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Südsudan: Ana Taban – Kunst in Zeiten des Krieges

25.07.2017 Der Südsudan ist seit Jahren vom Bürgerkrieg gebeutelt. Die Bewegung „Ana Taban“ fordert Frieden mit den Werkzeugen der Kunst.

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Mitglieder von Ana Taban posieren für ein Foto im September 2016

Südsudan: Ana Taban – Kunst in Zeiten des Krieges

Die Menschen im Südsudan sind müde, müde vom Krieg. Seit nunmehr 4 Jahren herrscht im noch jungen Staat, der im Jahr 2011 seine Unabhängigkeit vom Sudan erlangte, ein Bürgerkrieg fürchterlichen Ausmaßes. Millionen von Menschen wurden bereits ihrer Heimat beraubt. In der südsudanesischen Hauptstadt Juba hat sich nun vor einigen Monaten eine Bewegung formiert, die mit ihrer Kunst eine Forderung nach Frieden ins Land schreit.

Ana Taban: „Ich bin müde“

„Ana Taban“, so nennt sich eine Bewegung, die von südsudanesische Aktivisten ins Leben gerufen wurde. Sie bedient sich unterschiedlicher Kunstformen wie Musik, Poesie, Theater, Komödie, Tanz und Mode, um der Bevölkerung des Südsudan Hoffnung und Toleranz zu vermitteln, die in Zeiten des Krieges abhanden gekommen sind. „Ana Taban“ ist Arabisch und bedeutet übersetzt: „Ich bin müde“. Viele der Menschen im Südsudan können sich mit diesem Slogan identifizieren. Viele von ihnen haben Familie, Freunde, Hab und Gut verloren.

In regelmäßigen Auftritten, zumeist unter freiem Himmel, präsentieren junge Musiker und Schauspieler, Modedesigner und Dichter, Rapper und Maler ihr Kunst und Kultur, um Frieden in ihrer Heimat zu fordern und ihre Mitbürger für die Notwendigkeit einer gewaltfreien Lösung des Konflikts zu sensibilisieren. Die hellen Wandmalereien mit positiven Botschaften, die den Frieden fordern, sind zum regelrechten Symbol der Bewegung geworden und zieren mittlerweile dutzende Wänden in der südsudanesischen Hauptstadt Juba.

Ana Taban Musiker L.U.A.L und Crazy Fox posieren vor einer Ana Taban Street Art

Ana Taban Musiker L.U.A.L und Crazy Fox posieren vor einer Ana Taban Street Art. Foto: Own Work | CC BY-SA 4.0

Hintergrund: Der politische Konflikt

Der Südsudan gewann im Jahr 2011 die Unabhängigkeit vom Sudan, doch bereits zweieinhalb Jahre später brach der Bürgerkrieg aus. Im Mittelpunkt des Konfliktes stehen bis heute der ehemalige Rebellenführer der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung (SPLM) und jetzige Präsident des Südsudan, Salva Kiir, sowie sein früherer Vizepräsident, Riek Machar. Diesen enthob Kiir im Juli 2013 seines Amtes und entfachte damit eine Abspaltung von Abtrünnigen der Regierung und der Streitkräfte, die fortan unter dem Befehl von Machar handelten. Da Kiir und Machar unterschiedlichen Ethnien angehören, dauerte es nicht lang, bis sich der Konflikt auch auf die Zivilbevölkerung übertrug. Besonders die schwer umkämpfte Region Upper Nile rückte im Mai 2014 in den Fokus, als Amnesty International von massiven Menschenrechtsverletzungen und Gräueltaten an Frauen und Kinder während der Unruhen berichtete. Doch auch in anderen Regionen des Landes sowie in der Hauptstadt Juba kommt es trotz zwischenzeitlicher Waffenruhen immer wieder zu schweren gewaltsamen Auseinandersetzungen der unterschiedlichen Parteien und Bevölkerungsgruppen.

Laut Human Rights Watch und Ärzte ohne Grenzen kam es dabei auch in den vergangenen Monaten immer wieder zu Folterungen und Vergewaltigungen an der Zivilbevölkerung. Seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges haben laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk mittlerweile rund 4 Millionen Menschen ihre Heimat verloren. Viele Südsudanesen fanden Zuflucht in angrenzenden Ländern wie Äthiopien oder auch im größten Flüchtlingscamp der Welt – im Bidi Bidi im Norden Ugandas. Knapp 2 Millionen Menschen sind innerhalb des Landes auf der Flucht vor den gewaltsamen Auseinandersetzungen. Hinzukommt die aktuelle Dürre, die in vielen Regionen des Landes Ernteausfälle verursacht hat und dazu führte, dass mittlerweile mehr als 5,5 Millionen Menschen im Südsudan akut mangel- und unterernährt sind.

Weltweite Solidarität im Internet

„Ana Taban“ versucht vor allem die Zivilbevölkerung im Südsudan zu erreichen. Viele Südsudanesen haben sich in den vergangenen Bürgerkriegsjahren instrumentalisieren lassen. Sie wurden von den beiden Kriegsparteien gegeneinander ausgespielt und aufgewiegelt. Unterstützer beider Seiten agieren auch aus dem Internet heraus. Hier sind vor allem Südsudanesen, die im Ausland leben, aktiv. Nicht selten treffen so die unterschiedlichen Parteien im World Wide Web aufeinander, um Propaganda und Hass zu verbreiten. Die Aktivisten von „Ana Taban“ haben die Bewegung daher auch ins Internet getragen. Über den Hashtag #Anataban verbreiten die Aktivisten seit Monaten Neuigkeiten und Bilder der Bewegung. Dabei erhalten sie weltweite Unterstützung in den sozialen Netzwerken.

„Wir sind darauf ausgerichtet, das Land zusammenzubringen und Menschen zusammenzubringen. Wir sind neutral, wir sind unparteiisch“, sagt der 28-jährige Jacob Bul Bior, der „Ana Taban“ unter anderem als Theaterschauspieler unterstützt. Hier gibt es mehr Bilder zur Bewegung „Ana Taban“.

 

 

Foto (1): Own Work | Mitglieder von Ana Taban posieren für ein Foto im September 2016 | CC BY-SA 4.0

Foto (2): Own Work | Ana Taban Musiker L.U.A.L und Crazy Fox posieren vor einer Ana Taban Street Art | CC BY-SA 4.0

Friedensaktivist des Monats Dezember: Kardinal Dieudonné Nzapalainga

22.12.2016: Kardinal Dieudonné Nzapalainga setzt sich in seinem Heimatland, der Zentralafrikanischen Republik, für Versöhnung der Religionen und Frieden ein. Ende dieses Jahres wurde er zum Kardinal erhoben und ist damit der erste Kardinal seines Landes.

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Friedensaktivist des Monats Dezember: Kardinal Dieudonné Nzapalainga

2013 gründete Dieudonné Nzapalainga zusammen mit dem Imam Oumar Kobine Layama und dem evangelischen Pfarrer Nicolas Guérékoyaméné-Gbango eine interreligiöse Friedensplattform, um sich gemeinsam für Versöhnung in ihrer Heimat, der Zentralafrikanischen Republik, einzusetzen.

Kein Konflikt religiöser Natur

Die Zentralafrikanische Republik wurde seit ihrer Unabhängigkeit immer wieder von Unruhen erfasst. Die jüngste Gewaltwelle begann Ende 2012/2013 und gipfelte in blutigen und brutalen Auseinandersetzungen zwischen den muslimischen Séléka-Rebellen und den christlichen Anti-Balaka-Milizen. Hunderttausende Zivilisten gerieten immer weiter ins Zentrum der Gewalt, wurden vertrieben oder mussten fliehen.

Doch eigentlich handelt es sich nicht um einen religiösen Konflikt in ihrem Land, darauf pochen seit Beginn der Auseinandersetzungen Kardinal Dieudonné Nzapalainga, Imam Oumar Kobine Layama und der evangelische Pfarrer Nicolas Guérékoyaméné-Gbango. Es gehe um Macht und die Verteilung der Bodenschätze. Als Zeichen gründeten die drei Glaubensvertreter 2013 die „Interreligiöse Friedensplattform“. Immer wieder treten sie gemeinsam öffentlich auf, verhandeln persönlich mit Rebellen und setzen sich für Frieden und die Versöhnung der verfeindeten Lager in ihrem Heimatland ein.

Doch das ist Dieudonné Nzapalainga nicht genug, neben Worten steht er auch mit Taten für seine Überzeugungen ein. Als die Anti-Balaka-Milizen 2013 die Muslime in Bangui blutig verfolgten, lud er den Imam und seine Familie in seine Residenz ein, wo diese für ein halbes Jahr lebten. Darüber hinaus gewährte er ca. 10.000 Muslimen Zuflucht auf Kirchengrundstücken und rettete ihnen damit vermutlich das Leben.

Aktivisten für Frieden und Versöhnung

Für ihren Einsatz für die Versöhnung wurden die ‪„drei  Heiligen von Bangui“ im August 2015 mit dem Sergio-Vieira-de-Mello-Weltbürger-Preis in Genf geehrt. Darüber hinaus erhielt Dieudonné Nzapalainga zusammen mit dem Imam 2015 den Aachener Friedenspreis. 2016 wurde Dieudonné Nzapalainga im niederländischen Middelburg mit dem Four Freedoms Award in der Kategorie Religionsfreiheit ausgezeichnet.

Ende 2016 wurde Erzbischof Dieudonné Nzapalainga vom Papst Franziskus zum Kardinal erhoben und ist damit nicht nur der erste Kardinal überhaupt aus der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), mit 49 Jahren ist er auch der jüngste Kardinal weltweit.

 

 

Foto: Dieudonné Nzapalainga, Annual observance of World Humanitarian Day at the Palais des Nations 2015, UN Photo/Pierre Albouy, CC BY-NC-ND 2.0

Friedensprojekt des Monats: Unterstützung zurückkehrender Flüchtlinge

13.07.2016: Unsere Mitgliedsorganisation arche noVa e.V. unterstützt in Mali zurückkehrende Flüchtlinge und steht ihnen beim Wiederaufbau zur Seite.

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Friedensprojekt des Monats: Unterstützung zurückkehrender Flüchtlinge

2013 kam es in Mali, das zu den ärmsten Ländern der Welt gehört, zu massiven bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Rebellengruppen und der malischen Regierung. Zehntausende Menschen sahen sich gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Nach und nach hat sich die Situation etwas beruhigt, viele Menschen kehren nach Mali zurück, doch finden oftmals Zerstörung und Perspektivlosigkeit vor und sehen sich ihrer Lebensgrundlage beraubt.

Unsere Mitgliedsorganisation arche noVa e.V. unterstützt in Mali zurückkehrende Flüchtlinge und steht ihnen bei dem Wiederaufbau zur Seite. Rund 102.000 Menschen profitieren in der Region von der Projektarbeit.

Seit 2013 vor Ort

Eine besonders wichtige Aufgabe ist es, die Strukturen in dem nordafrikanischen Land wiederaufzubauen und zu stärken. Dazu gehört insbesondere auch die Wiederherstellung und Verbesserung der Wasserversorgung. An 65 Schulen im Landkreis Timbuktu wurde die Trinkwasserversorgung gesichert und neue Handwaschbecken gebaut. So kann auch die Gesundheit der Kinder gefördert werden. An zwei der Schulen, die von dem Projekt profitieren, ist die Anzahl der Cholera Fälle bereits zurückgegangen. Insgesamt unterstützt das Projekt von arche noVa rund 10.000 Kinder.

Perspektiven schaffen und Frieden fördern

In einem zweiten Schritt hat es sich arche noVa e.V. zum Ziel gesetzt, die Lebensqualität von zurückkehrenden Flüchtlinge zu verbessern. Alle Projektbegünstige leiden auf verschiedene Art und Weise unter den Folgen der gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Die Verbesserung der Bewässerungssysteme spielt eine besonders zentrale Rolle in der Projektarbeit von arche noVa, da sie für den Wiederaufbau der Landwirtschaft unersetzlich ist. Ein intaktes Bewässerungssystem ermöglicht den Menschen, vom eigenen Reis- und Weizenanbau zu leben. Durch die kriegerischen Konflikte haben die Menschen auch ihre Viehherden verloren. Die ärmsten von ihnen, 400 alleinerziehende Mütter, erhalten im Zuge des von arche noVa geförderten Projekts jeweils fünf Ziegen, um sich wieder Lebensgrundlagen aufzubauen.

Multidimensionaler Ansatz

Das Projekt zielt zum einen auf die Unterstützung der städtischen Bevölkerung ab, da viele Flüchtlinge bei ihrer Rückkehr zunächst die Städte (insbesondere das Zentrum Timbuktus) anlaufen und durch diesen erhöhten Bedarf eine Verbesserung der Abwasser-Infrastruktur notwendig wird – zusätzlich wird so das Risiko von hygienebedingten Krankheiten eingedämmt.

Es werden jedoch ausdrücklich auch Gemeindemitglieder unterstützt, die aus verschiedenen Gründen (z.B. weil ihnen die finanziellen Mittel fehlten) die Konfliktregion nicht verlassen konnten und ebenfalls stark unter der Anwesenheit der Rebellen gelitten haben. Die Binnenvertriebenen und Flüchtlinge werden deshalb begünstigt, da sie bei ihrer Rückkehr in der Regel über keinerlei Existenzgrundlagen mehr verfügen, was den Reintegrationsprozess in die Heimatgemeinden erschwert. Um soziale Spannungen zu vermeiden, müssen beide Gruppen begünstigt werden.

 

 

Foto: arche noVa / A. Keita