorin zu werden. „Schon immer war es mein Traum, beim Radio zu arbeiten“, sagt Katherine. „Ich liebe diesen Job. Das Beste daran ist, dass er mir ermöglicht, anderen Menschen eine Stimme zu geben – und damit denen zu helfen, die nicht für sich selbst sprechen können.“

Katherine bei ihrer Arbeit im Radio-Studio ©ChildFund

Katherine ist heute Journalistin bei KTM, der bekanntesten Radiostation Ugandas. Außerdem arbeitet sie als Medien- und PR-Beraterin. Dass sie es einmal so weit bringen würde, war zunächst nicht abzusehen: Aufgewachsen im Südosten des Landes, lernte sie schon als Kind, was es bedeutet, arm zu sein und ausgegrenzt zu werden. Mit ihren Eltern und ihren neun Geschwistern teilte sie sich zwei Zimmer in einem kleinen Haus. „Mein Vater war arbeitslos“, erinnert sich die junge Frau. „Meine Mutter hielt die Familie mit dem Handel von Second-Hand-Kleidung über Wasser. Davon mussten wir alles bezahlen – selbst die Schulgebühren.“

Eine starke Persönlichkeit und ihr unbändiger Wille haben Katherine dabei geholfen, alle Einschränkungen ihrer Kindheit hinter sich zu lassen. Doch diese Eigenschaften sind nicht die einzigen Voraussetzungen dafür, dass ihr Traum von einer Medienkarriere Wirklichkeit werden konnte. „Fünf Jahre lang wurde ich von Tante Janet, meiner ChildFund Patin, unterstützt. Dadurch erhielt ich eine gute medizinische Versorgung, zu der auch Besuche beim Zahnarzt und beim Optiker gehörten. Und was vielleicht noch wichtiger war: Ich habe nie wieder den Unterricht wegen unbezahlter Schulgebühren versäumt.“

 

Quellen:

ChildFund Deutschland

Verfasst am 11.04.2022

Bedrohte Tiere in Afrika: Klimakrise und der Mensch  

Wilderei, umweltfeindliche Landwirtschaft und Klimaschäden bedrohen die Tierwelt massiv.

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Bedrohte Tiere in Afrika: Klimakrise und der Mensch  

Wir Menschen teilen uns diesen Planeten mit vielen weiteren Lebewesen. Auf dem afrikanischen Kontinent zum Beispiel mit dickhäutigen Vierbeinern, großäugigen Baumbewohnern, pummeligen Schwimmchampions, bunten Federtieren und vielen mehr. Doch durch menschlichen Eingriff und den menschengemachten Klimanotstand beeinträchtigen wir den natürlichen Lebensraum faszinierender Tiere stark. Einst waren sie Überlebenskünstler, Nischenfinderinnen, Katastrophentrotzer. Doch heute sind viele von ihnen gefährdeter denn je.

Wilderei bedroht Wildtiere 

Massive Wilderei bedroht die Dickhäuter auf dem afrikanischen Kontinent. Nashörner, Elefanten und Flusspferde ziehen schon seit Jahrmillionen durch die Savannen, ernähren sich von Gräsern und sind das Sinnbild der Biodiversität Afrikas. Die Hörner der Tiere ist meist das Ziel von Großwildjagenden, die oft ohne Lizenz unkontrolliert aus Fahrzeugen heraus zum tödlichen Schuss ansetzen. In Asien beispielsweise werden horrende Preise für Nashornhörner bezahlt, die die Gier der Jäger weiter antreibt. „Zwischen 1970 und 1992 wurden die Schwergewichte der Savanne um unglaubliche 96 Prozent dezimiert.“ (1) Aber auch Federtiere wie der Hornvogel sind mehr und mehr bedroht. (2) 

Zerstörung der Lebensräume 

Doch auch die Waldrodung für Landwirtschaft bedroht die Lebensräume vieler Tierarten. Die Lemurenart Madame Berthe’s Mausmaki auf Madagaskar ist beispielsweise stark betroffen. Von den insgesamt 107 heute noch lebenden Lemurenarten sind 103 bedroht.  

Die Problematik hinter der Waldrodung, nicht bloß auf dem afrikanischen Kontinent, ist komplex. Zum einen ist die Bevölkerung angewiesen, die Landwirtschaft zu optimieren. Ernährungsmangel und eine wachsende Bevölkerungszahl zwingen Bäuerinnen und Bauern Flächen für kurzeitig ertragreiche Monokulturen zu schaffen. Mais und Palmöl (in großen Mengen für die Weiterverarbeitung in Nahrungsmitteln und Kosmetika für den Globalen Norden) sind die Vorreiter. Zum anderen sind die Waldbestände enorm wichtige Klimaregulatoren und Lebensraum für unzählige Tiere. Was nun?  

Der Globale Norden muss handeln 

Sowohl Menschen des Globalen Südens als auch Tiere weltweit sind Betroffene der Klimakatstrophe. Die Verursacher*innen der Krise sind wohlhabende Industriestaaten mit ihren Systemen des Immermehrwollens. Sie müssen endlich Verantwortung übernehmen für Klimaschäden und die Länder unterstützen, die diese abzufedern und neue Schäden zu vermeiden. Das heißt, finanzielle Mittel bereitstellen für nachhaltige Landwirtschaft, aber auch Produktionsprozesse von Waren wie Schokolade oder Kaffee in den Anbauländern etablieren und damit eine wirkliche Wertschöpfung für die Menschen vor Ort ermöglichen, Arbeitskräfte anlernen und einen Wissenstransfer ermöglichen. Dadurch werden sowohl idealerweise naturschonende Verfahren in der Arbeitsweise als auch volkswirtschaftliche Verbesserung in den Ländern des Globalen Südens ermöglicht.  

Durch bessere Flächennutzungspraktiken und der Distanzierung von tierfeindlichem Monokulturanbau können sich die natürlichen Lebensräume der Tiere regenerieren, ihre Population würden wieder wachsen und die Biodiversität in der Tier- und Pflanzenwelt zunehmen. 

Mehr zu den bedrohten Tier- und Pflanzenarten unserer Erde findet ihr in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN. Die Liste wurde am 25. März 2021 aktualisiert und erfasst derzeit fast 37.500 vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten. 

Quellen:

(1) Riebesel, K. / „Vom Aussterben bedrohte Tiere in Afrika“ vom 18.12.2017

(2) WWF / „Die Rote Liste der bedrohten Tier- und Pflanzenarten“ vom 25.03.2021

(3) WWF / „Wilderei“ vom 03.12.2021

(4) Beckert, N. / „Über Monokulturen, Bergbau und Land Grabbing in Afrika“ vom 08.12.2016

Verfasst am 28.03.2022

Afrikanische Flüsse in der Klimakrise?

Die Bedeutung von Flüssen in der Menschheitsgeschichte ist enorm. Enorm ist jedoch auch die Gefährdung dieser Flusssysteme durch Klimaveränderungen in den vergangenen 50 Jahren.

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Afrikanische Flüsse in der Klimakrise?

Wasser als Grundstein

Flüsse haben weltweit einen unmessbaren Wert. Und das nicht nur für ein funktionierendes Ökosystem mit seiner beheimateten Flora und Fauna. Zivilisationen, Kulturen und Strukturen konnten sich oftmals nur deshalb so entwickeln und etablieren, weil Wasservorkommen die Grundlage ihres Überlebens sicherten. Nicht bloß in Meeresnähe, sondern auch an Seen und Flüssen wurden und werden oft Siedlungen angelegt. Transportmöglichkeiten, verkehrstechnische Anbindung, Handels- und Umschlagplatz, Landwirtschaft und viele weitere Faktoren ließen Regionen erblühen und aus Siedlungen, Dörfer, Städte und Metropolen entstehen. Mit einigen Ausnahmen ist jede größere Stadt der Welt an der Küste oder einem anderen Gewässer gegründet worden. Die Bevölkerungsdichte nimmt mit zunehmender Entfernung von einem Gewässer stetig ab.

Klima bedroht Flusssysteme

Die Bedeutung von Flüssen in der Menschheitsgeschichte ist enorm. Enorm ist jedoch auch die Gefährdung dieser Flusssysteme durch Klimaveränderungen in den vergangenen 50 Jahren. Vor allem afrikanische Wasservorkommen haben sich stark verändert. Je nach Region und Jahreszeit kann es zu mehr Dürren oder Überschwemmungen kommen, die sich auf die Wassermenge auswirken. Diese Umweltkatastrophen verschärfen sich aufgrund extremer Wetterereignisse, verursacht durch menschengemachte Treibhausgasemissionen. Klimasimulationen der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich stellten fest, dass die abnehmenden Wasserressourcen auch in afrikanischen Flüssen (insbesondere im Sambesi) mit klimatischen Bedingungen zu erklären sind. Die komplexen Muster zeigen, dass der Mittelmeerraum, Afrika und Teile Südamerikas trockener geworden sind. Betrachten wir Flusssysteme in Polnähe, wie z.B. in Skandinavien, nahm die Wassermenge hingegen sichtlich zu, schreibt die Goethe Universität in Frankfurt a.M.

Immer mehr Staudämme

Auch direkte Eingriffe des Menschen belasten Wasservorkommen. Exzessive Landnutzung, Versiegelung und Staudämme verhindern die natürliche Regulation und Regeneration von Strömen und ihrer Abflussmengen. Der größte Fluss der Erde, der Nil, kämpft mit starken jährlichen Schwankungen. Die Lebensader vieler afrikanischer Länder ist bedroht. Mehr als 400 Millionen Menschen in elf Ländern leben von der Bewässerungslandwirtschaft und damit vom Nil. Staudämme verursachen nicht bloß bilaterale Konflikte mit Anrainerstaaten, sondern auch Pegelschwankungen und Wassermangel. Für Mensch und Natur eine besorgniserregende Entwicklung, zumal Großstaudammprojekte in den letzten Jahrzehnten, gerade am Nil und seinen Zuflüssen forciert wurden.

Quellen:

(1) Goethe Universität / „Klimawandel verändert Abflussmenge von Flüssen“ von 12.03.2021

(2) Scinexx / „Wo werden Städte gegründet?

(3) Scinexx / „Der Nil wird unberechenbar“ von 25.04.2017

(4) Allmeling, A. / „Streit um die Lebensader Nil“ in Tagesschau von 25.04.2021

Verfasst am 14.02.2022

Klimagerechtigkeit

Was bedeutet Klimagerechtigkeit und warum ist sie so wichtig? Welche historischen Hintergründe und unterschiedlichen Perspektiven sind dabei zu beachten?

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Klimagerechtigkeit

Was bedeutet Klimagerechtigkeit und warum ist sie so wichtig? Welche historischen Hintergründe und unterschiedlichen Perspektiven sind dabei zu beachten?

Somalia: Verheerende Dürre ist Katastrophe mit Ankündigung für Frauen und Mädchen

Die Not wird immer größer: Durch die extreme Dürre wurden Tausende Menschen aus ihren Häusern vertrieben. Millionen Menschen sind dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen.

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Somalia: Verheerende Dürre ist Katastrophe mit Ankündigung für Frauen und Mädchen

In Somalia kämpfen aktuell hunderttausende Menschen ums Überleben, nachdem mehrere Regenzeiten hintereinander ausfielen und eine schwere Dürre herrscht. Unsere Mitgliedsorganisation CARE warnt davor, dass Frauen und Mädchen durch die Dürre in ihren Rechten stark eingeschränkt sind.  

„Die Dürre bringt Eltern dazu, ihre Töchter aus der Schule zu nehmen. Durch Einkommensverluste können sie das Schulgeld für ihre Kinder nicht mehr bezahlen und schicken oft nur noch ihre Jungen in die Schule“, erklärt Iman Abdullahi, CARE-Länderdirektor in Somalia. „Wir befürchten deshalb eine Zunahme von Frühehen und Praktiken wie der Genitalverstümmelung, die auch während der COVID-19-Lockdowns zu beobachten war. Diese Katastrophe kommt mit Ankündigung, nachdem wir seit Jahren zu wenig oder kaum Regen sehen und nicht genug Hilfe bereitgestellt wird.“

Die Vereinten Nationen haben berechnet, dass 1,3 Milliarden Euro benötigt werden, um insgesamt 5,5 Millionen betroffenen Menschen das Überleben zu sichern. Bisher belaufen sich die internationalen Geberzusagen jedoch auf lediglich 8 Prozent dieses Betrages.

Besonders starke Auswirkungen hat die aktuelle Dürre auch auf Betriebe, die von Frauen geführt werden: 98 Prozent der weiblich geführten Betriebe verzeichnen Umsatz- und Einkommensrückgänge wegen hoher Warenkosten, etwa 51 Prozent der Unternehmen mussten bereits schließen. Durch den Krieg in der Ukraine waren die Preise für Weizen und Öl in Somalia zuletzt um 300 Prozent gestiegen.

Fehlendes Einkommen bedeutet auch weniger Mahlzeiten: „Durch die Dürre haben wir 80 Kühe verloren. Von 70 Ziegen sind nur noch 15 da. Ohne eine Einkommensquelle kann ich meine sieben Kinder nicht ernähren. Heute konnten wir frühstücken, aber ich weiß nicht, was wir später essen werden“, berichtet die 32-jährige Khaija, die wegen der Dürre aus ihrer Heimat in ein Camp für Binnenvertriebene fliehen musste. Es gibt inzwischen über 50 solcher Camps im Land. Seit Anfang vorigen Jahres sind knapp 700.000 Menschen innerhalb des Landes geflohen, um zu überleben. Die Gastgemeinden müssen sich nun das wenige, was sie haben, mit den Binnenflüchtlingen teilen.

Aktuell unterstützt CARE Menschen, die von der Dürre betroffen sind, unter anderem mit Ernährungsprogrammen und Bargeldhilfen. Gleichzeitig plant CARE Frauen, die ihre Einkommensquellen verloren haben, mit zusätzlichen Ausbildungen zu unterstützen. In insgesamt 25 Camps für Binnenvertriebene baut CARE Unterrichtsräume, bildet Lehrer:innen aus und stellt Lernmaterial zur Verfügung.

Mehr Informationen zur Arbeit von CARE in Somalia finden Sie hier.

Somalia ist eines der Länder Afrikas, die schwer von der Klimakrise betroffen sind:

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Verfasst am 31.03.2022

Wie der Krieg in der Ukraine auch die Länder Afrikas trifft 

Erst waren es heftige Dürren, dann die Corona-Pandemie, jetzt sind rasant steigende Preise für Nahrung und Treibstoff Faktoren, die trotz der Entfernung zum Kriegsherd, Sorge bereiten und das Leben vieler Menschen negativ beeinflussen.

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Wie der Krieg in der Ukraine auch die Länder Afrikas trifft 

So fern und doch so nah 

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine ist von Afrika weit entfernt. Die Auswirkungen sind dort jedoch überall spürbar. Es ist eine weitere Krise, die die Bevölkerung in afrikanischen Ländern hart trifft. Erst waren es heftige Dürren, dann die Corona-Pandemie, jetzt sind rasant steigende Preise für Nahrung und Treibstoff Faktoren, die trotz der Entfernung zum Kriegsherd, Sorge bereiten und das Leben vieler Menschen negativ beeinflussen.   

Importpreise für Weizen steigen rapide 

Mehrere Regenzeiten sind in Ostafrika ausgefallen, die Ernten auf den Feldern verdorrt, Grundnahrungsmittel noch knapper als sonst. Der kenianische Wirtschaftsexperte Ken Gichinga erklärt, dass gerade einmal 20 Prozent des in Kenia benötigten Weizens im Land selbst angebaut werden, 80 Prozent seien importiert. Die Ukraine und Russland sind Hauptlieferanten von Weizen, Mais und Sonnenblumenöl für Kenia und andere Länder Afrikas. Der Krieg und die verhängten Sanktionen führen zu spürbaren Engpässen. Die hohen Preise treffen gerade die Einkommensschwächsten, die mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Essen ausgeben müssen. (1) 

Drohende Inflation 

In Kenias Hauptstadt Nairobi reihen sich die typischen kleinen Essensstände aneinander. Sie bieten Chapati an, dünne Fladen aus Weizenmehl, ein erschwingliches Frühstück für Zwischendurch und die Existenzgrundlage für diejenigen, die sie backen und verkaufen. Diese Existenzgrundlage ist gefährdet, denn die horrenden Preise für Weizenmehl machen die Fladen deutlich teurer. „Unser Geschäft läuft schlecht, und wir verdienen nicht genug Geld“, berichtet ein Chapati-Bäcker. Das Phänomen lässt sich auf die Volkswirtschaft ausdehnen, meint der kenianische Agrarökonom Timothy Njagi, wenn er sagt, dass die steigenden Preise zur Inflation im Land beitragen. „Das alles wird die wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen. Die Menschen werden sich einschränken, und die generelle Kaufkraft wird sinken.“ (2) 

Uneins 

Neben der Nahrungsmittelkrise drohen auch andere akute Ängste. 250 Ukrainer und Ukrainerinnen und ihre acht Helikopter waren Bestandteil der UN-Friedenstruppen im Osten der Demokratischen Republik Kongo, wo seit Jahren bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen. Die ukrainischen Soldaten und Soldatinnen haben ihre Sachen gepackt, um die Front zu Hause zu verstärken. In der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), etwa 1.000 Kilometer weiter nördlich, demonstrieren dutzende Menschen für die andere Seite. „Russland, die ZAR ist mit Dir“ und andere Slogans auf Plastikfähnchen wehen im Wind. „Die Länder Afrikas sind im europäischen Konflikt uneins.“  (3) 

Quellen:

(1) Deutschlandfunk / „Gestiegene Lebensmittelpreise / Krieg in der Ukraine verstärkt Hunger in Afrika“ vom 05.03.2022

(2) Diekhans, A., Hoffmann, C. / „Das Leben ist hart geworden“ in Tagesschau vom 15.03.2022

(3) Hahn, N. / „Krieg in der Ukraine – Angst in Afrika“ in Tagesschau vom 13.03.2022

Verfasst am 30.03.2022

Haushaltskürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit und Humanitären Hilfe müssen korrigiert werden

Im Bundestag wurde der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) diskutiert. Laut Kabinettsentwurf soll er um 1,6 Milliarden Euro sinken.

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Haushaltskürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit und Humanitären Hilfe müssen korrigiert werden

„Die Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit und der Humanitären Hilfe müssen dringend korrigiert werden“, fordert Martina Schaub, Vorstandsvorsitzende des Verbands Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO). „Der Krieg in der Ukraine ist nicht nur eine humanitäre Katastrophe mitten in Europa. Er hat auch schwerwiegende Folgen für viele Menschen im globalen Süden, besonders in Afrika und im Nahen Osten.“

Mehr als 40 Millionen Menschen werden in diesem Jahr allein aufgrund steigender Nahrungsmittelpreise zusätzlich von extremer Armut betroffen sein, schätzt das Center für Global Development. „Höhere Kosten für Lebensmittel und Energie sind existenzbedrohend für Menschen, die nur wenige Euro pro Tag zum Überleben haben“, so Schaub. „In einer Situation, in der die Folgen der Corona-Pandemie noch nicht überwunden sind und der Klimawandel etwa durch eine anhaltende schwere Dürre am Horn von Afrika bereits jetzt Millionen von Leben in der Region gefährdet, dürfen die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit nicht gekürzt werden.“

Vor dem Krieg in der Ukraine hatte VENRO berechnet, dass für die Legislaturperiode 31,2 Milliarden Euro für Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe fehlen, um wichtige Zielmarken etwa bei der Bekämpfung des Klimawandels, bei der Ernährungssicherung oder der internationalen Gesundheitsversorgung zu erreichen.

„Der Ergänzungshaushalt bietet eine Chance, die entwicklungspolitischen und humanitären Fehlplanungen in der Haushaltspolitik zu korrigieren“, erklärt Schaub. „Als ersten Schritt muss der Bundestag nun dafür sorgen, dass der BMZ-Etat mindestens auf dem Niveau von 2021 gehalten wird.“

Weitere Informationen:

VENRO-Analyse des Entwurfs für den Haushalt 2022 der Ampel-Koalition (PDF)

VENRO-Studie „Ist Deutschlands Beitrag zur Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit und Humanitärer Hilfe ausreichend?“ (PDF)

Eine zweiseitige Zusammenfassung der Studie finden Sie in unserem Standpunkt (PDF)

 

Quelle:

VENRO (www.venro.org) ist der Bundesverband entwicklungspolitischer und humanitärer Nichtregierungsorganisationen (NRO). Ihm gehören rund 140 deutsche NRO an, die in der privaten oder kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit, der Humanitären Hilfe sowie der entwicklungspolitischen Bildungs-, Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit tätig sind. 

Verfasst am 24.03.2022

Energiegerechtigkeit ist mehr als nur Klimaschutz 

Afrikanische Länder investieren in nachhaltige Energie. Doch Klimaschutz bedeutet nicht gleich Energiegerechtigkeit.

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Energiegerechtigkeit ist mehr als nur Klimaschutz 

Eine im Jahr 2020 veröffentlichte Studie untersuchte mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Kassel und Universität Hamburg insgesamt 34 afrikanische Länder in Bezug auf die Frage:  

Welche Maßnahmen werden ergriffen, um erneuerbare Energien zu etablieren? 

Die Leiterin der Forschungsgruppe Dr. Simone Claar stellt im Rahmen der Analysen fest, dass praktisch alle begutachteten afrikanischen Länder das Ziel einer hohen Energiesouveränität haben. Energiesouveränität ist jedoch nicht einfach mit Versorgungssicherheit gleichzusetzen. Souveränität bei der Energieversorgung ist dann gegeben, „wenn hinreichende, verlässliche Energielieferungen zu wirtschaftlichen Preisen auf eine Art erfolgen, die nicht mit den eigenen Werten, Interessen und außenpolitischen Zielen konfligiert oder diese gar gefährdet.“ Wir sprechen hier also vielmehr von einem technisch robusten, nachhaltigen Energiesystem, das sowohl weitestgehend vor Krisen als auch vor politischer Einflussahme und Willkür geschützt ist und strategische Handlungsfreiheit garantiert.   

In der Studie zeigen sich Südafrika, Kenia und Ruanda besonders offen für den Ausbau erneuerbarer Energien. Ressourcenstärkere Länder wie Angola haben wiederum weniger Interesse an einer Neuausrichtung, da sich die Regierung auf Öl verlässt. Dennoch sind die Ergebnisse der Studie beeindruckend: Während die Mehrzahl der untersuchten Länder im Jahr 2006 noch 1,2 Billionen US-Dollar in den Energiewandel investierten, stiegen die Ausgaben bis 2017 auf 19 Billionen. Staatliche und private Investitionen haben enorm zugenommen und begünstigen damit eine nachhaltige Energiestrategie auf dem Kontinent.  

Ruanda mag hier als Beispiel skizziert werden, wie der Pfad zur Energiewende aussehen könnte. Das Land setzt auf die Kombination verschiedener Instrumente wie Mikrofinanzierung, Programme für sauberes Kochen, die Nutzung und Beimischung von Biokraftstoffen oder den Aufbau weiblicher Fachkompetenz in der Technologie erneuerbarer Energien. 

Der Umschwung hin zu nachhaltig grüner Energie zum Schutz unseres Planeten geht jedoch meist nicht einher mit der Energiegerechtigkeit. Die Etablierung von erneuerbaren Energien, oft vom Globalen Norden mitfinanziert und damit an Bedingungen geknüpft, genügt nicht. Es bedarf eines gerechten Strukturwandels, betont Claar. „Das bedeutet, möglichst viele Menschen müssen nicht nur Zugang zu Energie erhalten, wie es im Entwicklungsziel 7 der Vereinten Nationen formuliert ist“. Es braucht mehr. Betrachten wir als Beispiel den Bau von Windkraftanlagen. Beim Bau von großen Windparks sollten die Bewohner und Bewohnerinnen nicht bloß die Energie erhalten, sondern auch am gesamten Prozess beteiligt sein. Sie profitieren dadurch vom Wissenstransfer, auf dessen Grundlage neue Arbeitsplätze entstehen können. Der Begriff der Energiesouveränität bekommt auf diesem Wege eine viel umfassendere gesamtgesellschaftliche Bedeutung.  

Die Teilhabe an der Entwicklung von Technologien, der Zugang zu Elektrizität zu erschwinglichen Preisen, der Respekt vor kulturellen Interessen – das sind Grundsteine der Energiesouveränität und -gerechtigkeit. 

Quellen:

Müller, F. et al. /“Is green a Pan-African colour? Mapping African renewable energy policies and transition in 34 countries“ vom 10/2020 

Westphal, K. / „Strategische Souveränität in Energiefragen“ in Stiftung Wissenschaft und Politik vom 10.06.2020

Universität Kassel / „Wie fair ist die Energiewende in Afrika?“ vom 07.07.2020

Verfasst am 21.03.2022

Mobilität und Digitalisierung in Äthiopien 

Samrawit Fikru ebnet den Weg in eine neue Ära der Mobilität und Digitalisierung in Äthiopien. Sie widersetzt sich den Gepflogenheiten und dem Status quo eines Landes, indem sie eine disruptive Idee in die Tat umsetzt. Ride. Ähnlich wie Uber, nur dass es Uber in Äthiopien nicht gibt.

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Mobilität und Digitalisierung in Äthiopien 

Samrawit Fikru ebnet den Weg in eine neue Ära der Mobilität und Digitalisierung in Äthiopien. Sie widersetzt sich den Gepflogenheiten und dem Status quo eines Landes, indem sie eine disruptive Idee in die Tat umsetzt. Ride. Ähnlich wie Uber, nur dass es Uber in Äthiopien nicht gibt.

Fikrus Unternehmen ist ein Fahrtenvermittlungsdienst in der Hauptstadt Addis Abeba, in der knapp vier Millionen Menschen leben und der Bedarf an Mobilität hoch ist. Jeden Tag wollen Menschen von A nach B, meist zur Arbeit. Ride ermittelt den Fahrpreis automatisch und findet die Kunden per GPS. Das System „funktioniert per App, aber auch per SMS. Das ist wichtig, weil die Regierung, wie zuletzt 2018, im Ausnahmezustand das Internet abstellt.“ Selbst für diesen Krisenfall hat die Informatikerin vorgesorgt und sichert den Zugang zu Mobilität. In diesem Punkt ist sie selbst Uber eine Nasenspitze voraus. Denn Fikru ist eine Analytikerin. Sie ermittelt Probleme, Verbesserungspotenzial und liefert technologische Lösungen.  

Die Idee für Ride kam ihr mit 24 Jahren, eines morgens auf dem Weg ins Büro. Sie nahm wie jeden Tag ein Taxi und auch an diesem Tag wurde sie abgezockt. „Die Fahrer waren stets Männer, viele waren betrunken, vor manchen hatte sie Angst.“ In der äthiopischen Hauptstadt nahm man das so hin, man gewöhnte sich an die unberechenbaren Taxifahrer, an die klapprigen Minibusse, die Verkehrsstaus. Fikru zählte sich jedoch nicht zu denen, die das einfach so hinnehmen. Es gab ein Problem und mit Fikru kam die Lösung. Sie fing 2014 an, Ride zu programmieren, ohne bisher überhaupt von Uber gehört zu haben. Sie gründete die Firma Hybrid Design, die hinter Ride steht, und wurde zu erfolgreichsten Digitalunternehmerin des Landes. Heute hat Ride einen geschätzten Wert von sechs Millionen Euro.  

Doch Fikrus Fokus liegt nach wie vor auf Gleichberechtigung und Mitarbeiter*innenzufriedenheit. Das ist ihr Hauptargument im Kampf gegen die noch immer starke Taxigewerkschaft in Äthiopien. Denn „im Gegensatz zu Uber muss Ride sich nicht vorwerfen lassen, dass Fahrer für einen Hungerlohn arbeiten.“ Ride-Fahrer*innen verdienen nämlich gut. Bei jeder Fahrt verdienen sie zwischen vier und sieben Euro bei durchschnittlich 12 Fahrten pro Tag. „Bis zu 1500 Euro im Monat kann ein*e Fahrer*in verdienen – mehr als das Zehnfache des äthiopischen Mindestlohns von etwa 140 Euro.“ Nicht bloß die finanzielle Situation hat sich verbessert, auch die Rolle der Frau* errang einen wichtigen emanzipatorischen Schritt.. „Es gab keine einzige Taxifahrerin in Addis“, sagt sie. Durch Ride gibt es heute mehr als 300 Fahrer*innen. Das System verhilft zu mehr Selbstständigkeit. 

Fikru sieht  überall in Äthiopien  Dinge, die sie verbessern will, die umgestürzt und neu wieder aufgebaut werden müssen. Besonders der Banken-, Telekommunikations- und Transportsektor, die sich mehrheitlich in staatlicher Hand befinden, müssen benutzerfreundlicher und transparenter werden.

Quellen:

Bogner, S. et al. / „Ohne Kumpels, Kontakte und Kapital“, brand eins, o.D.

RIDE: „Addis Ababa, Ethiopia“, o.D. 

Verfasst am 14.03.2022

Klimakrise

Was genau ist eigentlich der Klimawandel? Und warum sprechen wir von Klimakrise?

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Klimakrise

Was genau ist eigentlich der Klimawandel? Und warum sprechen wir von Klimakrise?

Internationaler Frauentag: Ein Tag für alle!

Nicht nur am 8. März und nicht bloß auf dem Papier muss für die Gleichberechtigung aller Menschen gekämpft werden, egal welches Geschlecht, welche Hautfarbe, Herkunft oder Religion sie haben.

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Internationaler Frauentag: Ein Tag für alle!

Am 8. März ist Internationaler Frauentag. Ein Tag, an dem weltweit auf die Rechte von Frauen lautstark aufmerksam gemacht wird. Wir feiern die Ergebnisse jahrzehntelangem Aktivismus und den fortwährenden Kampf gegen unterdrückende patriarchale Strukturen, die gesellschaftliche Mechanismen bis heute prägen. Das Frauen einen Großteil der unbezahlten Sorgearbeit leisten und auch in der Lohnarbeit schlechter bezahlt werden, sind nur einige Auszüge tiefsitzender Ungerechtigkeit. Frauen brauchen und wollen Gleichberechtigung, sie brauchen gleiche Chancen, gleiche Löhne, gewaltfreie Beziehungen, faire Arbeitsbedingungen, gerechte Strafen für Täter, ein Leben ohne Angst und Unterdrückung. Das brauchen wir ausnahmslos in allen Ländern dieser Welt. Nicht nur am 8. März und nicht bloß auf dem Papier muss für die Gleichberechtigung aller Menschen gekämpft werden, egal welches Geschlecht, welche Hautfarbe, Herkunft oder Religion sie haben (1). 

Frauenrechte sind Menschenrechte, daher ist die volle und gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am politischen, bürgerlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben, auf nationaler und internationaler Ebene ein vorrangiges Ziel des Weltfrauentages und der feministischen Bewegung. Die Beseitigung aller Formen der Diskriminierung, Stereotypisierung und Stigmatisierung aufgrund des Geschlechts stehen dabei im Mittelpunkt. Oft rückt die Bedeutung dieses Tages jedoch im politischen Geschehen weit in den Hintergrund, blüht am 8. März auf, um kurze Zeit später wieder zu verstummen. Stattdessen bedarf es einer viel flächendeckenderen Auseinandersetzung mit den Themen Frauenrechte und Chancengleichheit – auch über unsere eigenen Ländergrenzen hinweg. 

Auch in vielen Ländern Afrikas ist die Rolle der Frau eine ambivalente. Zwar sind afrikanische Frauen häufig stark in das Wirtschaftsleben eingebunden, nehmen jedoch oft unbezahlte Positionen und Funktionen ein, insbesondere im privaten Haushalt. Dies erklärt die Schwierigkeit junger Frauen aus diesem Teufelskreis auszubrechen, sich auf ihre Bildung zu konzentrieren und auf die Verwirklichung persönlicher Ziele zu fokussieren. Die Betreuung der Kinder, das Führen des Haushalts, die Pflege der Älteren fällt hingegen meist in den Aufgabenbereich der Frauen. Forciert wird damit indirekt die Abgängigkeit vom Mann, der Geld verdient. Die Abhängigkeit entwickelt sich nicht selten hin zu repressiven Beziehungen. So sind in Kamerun „43,2 Prozent der Frauen täglich häuslicher Gewalt ausgesetzt, 39,8 Prozent der Frauen erleben emotionale und 14,5 Prozent sexualisierte Gewalt.“ Gerade während der Corona-Pandemie multiplizieren sich die Fälle von Gewalt gegen Frauen. (2) 

Frühe Schwangerschaften und junge Ehen (z.B. in Kenia ca. 23% unter 18 Jahre) verhindern weiterführende Bildung und verfestigen klassische Rollenmodelle. Darüber hinaus stehen häufig kulturelle und finanzielle Hürden Frauen im Weg, Bildung zu erhalten. Stattdessen sind sie für den Anbau der eigenen Ernte verantwortlich. 70 Prozent der afrikanischen Nahrungsmittel werden von Frauen angebaut und dennoch sind sie durch die kenianische Rechtslage beim Landbesitz stark benachteiligt (4). 

Diese und viele weitere unterdrückende Strukturen zerschlagen die Chance auf Emanzipation. Nicht bloß in Europa oder Afrika. Ein selbstbestimmtes Leben führen zu können, ist ein Menschrecht. Und die Menschenrechte gilt es jederzeit und jederorts zu schützen. GEMEINSAM FÜR AFRIKA setzt sich daher mit seinen Mitgliedsorganisation in den Ländern Afrikas seit vielen Jahren für die Rechte von Mädchen und Frauen ein. Wir fördern Bildungsprojekte u.a. in Togo, Liberia und Angola, leisten Aufklärungsarbeit im Benin und in Kamerun, bieten Schutz und Sicherheit in Burundi, Uganda und Südsudan. Mehr zu unseren Projekten findet ihr hier

Quellen:

(1) „Internationaler Frauentag“, Deutscher Gewerkschaftsbund, 24.02.2022

(2) Mefo, M. / „Meinung: Internationaler Frauentag – Was soll ich feiern?“ in Deutsche Welle vom 07.03.2021 

(3) „Internationaler Frauentag: Afrikas Frauen, globale Beschäftigungs-Champions“ in Africa live vom 08.03.2021 

(4) „Die Rolle der Frauen in Kenia“, Nyota, o.D. 

Verfasst am 07.03.2022

Klimaschutzaktivistin Vanessa Nakate

“We are in a disaster that is happening every day.” Diese Worte stammen von Vanessa Nakate auf der UN-Klimakonferenz 2021.

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Klimaschutzaktivistin Vanessa Nakate

Vanessa Nakate 

Die 25-jährige Vanessa Nakate ist eine ugandische Klimaschutzaktivistin aus Kampala, der Hauptstadt des ostafrikanischen Landes. Woche für Woche begab sie sich mit Plakaten an verkehrsträchtige Kreuzungen und vor das ugandische Parlamentsgebäude, um zu protestieren. „Green love Green“, „Beat Plastic“, „Thanks for the global warming“, „Climate Strike Now“ und viele weitere Appelle sollen die Regierung und die Menschen auf die Klimakrise aufmerksam machen. Doch lange Zeit stand sie allein da. Blicke des Hohns, der Verwunderung und Verurteilung trafen sie.  

Klimaschutz darf kein Verbrechen sein 

Demonstrationen gegen politische Entscheidungen des Präsidenten werden normalerweise von der Polizei aufgelöst und die Verantwortlichen festgenommen. Nakates Wille und das Wissen, etwas verändern zu müssen, war größer als die Angst vor den absolut unverhältnismäßigen Repressionen. Doch Vanessa Nakate wurde ignoriert, ihr Engagement belächelt, trotz der spürbaren, dramatischen Klimaveränderungen in Uganda. Zerstörerische Hitzewellen trocknen Felder, Seen und Brunnen aus. Die Grundwasserreserven sind ausgeschöpft, Bäuer*innen und Farmer*innen können ihre Äcker nicht mehr regelmäßig bestellen. Der Waldbestand in Uganda ist aufgrund der Abholzung weiter Landstriche geringer denn je. Der Grüne Gürtel Afrikas, das sogenannte Kongo-Becken, zu dem auch Uganda gehört, wird immer enger und dem Tropenland droht der Kahlschlag. Die so wichtigen Baumriesen werden gefällt und getötet – für Monokulturen und Braunkohlebergwerke, die ein Weiter so des Raubbaus an Menschen und Natur und letztendlich die Zerstörung aller Lebensgrundlagen darstellen.  

Bäume, die gefällt werden, geben das in ihnen gespeicherte CO2 wieder an die Atmosphäre ab, wenn sie verbrannt werden – mit unkalkulierbaren Folgen für die Klimakrise. 

Grüner Rassismus 

Nakate prangert zu Recht an, dass die Klimabewegung ein Rassismusproblem hat. Dass die Klimakrise an sich rassistisch ist, weil deren Herd neokoloniale Strukturen sind. Fakt ist auch: Afrika trägt weniger als vier Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen bei, leidet jedoch schon am längsten und meisten unter den Folgen. Unter den zehn größten weltweiten CO2-Emittenten steht Deutschland an sechster Stelle. Afrika ist dort gar nicht zu finden. Dabei sind hier noch nicht einmal die sogenannten historischen Emissionen – also die bisher in die Atmosphäre ausgestoßenen Treibhausgase der Industrieländer mitberücksichtigt. 

Obwohol Nakate den afrikanischen Kontinent bei Weltklimagipfeln repräsentiert, zu Regierungen des Globalen Nordens spricht, globale Demonstrationen organisisert, wurde sie im Rahmen des Weltwirtschaftsforums in Davos von der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) aus einem Pressefototo mit ansonsten weißen Klimaaktivistinnen wie Greta Thunberg oder Luisa Neubauer herausgeschnitten. „Mikroagression nennt man so einen diskriminierenden Akt, der nicht böse gemeint sein muss, aber strukturell marginalisierte Personen weiter marginalisiert.” In dem “Entschuldigungstweet“ von AP nannte diese noch nicht einmal Nakates Namen. Ein Sichtbarmachen der am stärksten Betroffenen und Respekt sieht anders aus.

Kein Einzelfall

Dass dies kein Einzelfall war, zeigt der rassistische Fall von der aus Bangladesch stammenden Ökonomin, Wissenschaftlerin, Klimagerechtigkeits- und Postwachstumsaktivistin Tonny Nowshin. Auch sie wurde unsichtbar gemacht – diesmal geschah es sogar von Menschen, die sie im Kampf gegen die Klimakrise als ihre Kolleg*innen und Verbündete wahrgenommen hatte. “Alle, die dabei waren, waren abgebildet. Nur ich nicht. In einer Szene hatte ich sogar direkt neben Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer gestanden – aber das Foto hörte neben ihr auf. Ich war lediglich getaggt.” “Es ist nicht so, dass die Klimabewegung nicht um ihre Probleme weiß oder ungebildet ist. In der Bewegung gibt es vielmehr einen Status quo, dem ich mich anpassen soll. 

Ich werde in der Klima-Szene geduldet, solange ich sie mir nicht so zu eigen mache wie die weißen Aktivist*innen. Als BIPoC – also Schwarze, Indigene und People of Color – sind wir nur willkommen, wenn wir die Vorzeige-Betroffenen spielen.“ Weiter sagt Nowshin: “Wie viele wissen, dass Vanessa Nakate monatelang allein vor Ugandas Parlament gestreikt hat? Wie viele wissen, dass sie zwei Jugendbewegungen auf dem afrikanischen Kontinent gegründet hat?” 

Unser Haus steht längst in Flammen 

Ihre Erfahrungen, ihren Weg, Ängste und Motivationen – alles, was Nakate zu dem bewegt, was sie heute ist und tut, schrieb sie in ihrem Buch „Unser Haus steht längst in Flammen“ nieder. Sie spricht von Ernten, die immer kleiner ausfallen. Von Armut und Hunger, die immer größer werden. Von ihren Gefühlen und wie sich ihr persönlicher Kampf gegen die Klimakrise von dem privilegierten Kampf europäischer Klimaaktivist*innen unterscheidet.  

Quellen:

Klimareporter/ Schwarz, S.Unsichtbar“ vom 01.02.2020

Die Presse/ „Klimaaktivistin Vanessa Nakate – Mehr Sichtbarkeit für den globalen Süden“ vom 11.11.2021

The Observer, Kisakye, F. / „22-year-old Nakate takes on lone climate fight“ vom 30.05.2019

Perlentaucher/ „Unser Haus steht längst in Flammen

Tagesspiegel/ „Bald kein Wald mehr in Uganda“ vom 04.06.2015

Verfasst am 01.03.2022

Anwalt für Menschenrechte Jacques Nshimirimana in Berlin

Der burundische Menschenrechtsanwalt gilt in Afrika als führender Experte für das Thema „Menschen- und Kinderhandel, UN-Kinderrechtskonvention und den Schutz von Kinderrechten“.

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Anwalt für Menschenrechte Jacques Nshimirimana in Berlin

Jacques Nshimirimana (37), Anwalt und Kommissar der Unabhängigen Nationalen Menschenrechtskommission von Burundi (CNIDH), besucht erneut Berlin.

Der burundische Menschenrechtsanwalt gilt in Afrika als führender Experte für das Thema „Menschen- und Kinderhandel, UN-Kinderrechtskonvention und den Schutz von Kinderrechten“.

Wie steht es um die Menschenrechte in Burundi?

Zur Verbesserung der Lage auf humanitärer und politischer Ebene setzt sich der burundische Menschenrechtsverteidiger Jacques Nshimirimana ein. Er verfügt über eine langjährige Expertise auf nationaler und internationaler Ebene und ist vom 28. Februar 2022 bis zum 03. März 2022 Gast des Hilfswerks ora Kinderhilfe international e. V.
Erst kürzlich sorgte der Fall des getöteten Albino-Jungen über die Grenzen Burundis hinweg für Aufsehen. Herr Nshimirimana war an der Suche des Leichnams und der Festnahme der Täter beteiligt.
Jacques Nshimirimana, der in seinem Land den Status eines Ministers innehat, steht für folgende Themen zur Verfügung:

– Die aktuelle Lage der Kinder- und Menschenrechte in Burundi
– Erfolge und Niederlagen im Kampf gegen den organisierten Menschenhandel
– Der Einfluss der Coronapandemie auf die Situation der Kinder in Burundi
– Erfolge zum Schutz von unter Albinismus leidenden Kindern
– Veränderungen seit dem Amtsantritt des Präsidenten Évariste Ndayishimiye im Juni 2020
– Einblicke in die Arbeitswelt eines Menschenrechtsanwaltes

Die Vita von Jacques Nshimirimana

Neben seiner Funktion als Kommissar der CNIDH ist Jacques Nshimirimana auch Gründer und Präsident der Koalition der Verteidiger der Rechte des Kindes (FENADEB).
Seit 17 Jahren setzt sich der vierfache Familienvater für bedürftige Kinder in seinem Heimatland Burundi ein. Mit nur 15 Jahren, hat er begonnen, sich für die Freiheit und Sicherheit von Kindern zu engagieren. Nachdem er seinen Vater im Völkermord 1994 verloren hat, konnte und wollte er nicht länger zusehen, wie Kinder in seinem Land ausgebeutet, versklavt und verkauft werden.
Nach einem Jurastudium gründete er 2005 die Organisation „SOJPAE-Burundi“. Sie zählt heute zu den führenden Menschenrechtsorganisationen in Burundi. Zusammen mit seinem Team konnte er in den vergangenen siebzehn Jahren mehr als 18.000 Kindern helfen. SOJPAE sorgt dafür, dass Jungen und Mädchen gleichberechtigten Zugang zu Bildung, ausreichend Nahrung und medizinische Versorgung bekommen. Zusammen mit lokalen Behörden, Politikern und Vertreter*innen der Kirche geht SOJPAE zudem gegen Menschenhändler*innen, sexuelle Gewalt gegenüber Mädchen und gegen willkürliche Verhaftungen von Kindern vor.

Hintergrundinformationen zu Burundi

Das kleine Land in Ostafrika gilt laut dem Internationalen Währungsfonds als ärmstes Land der Welt. Bis heute hat es sich nicht von den Folgen des 2005 beendeten Bürgerkrieges erholt. Fast 75 Prozent der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Im aktuellen Welthunger-Index wird die Lage als sehr ernst eingestuft; jeder zweite der 12 Millionen Einwohner*innen hungert. Die Lebenserwartung beträgt nur 61 Jahre.
Die Unruhen 2015 führten zu einer politischen und wirtschaftlichen Instabilität. Nach dem Ende der US-Amerikanischen Sanktionen und der jüngst verkündeten Aufhebung der EU-Restriktionen (§ 96) leidet die Wirtschaft noch immer. Auch die Menschenrechtslage ist nach wie vor in einer prekären Situation. Erschwerend kommen die stärker werden Folgen des Klimawandels hinzu.

Der mit einem Menschenrechtspreis prämierte Kinderrechtler steht vom 28.2. bis 3.3.2022 für Interviews rund um das Thema Kinder- und Menschenrechte zur Verfügung.

Interviewanfragen richten Sie bitte an:
Hartmut Schofeld
Pressereferent
Tel.: 030 – 643 87 82 31
E-Mail: schofeld@ora-kinderhilfe.de

Verfasst am 25.02.2022

Weltklimarat: So drastisch und ehrlich wie nie

Laurence Tubiana von der European Climate Foundation, bezeichnete den Bericht als "brutal".

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Toter Schmetterling auf Ascheboden

Weltklimarat: So drastisch und ehrlich wie nie

Heute um 12:00 Uhr ist der neue Bericht des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change oder kurz: IPCC, Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen) veröffentlicht worden. Es ist der 2. Band (WGII) des 6. Sachstandsberichts (AR6). Nie zuvor hat der Weltklimarat so ehrlich über die drastischen Folgen der menschengemachten Klimakrise für Mensch und Natur kommuniziert. Doch was ist der Weltklimarat überhaupt?

Geschichte und Einordnung des Klimarats

Der Weltklimarat wurde im November 1988 von der WMO (Weltorganisation für Meteorologie sowie Vereinten Nationen (UNEP) als Antwort auf die im Jahre 1972 erschienene Studie des Club of Rome gegründet. In dieser Studie wurde erstmalig ein Katastrophenszenario kommuniziert: „Im Laufe der nächsten hundert Jahre werden die absoluten Grenzen des Wachstums auf der Erde erreicht, wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen unverändert anhält (1).“

Als Grund, die Klimakrise bisher nicht grundlegend angegangen zu sein, wurde die tiefe Verstrickung der fossilen Lobbyindustrie bis weit in die Politik herausgestellt. Demzufolge sollte die Klimapolitik aus dem politischen Alltagsgeschäft getrennt werden. „Statt dessen sollte eine unabhängige Agentur mit einem Mandat beauftragt werden, um die notwendigen Maßnahmen für den Wandel zu einer kohlenstoffarme Entwicklung umzusetzen“ (1). Der IPCC bietet jedoch lediglich die Grundlage für die aktuell noch gänzlich fehlenden wissenschaftsbasierten politischen Entscheidungen. Er zeigt unterschiedliche Handlungsoptionen sowie deren Bedeutungen auf, ohne jedoch konkrete Handlungsempfehlungen vorzugeben.

Fakt ist: seit seiner Gründung hat der IPCC mehrfach in seinen Berichten die Klimakrise unterschätzt. Grund ist, dass das Gremium einen sogenannten „unbedingt verlässlichen Überblick über die aktuelle Fachliteratur“ sprich – einen Konses – bieten soll und die Schlussfolgerungen somit als konservativ zu bewerten sind (3). 

Bundespressekonferenz

Um 15:00 Uhr wird die nationale Vorstellung des Weltklimarat-Berichts in der Bundespressekonferenz mit Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, Staatsministerin für Europa und Klima im Auswärtigen Amt Dr. Anna Lührmann,  Prof. Dr. Hans-Otto Pörtner (Ko-Vorsitzender IPCC-Arbeitsgruppe II) und Prof. Jörn Birkmann (Koordinierender Leitautor AR6-WGII) stattfinden.

Die von den Regierungen verabschiedete Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung (Summary for Policymakers, SPM) und die deutsche Übersetzung der Hauptaussagen (headline statements) sowie weitere Informationen zum Bericht sind ab Beginn der Pressekonferenz auf der Webseite der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle zum AR6-WGII zu finden (2).

Was steht drin?

Veröffentlicht wurden die Ergebnisse der Arbeitsgruppe II: Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit. Darauf folgen die Ergebnisse der Arbeitsgruppe III zu dem Thema „Minderung des Klimawandels“ in der Zeit vom 21.03.- 01.04.22. Vom 26. – 28. September 2022 wird dann die Zusammenfassung (der sogenannte Synthesebericht) verabschiedet. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe 1, über die naturwissenschaftlichen Grundlagen, wurde im August 2021 veröffentlicht.

UN Generalsekretär António Guterres mahnt: Die Menschen werden von der Klimakrise erschlagen. Die Fakten sind unbestreitbar und „the abdication of climate leadership is criminal.“ (4)

Die umfassende Bewertung, die sich auf 34 000 Studien stützt, besagt u. a.:

  • die Klimakrise hat weit verbreitete und allgegenwärtige Auswirkungen auf Mensch und Natur durch immer häufigere und intensivere Hitzewellen, Dürren, Waldbrände, Stürme und Überschwemmungen. Einige Auswirkungen sind inzwischen unumkehrbar.
  • die Klimakrise schreitet schneller voran als bisher von der Wissenschaft angenommen
  • neben der Bekämpfung der der Klimaauswirkungen ist die Klimakrise untrennbar mit der Krise der biologischen Vielfalt und der Armut und Ungleichheit von Milliarden von Menschen verbunden
  • bereits jetzt sind 3,5 Milliarden Menschen durch die Auswirkungen der Klimakrise stark gefährdet
  • die Hälfte der Weltbevölkerung leidet jedes Jahr irgendwann unter schwerem Wassermangel
  • einer von drei Menschen ist tödlichem Hitzestress ausgesetzt, bis zum Ende des Jahrhunderts wird dies voraussichtlich auf 50 bis 75 % ansteigen.
  • mit jedem Jahr sind eine halbe Million Menschen mehr von schweren Überschwemmungen bedroht
  • um die Widerstandsfähigkeit der Natur auf globaler Ebene zu erhalten, müssen 30 bis 50 % der Land-, Süßwasser- und Ozeanflächen der Erde erhalten werden
  • um ein Klimachaos zu verhindern, seien „Ungleichheiten wie die aufgrund von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Behinderung, Alter, Wohnort und Einkommen“ unabdingbar zu bekämpfen

Der IPCC weiter: „Das Ziel einer klimaresistenten, nachhaltigen Welt erfordert grundlegende Veränderungen in der Art und Weise, wie die Gesellschaft funktioniert, einschließlich Veränderungen der zugrunde liegenden Werte, Weltanschauungen, Ideologien, sozialen Strukturen, politischen und wirtschaftlichen Systeme und Machtverhältnisse. Dies mag sich zunächst überwältigend anfühlen, aber die Welt verändert sich ohnehin – eine klimaresiliente Entwicklung bietet uns Möglichkeiten, den Wandel voranzutreiben, um das Wohlergehen aller zu verbessern.”

Olaf Scholz und der IPCC

Wie hängen die beiden zusammen? Olaf Scholz leitet dieses Jahr die G7, den Club der reichsten Länder der Welt und hat „Fortschritt für eine gerechte Welt“ versprochen (5). Aber bis jetzt haben die G7 ihre Versprechen nicht gehalten. Der Globale Süden braucht dringend Hilfe beim Wiederaufbau nach Naturkatastrophen und bei der Anpassung an verheerende Folgen der Klimakrise. Klimagerechtigkeit muss auf die Agenda des G7. Nur so könnte Olaf Scholz der Welt zeigen, dass seine Worte keine hohlen Phrasen sind, sondern Deutschland eine solidarische und verlässliche Partner*in ist.

Quellen:

(1) ecologic/ 2052. Der neue Bericht an den Club of Rome – Sind Demokratie und Kapitalismus den zukünftigen globalen Herausforderungen gewachsen? vom 06.12.2012

(2) Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle/ Arbeitsgruppe II: Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit vom 28.02.2022

(3) Klimafakten.de/ Fakten statt Behautungen vom 02.2015

(4) United Nations/ Secretary-General von 28.02.2022

(5) G7 Germany/ Präsidentschaftsprogramm vom 21.01.2022

(6) The Guardien/ This climate crisis report asks: what is at stake? In short, everything vom 28.02.2022

Verfasst am 28.02.2022

EU-AU-Gipfel: Nur auf halber Augenhöhe?

Strategische Relevanz für beide Seiten, das sei der Leitgedanke, mit dem die EU die Gipfel-Themen behandle. Doch was ist das Ergebnis?

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EU-AU-Gipfel: Nur auf halber Augenhöhe?

Uneinigkeit bei der Pandemiebekämpfung 

Vergangene Woche fand in Brüssel das Gipfeltreffen zwischen der Afrikanischen Union (AU) und der EU statt. Die dortige Zusammenkunft der Mitgliedsstaaten sollte Gespräche und Beratung zu global relevanten Angelegenheiten ermöglichen. Hoch in der Agenda standen die Themen Migrationspolitik, Klimakrise und die Covid-19-Pandemie. Laut aktueller Berichterstattung fallen die konkreten Ergebnisse leider jedoch sehr ernüchternd aus und geben Anlass, die zuvor gepredigte Augenhöhe zwischen Afrika und Europa in Frage zu stellen.  

Keine Freigabe von Impfstoffpatenten 

Die Pandemie stand im Mittelpunkt der Diskussionen und dominierte den Ablaufplan. Kein Wunder, mangelt es im globalen Süden nicht nur an nötigen und bezahlbaren Tests, sondern auch an ausreichend Impfstoff dank der immer noch ausbleibenden Freigabe der Impfstoffe. Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa forderte daher die Freigabe der Covid-Impfstoffpatente, damit afrikanische Staaten Impfstoff eigenständig herstellen können. Dies „bedeute gegenseitigen Respekt und eine Anerkennung dessen, was die afrikanischen Länder beitragen könnten“, so Ramaphosa. Das Vorhaben würde auch Investitionen auf den Kontinent bringen, medizinische Infrastruktur schaffen und die Rolle Afrikas bei der Bekämpfung der Pandemie stärken (1). 

Auch Spenden seien kein nachhaltiger Weg, um robuste Widerstandsfähigkeit aufzubauen, betonten viele Regierungsvertreter*innen. In der Corona-Pandemie gehe es um das Leben von Millionen Menschen und nicht um die Profite einer Handvoll Unternehmen, die die Patente zurückhalten (3). Doch auch Deutschland erteilte der Patentfreigabe eine unmissverständliche Absage. Bundeskanzler Olaf Scholz unterstrich, dass Deutschland sich nicht hinter Patenten verschanzen würde, sondern es darum gehe, “dass wir den großen Fortschritt, der zum Beispiel mit der Entwicklung der mRNA-Technologie verbunden ist, jetzt nicht verspielen.“ Vielmehr möchte Scholz Produktionsmöglichkeiten vor Ort schaffen und sich für ein konstruktives Abkommen bei der Welthandelsorganisation einsetzen, dass zum einen die Pandemie-Folgen bekämpft und sich zum anderen „mit Fragen des geistigen Eigentums beschäftigen soll.“ (2) Außerdem stellt Scholz heraus, dass die deutsche Regierung ein „zuverlässiger Partner“ sei und seinen Teil dafür leiste, dass das Impfziel der WHO von 70 Prozent der Weltbevölkerung erreicht werde. Ungeachtet der eher nichtssagenden Formulierung nannte Senegals Präsident Macky Sall diese Ankündigung auf der Bühne „ermutigend“.  

In Anbetracht der 55 Millionen Impfdosen, die Europa bis Ende Februar entsorgen wird – während nur 30 Millionen Impfdosen an afrikanische Länder gespendet wurden – wirkt das allerdings alles andere als ermutigend.

Es kann keine internationale soziale Gerechtigkeit geben, wenn das Herkunftsland über Leben und Tod entscheidet. Südafrika und Indien legten im Oktober 2020 einen Antrag bei der Welthandelsorganisation vor, um den Patentschutz auszusetzen. 100 Staaten unterstützten diesen Antrag – darunter Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), 175 Nobelpreisträger*innen und ehemaligen Staats- und Regierungschef*innen, das EU-Parlament, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen. Jedoch nicht die EU-Staaten sowie die alte und neue Bundesregierung. Und das, obwohl Robert Habeck noch im Wahlkampf Kampagne mit der Freigabe der Impfpatente machte. Nach Gesprächen mit Biontech änderte er seine Meinung. 

Bereitstellung von Technologie 

Strategische Relevanz für beide Seiten, das sei der Leitgedanke, mit dem die EU die Gipfel-Themen behandle. Doch Scholz beharrt konsequent auf ein Freigabeverbot der Patente. „Schließlich könnte jeder Hersteller weltweit die Technologie des Mainzer Pharmakonzerns Biontech nutzen, ohne dass er Lizenzgebühren zahlen oder Strafen befürchten müsste“, daher müssten Eigentumsrechte von Unternehmen gewahrt werden. Immerhin würden sechs afrikanische Länder, Ägypten, Kenia, Nigeria, Senegal, Südafrika und Tunesien, Technologie für die Herstellung von patentfreien mRNA-Impfstoffen erhalten, um die Produktion auch in einkommensschwachen Ländern rasch zu erhöhen (3). Inwiefern die sechs Standorte ausreichen sollen, ist unklar. Der Tagesspiegel prangert diese Blockadehaltung zurecht als eine Form neokolonialen Verhaltens an und stuft die ständige Aussage auf die Unfähigkeit der Pharmakonzerne, in Ländern des Globalen Südens ebenfalls mRNA-Impfstoffe herzustellen als “irritierend arrogant, wenn nicht gar rassistisch“ ein. 

Augenhöhe? 

Es stellt einen Verstoß gegen die menschenrechtlichen Verpflichtungen unter anderem zum Schutz der Rechte auf Gesundheit und Leben dar, dass Afrika sich mit Blick auf Medikamente und aller dazugehörigen lebenswichtigen Diagnostika und Produkten (Tests, Schutzmasken, Beatmungsgeräte) hintenanstellen muss. Es ist also de facto rein rechtlich verboten, die Freigabe zu blockieren.  So “das Ergebnis eines Gutachtens, das eine internationale Koalition von Menschenrechtsorganisationen – unter anderem die International Commission of Jurists (ICJ), das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und die im People‘s Vaccine-Netzwerk zusammengeschlossen NGOs, veröffentlichte (5). Doch auch in Sachen Migrationspolitik und Klimakrise sind die ohnehin unkonkreten “Fortschritte” mehr als ungenügend und stellen eine Gefahr für die Demokratie dar (4). „Die großen Fragen unserer Zeit“, Klimaschutz, Migration, Menschenrechte, Mobilität, „ließen sich nur gemeinsam beantworten.“ (2) Doch die Patentblockaden der EU lassen die Augenhöhe auf Kniehöhe absinken. 

Allgemeine Beschlüsse 

Die Afrikanische Union und die EU beschlossen, bis zum Jahr 2030 ein Investitionspaket aus öffentlichen und privaten Mitteln in Höhe von 150 Milliarden Euro bereitzustellen. Verwendung finden die Gelder u.a. für Impfprogramme in den Ländern Afrikas, aber auch für Klimaschutzmaßnahmen und in der verstärkten Zusammenarbeit bei der Migrationspolitik (3). Wie ausreichend die Investitionen in Angesicht der politischen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Lage der Länder und Bevölkerungen sind, ist zunächst schwer einzuschätzen. 

Quellen:

(1) „mRNA-Technologie für sechs Länder in Afrika“ in ZDF heute vom 18.02.2022 

(2) Kolb, M. und Finke, B. / „Deutschland besteht auf Patentschutz für Covid-Vakzine“ in Süddeutsche Zeitung vom 18.02.2022 

(3) „EU und Afrikanische Union vereinbaren neue Partnerschaft“ in ZEIT ONLINE vom 18.02.2022 

(4) “Will EU-AU summit reshape Europe-Africa relations?” in African Business vom 18.02.2022 

(5) Saage-Maaß, M. und Kaltenborn, M. / “Verstoß gegen Menschenrechte” in Tagesspiegel Background vom 09.11.2021

Verfasst am 21.02.2022

Gipfeltreffen der Afrikanischen Union und Europäischen Union

Wir werden die diesjährige Zusammenkunft der Staaten kritisch begleiten und fordern eine Umkehr der EU: Menschenleben endlich eine höhere Priorität als den eigenen Profit einzuräumen.

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Gipfeltreffen der Afrikanischen Union und Europäischen Union

Am 17. und 18. Februar gipfeln die Afrikanische Union und die Europäische Union in Brüssel – das erste Treffen seit dem Jahr 2017. Überschattet wird das Treffen durch das Horten von Impfstoffen finanzstärkerer Länder, dem Zurückhalten der Impfpatente sowie den abrupten Reisebeschränkungen mehrerer europäischer Länder, als Omikron bekannt wurde.

Der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO) fordert in ihrer Pressemitteilung die dringende Neuausrichtung in der europäischen Migrationspolitik. Die bisherige tödliche Strategie der Abwehr von Schutzsuchenden muss aufgegeben werden und permanente und sichere Fluchtwege geschaffen werden:

“Der AU-EU-Gipfel bietet eine große Chance, eine faire und solidarische Partnerschaft zwischen Afrika und Europa zu verwirklichen. Damit dies gelingen kann, müssen die Achtung der Menschenrechte, der Kampf gegen Ungleichheiten und die Stärkung der Frauenrechte auf dem Gipfel im Mittelpunkt stehen.

Für eine erfolgreiche Neugestaltung der AU-EU-Partnerschaft im Bereich Migration ist es notwendig, dass die EU ihre bisherige Strategie der Abwehr von Migrant*innen aufgibt. Sie verschärft die humanitäre Katastrophe auf dem Mittelmeer und untergräbt alle Werte, auf denen sich die Europäische Union gründet. Stattdessen sollten die Staats- und Regierungsspitzen in ihrer gemeinsamen Vision für 2030 die positiven Effekte von Migration in den Blick nehmen und reguläre und sichere Migrationswege schaffen.

Um eine faire und solidarische Partnerschaft zwischen Afrika und Europa zu verwirklichen, fordert VENRO weiterhin konkrete Initiativen zur Stärkung der fragilen Gesundheitssysteme in Afrika, eine bessere finanzielle Unterstützung afrikanischer Länder bei der Bewältigung der Klimafolgen und Strategien zur Lösung der sich verschärfenden Ernährungskrise. Nicht zuletzt bedarf es hierfür eine Wirtschafts- und Handelspolitik, die beiden Seiten zugutekommt.”

Weitere Tagesordnungspunkte des Gipfels 2022:

  • Wachstumsfinanzierung
  • Gesundheitssysteme und Impfstoffherstellung
  • Landwirtschaft und nachhaltige Entwicklung
  • Bildung, Kultur und berufliche Bildung, Migration und Mobilität
  • Unterstützung des Privatsektors und wirtschaftliche Integration
  • Frieden, Sicherheit und Governance
  • Klimawandel und Energiewende, Digitalisierung und Verkehr [Konnektivität und Infrastruktur] (1)

Wir werden die diesjährige Zusammenkunft der Staaten kritisch begleiten und fordern eine Umkehr der EU: Menschenleben endlich eine höhere Priorität als den eigenen Profit einzuräumen.

Quellen:

(1) Europäischer Rat / „Gipfeltreffen Europäische Union – Afrikanische Union, 17./18. Februar 2022

(2) Dehoust, J. / „EU-AU-Gipfel 2022: Ein Treffen mit Vorbehalten“, Robert Koch Stiftung, 16.02.2022

(3) VENRO / „AU-EU-Gipfel: VENRO fordert eine Neuausrichtung der Migrationspolitik“, 14.02.2022

Verfasst am 17.02.2022