Klimaaktivistin Fatou Jeng

Klimaaktivistin Fatou Jeng nimmt den Klimaschutz selbst in die Hand. Mit ihrer 2017 gegründeten Umwelt-NGO Clean Earth Gambia setzt sie sich für den Naturschutz, Umwelterziehung, Genderfragen und gegen die Klimakrise ein. International fordert sie eine stärkere Vertretung der Geschlechter in Klimaschutzverhandlungen und organisiert Webinare und Workshops zum Thema Gender und Klimakrise.

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_©Fatou Jeng_Privat

Klimaaktivistin Fatou Jeng

Klimaaktivistin Fatou Jeng erlebt die verheerenden Auswirkungen der Klimakrise in Echtzeit. Ihr Land, Gambia in Westafrika, steht beispielhaft für viele Regionen Afrikas, die durch die Folgen der Klimakrise besonders verwundbar sind. Fast jeder zweite der 2,4 Millionen Menschen lebt hier in extremer finanzieller Armut. Die Menschen sind auf die Landwirtschaft angewiesen und unmittelbar abhängig von der Natur. Durch dürrebedingte Ernteausfälle und den steigenden Meeresspiegel sind die Gemeinden extrem gefährdet, denn Gambia ist überwiegend niedrig gelegen. Ein Anstieg des Meeresspeigels um einen Meter könnte über 8 Prozent der Landesfläche überschwemmen. So werden Lebensgrundlagen zerstört und Menschen aus ihren Häusern vertrieben.

Um diesen Zuständen entgegenzuwirken, setzt sich Fatou Jeng leidenschaftlich für die Bewältigung der durch die Klimakrise verursachten Probleme ein. Doch das ist nicht so einfach in einem Land, in dem die Klimakrise nur eines von vielen Problemen ist. Die Bevölkerung wächst schnell, die Arbeitslosigkeit ist hoch und etwa zehn Prozent der Kinder leiden unter Mangelernährung. So fehlt es den meisten Menschen in Gambia an finanziellen Mitteln, um sich an die neuen extremen Umweltbedingungen anzupassen und vor allem Frauen* und Mädchen, die die größte Last der Klimakrise schultern, trauen sich nicht, ihre Stimme zu erheben, weil die sozialen und kulturellen Hürden zu groß sind. (1) (2) In Gambia stellen Frauen* etwa 70 Prozent der in der Landwirtschaft tätigen Arbeitskräfte, haben jedoch nur unzureichenden Zugang zu den für die Landwirtschaft benötigten Ressourcen. (3)

“Wir haben eine progressive Klimaschutzpolitik, besser als der Westen, aber bei der Umsetzung hinken wir hinterher.”

Die gambische Regierung hat sich offiziell der Klimapolitik verschrieben. Der Kleinstaat will die Pariser Klimaziele erreichen und das, obwohl Gambia im Jahr nur 0,2 Tonnen CO2 pro Kopf ausstößt (In Deutschland sind es fast 8 Tonnen CO2 pro Kopf). Ganz oben auf der politischen Agenda stehen jedoch andere Themen: Bildung, Infrastruktur und Menschenrechten wird größere Aufmerksamkeit geschenkt, um die finanzielle Armutsspirale zu durchbrechen und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes anzukurbeln.

Handeln statt Streiken

So entschied sich Fatou Jeng 2017 dazu, das Problem selbst in die Hand zu nehmen und gründete die Organisation Clean Earth Gambia, eine von Jugendlichen geführte Umwelt-NGO in Gambia, die sich für Naturschutz, Umwelterziehung, Genderfragen und gegen die Klimakrise einsetzt. Das erklärte Ziel der Organisation besteht darin, Bewusstsein für Umweltfragen zu schärfen, mehr als 500 Schulkinder über die Klimakrise und Umweltfragen zu schulen und so viele Bäume wie möglich zu pflanzen. (2)

5000 Kokospalmen hat Clean Earth Gambia bisher rund um Banjul, Gambias Hauptstadt, gepflanzt – kniehohe Setzlinge, die ausgewachsen haushoch werden. Die Wurzeln der durch Spenden finanzierten Palmen sollen das Abrutschen der Küste verhindern. 3000 weitere Bäume sollen folgen. Schulstreiks in Gambia hält Jeng dagegen für wenig effektiv. In einem Land, in dem die Hälfte der Bevölkerung weder lesen noch schreiben kann, ist Bildung ein Privileg. Dementsprechend haben hier die wenigsten Verständnis für protestierende Schüler*innen. (4)

Jengs großes Vorbild ist die kenianische Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai, die bereits in den 1970er-Jahren in ihrer Heimat bäume pflanzte, um dem Raubbau an der Natur entgegenzuwirken. (1)

Engagement über die Landesgrenzen hinaus – Klimagerechtigkeit muss im Mittelpunkt stehen

„Echte Veränderungen werden von jungen Menschen vorangetrieben. Wenn wir etwas erreichen wollen, können wir das nicht der älteren Generation überlassen, und deshalb setze ich mich an vorderster Front für die Rettung unseres Planeten ein“

Auch außerhalb Gambias hat Fatou Jeng sich einen Namen gemacht. Sie ist politische Leiterin der Abteilung für Frauen und Gender der Jugendvertretung der UN-Klimarahmenkonvention (YOUNGO), wo sie seit der COP23 für die Einreichung von Stellungnahmen zum Thema Gender und Klima zuständig ist. Sie fordert eine stärkere Vertretung der Geschlechter in den Klimaverhandlungen, denn allzu oft wissen unterrepräsentierte Gruppen, wie zum Beispiel Frauen*, die in fragilen Staaten leben, am besten, welche Lösung zur Bewältigung der Klimakrise erforderlich sind. Dennoch werden vor allem Frauen* systematisch von den Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. (3) Darüber hinaus organisierte sie Webinare zum Thema Gender und Klimakrise mit und arbeitete mit der Gender-Abteilung der UN Klimarahmenkonvention (UNFCCC) bei der Organisation der regionalen Gender-Workshops im Jahr 2020 zusammen. 2019 war Jeng eine der 30 jungen Menschen, die vom Büro der Jugendbeauftragten der Vereinten Nationen ausgewählt wurden, um die Organisation des allerersten Jugendklimagipfels der Vereinten Nationen zu unterstützen. (5)

„Solange große Teile der Menschheit unterrepräsentiert sind und keine Unterstützung erhalten, werden die Maßnahmen auf der Cop-Konferenz wenig Bedeutung haben.“

Auszeichnungen

In Anerkennung an ihr Engagement hat Jeng bereits zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen erhalten. So hat sie es 2022 zum Beispiel als eine von sieben Klimaaktivist*innen in die Liste der 100 einflussreichsten Afrikaner*innen geschafft und der WWF, das World Scout Movement, African Alliance of YMCAs und der African Wildlife Fund listeten sie 2021 als Top 100 Young African Conservation Leaders. Auch zählt sie zu den “Women Leading on Climate” – eine Auszeichnung, die Frauen ehrt, die sich für die Gleichstellung der Geschlechter und den Klimaschutz einsetzen. (5)

Quellen

(1) Tagesspiegel: So viele Bäume wie möglich: Fatou Jeng lenkt die Klimabewegung in Afrikas kleinstem Land Gambia (September 2021)  

(2) UN Gambia: From the Streets of Banjul to The Frontlines of COP26 (November 2021)   

(3) Independent: Fragile countries have to be supported if they are to fight the climate crisis (November 2021)   

(4) Tagesspiegel: Unerhört engagiert (Mai 2021)  

(5) Blue Earth Summit: Fatou Jeng  

(6) The Chronicle: COP26 – Youths From the South Pushing For More Participation (Oktober 2021)    

Verfasst am 21.06.2022