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Eine Frage der Verantwortung: Vorbereitungen auf die UN-Klimakonferenz im November

Im November findet die 27. UN-Klimakonferenz in Ägypten statt. In den Vorbereitungen auf diese liegen die Prioritäten auf der Frage nach Verantwortung und Klimagerechtigkeit.

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Eine Frage der Verantwortung: Vorbereitungen auf die UN-Klimakonferenz im November

Im November 2022 richtet Ägypten, als zweites afrikanisches Land nach Marokko seit der Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens 2015, die 27. UN-Klimakonferenz (COP27) in Sharm El Sheikh aus. Das von 196 Ländern unterzeichnete Abkommen hat das Ziel, die globale Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das große Thema in diesem Jahr wird die Integration des Konzepts der Klimagerechtigkeit sein. (1) Ein Konzept, dessen Umsetzung in den letzten Jahren verfehlt wurde.  

Regionale Vorbereitungen auf die Klimakonferenz 2022 

Im Vorfeld der UN-Klimakonferenz 2022 finden und fanden bereits eine Reihe von Veranstaltungen statt. So kamen Ende August Vertreter*innen aus Regierungen, multilateralen Organisationen, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft zur diesjährigen Africa Climate Week (ACW 2022) in Libreville, Gabun, zusammen, um wichtige regionale Impulse im Kampf gegen die Klimakrise zu setzen. Zwei Schlüsselthemen waren dabei von besonderer Bedeutung: Die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf durchschnittlich 1,5 Grad Celsius und die Schaffung einer widerstandsfähigen Zukunft.  (2) 

Auch bei den Africa Climate Talks, die in zwei Sitzungen im Juli und August, einmal für das südliche Afrika in Maputo, Mosambik und für West-, Zentral- und Nordafrika in Niamey, Niger, stattfanden, formulierten die afrikanischen Staaten gemeinsame Prioritäten und Positionen im Vorfeld des Klimagipfels. Dabei spielten zudem besonders Indigene Stimmen eine entscheidende Rolle. Ihre Erfahrungen sollen dazu beitragen, Afrikas Position bei den internationalen Klimagesprächen zu stärken. Anstatt sich auf externe Hilfe zu verlassen, soll sich auf das Wissen und die Praktiken indigener Völker zum Schutz und zur Anpassung an die Klimakrise konzentriert werden. (3) 

Reparationsforderungen 

Die COP26 in Glasgow im letzten Jahr war in vielerlei Hinsicht erfolgreich: So ist der schrittweise Abschied aus der Kohleenergie festgelegt worden (welcher durch den Krieg in der Ukraine und der damit einhergehenden Energiekrise in weitere Ferne rückt (5)), über 140 Regierungen haben den Schutz und die Wiederaufforstung der Wälder versprochen und über 100 Länder wollen bis 2030 den Methanausstoß um ein Drittel reduzieren. Ein entscheidender Punkt – DER entscheidende Punkt – wurde im Abschlusspapier der COP26 jedoch weggelassen: Die Benennung von Verantwortung für die Klimakrise. (4)  

Es ist mittlerweile allgemein bekannt, dass die Länder des globalen Südens am wenigsten zu den weltweiten Treibhausgasemissionen beitragen, aber unverhältnismäßig unter den Auswirkungen der Klimakrise leiden. Zehn der am meisten von der Klimakrise betroffenen Länder liegen in Afrika. Gleichzeitig haben drei Viertel der afrikanischen Länder die Klimaziele des UN-Nachhaltigkeitsziels 13 (SDG13), das Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise und seiner Auswirkungen fordert, bereits erreicht. Kein Land in Nordamerika oder der EU kann dasselbe von sich behaupten. (2)  

Die Vereinten Nationen schätzen, dass die afrikanischen Staaten bereits jetzt zwischen 2 und 9 Prozent ihres Nationaleinkommens für Naturkatastrophen im Zusammenhang mit der Klimakrise ausgeben. (3) Seit Jahren fordern die betroffenen Staaten einen Fonds für Schäden und Verluste („loss and damages“) von den Hauptverursachern der Klimakrise. Die versprochene Mobilisierung von jährlich 100 Milliarden US-Dollar für die Klimafinanzierung seitens der Industrieländer blieb bisher jedoch unerfüllt (wobei die genaue Zahl umstritten ist). (1) Die Klimafinanzierung wird dementsprechend auch dieses Jahr ein zentrales Thema auf der UN-Klimakonferenz sein.  

Herausforderungen für die diesjährige Klimakonferenz  

Resilienzstärkung, die Verwirklichung der Klimaschutzziele sowie Fachwissen, Inklusion und Rahmenbedingungen für zu treffende Maßnahmen stehen auf dem Programm des zehntägigen Gipfeltreffens. (6) In einer Zeit, in der mehrere andere Faktoren das Weltgeschehen dominieren und die Aufmerksamkeit von der Klimakrise lenken (wirtschaftliche Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, der russische Krieg in der Ukraine, angespannte Beziehungen zwischen den USA und China), bleibt jedoch abzuwarten, inwieweit die Forderungen von Verantwortungsübernahme und Reparationszahlungen auf der diesjährigen COP umgesetzt werden.  

Quellen

(1) The National News: ‚Climate justice‘ a priority at Egypt’s Cop27 summit (September 2022)

(2) UNFCCC: Africa Climate Week 2022 Builds Important Regional Momentum for Climate Action ahead of COP27 (September 2022)  

(3) Africa News: 4th edition of Africa Climate talks kicks off as the continent endures damaging weather events (Juli 2022)  

(4) Zeit: Klimaschutz oder grüner Kolonialismus? (Januar 2022)  

(5) Tagesschau: Was die Energiekrise für das Klima bedeutet (Juli 2022)  

(6) UNFCCC: Climate Action Calendar for COP27 Published (August 2022)  

Verfasst am 8.9.2022

CARE-Studie: Weltweit hungern 150 Millionen mehr Frauen als Männer

Die weltweite Ernährungskrise trifft Frauen ungleich härter als Männer. Zu diesem Ergebnis ist eine neue Studie der internationalen Hilfsorganisation CARE gekommen.

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CARE-Studie: Weltweit hungern 150 Millionen mehr Frauen als Männer

Eine neue Studie der internationalen Mutterorganisation unserer deutschen Mitgliedsorganisation CARE zeigt, dass weltweit derzeit 150 Millionen mehr Frauen als Männer hungern. Diese Zahl wird bedingt durch die Klimakrise, die COVID-Pandemie und den Krieg in der Ukraine weiterwachsen. Denn Daten aus 109 Ländern belegen: Wächst die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, nimmt die Ernährungssicherheit ab.

Im Jahr 2018 hungerten 18 Millionen mehr Frauen als Männer, 2021 waren es bereits 150 Millionen. Damit ist die geschlechterspezifische Ungleichheit in Bezug auf Hunger in nur drei Jahren um das 8,4-fache gestiegen. Obwohl sowohl Männer als auch Frauen von der Ernährungskrise betroffen sind, tragen letztere nachweislich die größere Last: In Somalia etwa geben Männer an, kleinere Mahlzeiten zu essen während Frauen berichten, dass sie Mahlzeiten auslassen müssen. Im Libanon verhält es sich ähnlich, mehr Frauen als Männer geben an, kleinere Portionen zu essen. Dabei ernähren sie sich zusätzlich auch eher von minderwertigeren Lebensmitteln als Männer.

„Der CARE-Bericht wirft das Scheinwerferlicht auf ein entscheidendes, aber oft übersehenes Element der weltweiten Ernährungskrise: Nämlich wie ungleich härter die Hungerkrise Frauen trifft“, sagt Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von CARE Deutschland. „Die Gleichstellung der Geschlechter ist eng mit der Ernährungssicherheit verbunden. Je größer die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in einem Land ist, desto hungriger sind die Menschen. Aber jetzt wissen wir darüber hinaus: auch der Hunger ist zwischen Frauen und Männern nicht gleich verteilt.“ 

Frauen müssen in der Ernährungskrise sichtbar gemacht werden

Obwohl Frauen auf allen Ebenen der Nahrungsmittelproduktion eine wichtige Rolle spielen, sind sie die ersten, die hungern. Dabei sind sie weltweit zu 90 Prozent für die Herstellung, Zubereitung und den Kauf von Lebensmitteln verantwortlich. Trotzdem gibt es in den globalen Datenbanken zum Thema Geschlecht – wie dem Gender Data Portal der Weltbank – kaum Angaben zur Ernährungslage oder auch zur Rolle der Frau für die Nahrungsmittelproduktion. Die Folge: Fehlende Daten führen auch zu fehlenden politischen Maßnahmen. Diese Lücken müssen sichtbar gemacht werden. Mit der vorliegenden Studie geht CARE einen wichtigen Schritt in diese Richtung.

„Frauen ernähren die Welt. Darum ist es an der Zeit, das globale Verständnis über die Zusammenhänge von Ernährungssicherheit und Geschlechterungleichheit zu verbessern“, so Zentel. „Die Überwindung der Geschlechterkluft bei der Nahrungsmittelversorgung erfordert ähnliche Veränderungen wie die Überwindung der Geschlechterkluft insgesamt – Frauen müssen die gleichen Rechte, Ressourcen und Möglichkeiten haben. Nahrung ist eines der grundlegendsten menschlichen Bedürfnisse – ohne gleichen Zugang zu guten Lebensmitteln ist das Gleichstellungsprojekt zum Scheitern verurteilt.“

Lesen Sie die CARE-Studie hier im englischen Original. 

Dürre in Ostafrika: Kurz- und langfristige Maßnahmen für mehr Klimaresilienz

Die Auswirkungen der Dürre in Ostafrika sind immens. Doch kurz- und vor allem langfristige Maßnahmen können auch in Zukunft ein Leben in den Dürregebieten ermöglichen.

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Dürre in Ostafrika: Kurz- und langfristige Maßnahmen für mehr Klimaresilienz

Am Horn von Afrika herrscht momentan die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. Vier Regenzeiten sind ausgefallen, was zwei Jahren ohne ausreichend Regen entspricht. Die Folgen des fehlenden Niederschlags sind immens: Es kommt zu Ernteeinbußen von bis zu 87 Prozent, etwa 20 Millionen Menschen in Kenia, Äthiopien und Somalia sind von Hunger bedroht, über eine Millionen Menschen hat die Dürre bereits vertrieben und mehr als drei Millionen Tiere sind verendet. Hilfsorganisationen sprechen von einer humanitären Krise und der Krieg in der Ukraine verschlimmert den Hunger nochmal mehr. (1)(2) Wenn die derzeitige Erderhitzung anhält, könnten bis zum Ende des 21. Jahrhunderts bis zu acht Prozent der Weltbevölkerung – also doppelt so viele Menschen wie heute – von extremen Dürren bedroht sein. Ohne effektive Klimaschutzmaßnahmen und Ressourcenerhalt wird die globale Wasserknappheit katastrophale Auswirkungen haben. (3) 

Wie genau sich Dürren in Zukunft durch die Klimakrise verändern werden, welche Folgen Dürren abseits des Hungers haben und wie die Menschen ihr Leben umstellen müssen thematisiert Julian Hilgers im 55 Countries-Afrika-Podcast mit seinen Gesprächspartner*innen Rahel Laudin, Forscherin am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), und Sam Ombeki, Projektreferent unserer Mitgliedsorganisation Care im Osten von Kenia.  

Bekannte Wetterphänomene verstärkt durch die Klimakrise  

In Ostafrika gibt es zwei Regenzeiten – den sogenannten kurzen und den langen Regen. Zwar wurde die Region auch in der Vergangenheit schon oft von Dürren heimgesucht. In den letzten Jahrzehnten hat die Periode des langen Regens jedoch an Niederschlag eingebüßt. Dies bedeutet, dass Dürren in langen Regenzeiten zunehmen, intensiver und langanhaltender sind und häufiger auftreten. Zwar sollen die Niederschläge laut Prognosen in Zukunft wieder zunehmen, aber auch die Temperatur steigt immer weiter an. Das Wasser aus dem Niederschlagsregen verdunstet durch die hohen Temperaturen und ist nicht mehr für die Pflanzen verfügbar. Diese produzieren in der Folge weniger Biomasse, was wiederum zu schlechten Ernten führt. Die Ernährungsunsicherheit nimmt zu. Darüber hinaus und damit verbunden führt die Dürre u.a. zu Migration, zunehmenden Konflikten um Ressourcen, Kinderehen und häuslicher Gewalt und schadet der Schulbildung. (1) Ausführlicher haben wir bereits im März über die Auswirkungen der Dürre in Somalia, vor allem auf Frauen und Kinder, geschrieben. Den Artikel dazu finden Sie hier.

Lösungsansätze – Kurz- und langfristige Anpassungsmaßnahmen  

Kurzfristig braucht es vor allem humanitäre Hilfe in Form von Bargeldzahlung oder Nahrungsgütern. Kurz- und mittelfristig ist eine Anpassung der Landwirt*innen an die trockenen Verhältnisse vor Ort notwendig. Dafür gibt es laut Laudin vielfältige Möglichkeiten: Dazu gehören der Anbau von trockenresistenten Pflanzen, Frühwarnsysteme sowie die Bearbeitung des Bodens auf eine Art, die zu weniger Wasserverlust führt. Darüber hinaus wird es transformative, gesellschaftlich sehr weitreichende, Prozesse geben müssen, die über die Suche von anderen Anbaugebieten und den Anbau anderer Pflanzen, bis hin zu den Möglichkeiten von Einkommensgenerierung jenseits der Landwirtschaft reichen. (1) 

Beispiel Kenia – Erfolgreiche Resilienzbildung 

Unsere Mitgliedsorganisation Care ist in Kenia tätig. Neben unmittelbarer Hilfe in Form von Nahrung und Geld geht es der Organisation auch darum, langfristige Maßnahmen, z.B. bei der Wasserversorgung, zu implementieren. Ein Großteil der Menschen in Kenia und anderen Teilen Ostafrikas lebt von der Landwirtschaft. Künstliche Bewässerungsanlagen, wie es sie hierzulande gibt, gibt es dort fast nie. Das Ziel ist es, die Landwirtschaft resistenter zu machen, dürreresistente Pflanzen einzusetzen und künstliche Bewässerungsanlagen zu bauen. Laut Ombeki haben einige der Maßnahmen bereits dazu beigetragen, den Widerstand gegen die Dürreperioden zu erhöhen: “Wenn ich Somalia, Kenia und Äthiopien sehe, dann sind Kenianer*innen relativ wenig von der Dürre betroffen. Daraus kann man schließen, dass unsere Arbeit zur Resilienz bereits Früchte trägt.”. Dies zeigt, dass auch langfristig ein Leben in den Dürregebieten Ostafrikas möglich sein kann. Die Art, wie Menschen dort leben, wird sich aber eben verändern müssen. Denn die Klimakrise wird weiter dafür sorgen, dass extreme Wetterbedingungen weiter zunehmen. (1)

Quellen  

  1. Julian Hilgers: 55 Countries – der Afrika-Podcast: Was bedeutet die Dürre für Ostafrika? (Juni 2022) 
  1. Neue Zürcher Zeitung: Dürre in Afrika (Mai 2022) 
  1. Potsdam Institut für Klimaforschung: Durch den Klimawandel wird sich die Zahl der von extremer Dürre bedrohten Menschen voraussichtlich verdoppeln (Januar 2021) 

Verfasst am 13. Juli 2022

VENRO – G7-Abschlusserklärung: Finanzielle Zusagen allein machen die Welt nicht gerechter

In seiner Pressemitteilung zum Abschluss des G7-Gipfeltreffens in Elmau fasst der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Zusammenarbeit – kurz VENRO – die Stellungnahme der Civil 7 – einem Zusammenschluss internationaler zivilgesellschaftlicher Organisationen und eine der Dialoggruppen der G7-Präsidentschaften – zusammen. VENRO und das Forum Umwelt & Entwicklung koordinieren den diesjährigen internationalen Civil7-Prozess.

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VENRO – G7-Abschlusserklärung: Finanzielle Zusagen allein machen die Welt nicht gerechter

Die Civil 7 bewerten die finanziellen Zusagen der G7 für Infrastruktur und Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern als positiv. Kritisch sehen sie jedoch die fehlenden Bekenntnisse zu einer nachhaltigen und fairen Gestaltung des Welthandels.

Mathias Mogge, Vorstandsvorsitzender von VENRO bewertet den Plan, 4,5 Milliarden US-Dollar für die Ernährungssicherheit bereit zu stellen, als erstes positives Ereignis des G7-Gipfels. Strukturellen Problemen des Ernährungssystems und des Welthandels wurde dagegen leider kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Dies sei fatal, da der Grund der akuten Ernährungskrise neben Klimakrise und Konflikten auch ein Handelssystem sei, das die Interessen der Länder im globalen Süden nicht ausreichend berücksichtige. Klare Bekenntnisse dazu fehlen in der Anschlusserklärung der G7.

Auch die klimapolitischen Ergebnisse des G7-Gipfels haben die Erwartungen der zivilgesellschaftlichen Organisationen nicht erfüllt, da sich die G7 nicht zu einem Kohleausstieg bis 2030 bekannt haben und darüber hinaus vorübergehend in Kohle und Gas investiert werden soll. „Das ist ein Schritt in die falsche Richtung angesichts der früheren Verpflichtung der G7 aus der internationalen Finanzierung fossiler Energien auszusteigen“ fasst Mogge zusammen.

Das Investitionsvorhaben von 600 Milliarden US-Dollar in Infrastrukturprojekte bewertet die C7 als positiv und betont ihre dringliche Notwendigkeit, da allein schon für die globale Energiewende bis 2030 in Entwicklungsländern jährlich mehr als eine Billion Dollar an Investitionen benötigt werden.

Die Positionen der C7 zu den Themen Klima und Umwelt, Wirtschaft, Gesundheit, Humanitäre Hilfe und Demokratie, ihre Empfehlungen an die G7 und weitere Informationen zum Civil7 Prozess finden Sie hier.

Die Original-Venro-Stellungnahme finden Sie hier.

Verfasst am 4. Juli 2022

Save the Okavango Delta

Das Okavango Delta bietet (bedrohten) Tieren, Pflanzen und Menschen einen einzigartigen Lebensraum. An diesem noch nahezu unberührten Ort will das kanadische Öl- und Gasexportunternehmen Recon Africa nun Ölbohrungen durchführen, mit wahrscheinlich katastrophalen Folgen für Mensch und Tier.

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Save the Okavango Delta

Das Okavango-Delta im Nordwesten Botswanas ist mit 15.000 Quadratkilometern das größte Binnendelta der Welt. Das Feuchtgebietssystem, bestehend aus permanenten Sumpfgebieten und saisonal überfluteten Ebenen, ist fast so groß wie Schleswig-Holstein und sieht vom Weltraum aus wie der Fußabdruck eines Vogels. Der längste in das Delta mündende Okavango-Fluss ist mit seinen ca. 1700 Kilometern der viertgrößte Fluss im südlichen Afrika und fließt unter anderem durch Angola und Namibia. (1) (2)

Das Okavango Delta sieht aus dem Weltraum aus wie der Fußabdruck eines Vogels (©Flickr/ Stuart Rankin)

Eine Oase für Mensch und Tier

Eines der einzigartigen Merkmale des Gebiets ist, dass die jährlichen Überschwemmungen des Flusses während der Trockenzeit stattfinden, sodass die einheimischen Pflanzen und Tiere ihre biologischen Zyklen mit diesen saisonalen Regenfällen und Überschwemmungen synchronisiert haben. So konnte das Delta das Zuhause von vielen (teils bedrohten) Tierarten werden, darunter auch den sogenannten „Big Five“ – Elefanten, Löwen, Nashörner, Büffel und Leoparden. (2) Fünf der an das Gebiet angrenzenden Länder – Angola, Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe – haben sich zusammengetan, um die Region um das Delta zu schützen. Das sogenannte Projekt Kavango Zambezi (Kaza) umfasst insgesamt 520.000 Quadratkilometer und ist damit das größte länderübergreifende Naturschutzgebiet der Welt. Grenzzäune wurden vielerorts abgebaut, sodass Wildtiere wandern und dem Wasser ohne Hindernisse folgen können. Vor allem die afrikanischen Elefanten haben so mehr Freiraum und Konflikte mit Menschen werden seltener. Das Projekt soll außerdem den Tourismus fördern, um die wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen zu fördern. (3)(4)

Doch nicht nur Tiere und Pflanzen sind auf die einzige Wasserquelle in einem der sonst trockensten Teile Afrikas angewiesen: Das Okavango-Delta ist auch die Hauptwasserquelle für die lokalen Gemeinschaften. Seit Jahrhunderten ist das Gebiet von einer kleinen Zahl von Ureinwohner*innen bewohnt, wobei die verschiedenen Gruppen ihre kulturelle Identität und ihren Lebensstil an die Nutzung bestimmter Ressourcen wie Fischfang oder Jagd angepasst haben. Heute befinden sich an den Rändern des Beckens gemischte Siedlungen von Ureinwohner*innen und späteren Einwanderer*innen in diesem Gebiet. (2)

Das Okavango Delta beherbergt die weltweit höchste Anzahl von Elefanten (©Pixabay)

Aufgrund seiner herausragenden und einzigartigen ökologischen Bedeutung wurde das Delta 2014 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. (2)

Ölförderung im Okavango Delta

In diesem so sensiblen Umweltgebiet will das kanadische Öl- und Gasexportunternehmen Recon Africa nun Ölbohrungen durchführen. Mitte April 2021 gab das Unternehmen bekannt, dass die ersten Testbohrungen das Vorhandensein „eines funktionierenden Erdölsystems bestätigen“. Zum Zweck der Ölförderung wurde daraufhin ein riesiges Gebiet von knapp 35.000 Quadratkilometern in Namibia und Botswana lizensiert, das direkt an das Okavango-Feuchtgebiet grenzt und sich mit dem Kavango-Zambesi-Projektgebiet überschneidet. Das Unternehmen schätzt, dass das Becken 120 Milliarden Barrel Öl liefern könnte, was es zu einem der größten globalen Ölfunde der vergangenen Jahrzehnte machen würde. Bei wirtschaftlichem Erfolg erhält Recon Africa eine Produkionslizenz über 25 Jahre und plant dann, hunderte Bohrlöcher zur Ölförderung zu bohren. (4)

Katastrophale Folgen für Mensch und Tier

Naturschützer*innen und Wissenschaftler*innen schlagen Alarm – Denn die Ölförderung könnte katastrophale Folgen für das noch intakte Ökosystem haben.

Das größte Problem sind die möglichen Auswirkungen auf die Wasserressourcen, denn durch die Ölbohrungen und den damit verbundenen Schwerlastverkehr sind erhebliche Belastungen der Gewässer zu erwarten. (3) Die Region ist trocken mit nur geringen und unregelmäßigen Regenfällen. Grundwasser liefert hier den größten Teil des Wassers, ein kleinerer Teil wird Flüssen, wie dem Okavango, entnommen. Neben der möglichen Wasserverschmutzung befürchten Wissenschaftler*innen auch einen enorm erhöhten Wasserverbrauch. Diese Befürchtung würde sich vor allem dann bewahrheiten, wenn das Öl durch hydraulische Fakturierung – kurz Fracking – gefördert werden würde. Verweise auf “unkonventionelles Öl und Gas” – also durch Fracking erschlossenes Öl- und Gasvorkommen – des Unternehmens, lassen Naturschützer*innen vermuten, dass sie die umstrittene Technik nicht ausschließen, auch wenn das von offizieller Seite von Recon Africa immer wieder bestritten wird. (4)

Namibia und Botswana zeigen sich besorgt über die „irreführende“ Informationen über Fracking-Pläne, „da dies nicht Teil des genehmigten Explorationsprogramms ist“. Das namibische Energieministerium erklärte zwar, dass die geplanten Ölexplorationsaktivitäten das Okavango-Ökosystem in keiner Weise schädigen würden und Nationalparks ausgeschlossen sein. Das Kaza-Naturschutzgebiet ist davon jedoch ausgenommen, da es nicht den gleichen Schutzstatus genießt. (4)

Ölbohrungen werden Klimakrise verschärfen

Junge Klimaaktivist*innen in der namibischen Hauptstadt sowie mehrere andere Umwelt- und Menschenrechtsgruppen reagierten mit internationalen Aufrufen an allen Fronten, um die drohende Umweltkatastrophe zu verhindern. Die Region des südlichen Afrikas hat sich in den vergangenen sechs Jahrzehnten drastisch erwärmt, mit einer Geschwindigkeit, die etwa doppelt so hoch ist wie die globale Erderwärmungsrate. (4) Fridays For Future Windhoek hat aufgedeckt, dass das geplante Öl- und Gasprojekt das Risiko birgt, die globalen Bemühungen um eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C im Rahmen des Pariser Klimaabkommens zu zwei Dritteln zu zerstören. Ausgehend von Recon Africas eigenen Hochrechnungen von 120 Milliarden Barrel Öläquivalent beläuft sich die „Kohlenstoff-Gigabombe“ auf bis zu 51,6 Gigatonnen CO2, was einem Sechstel des verbleibenden Kohlenstoffbudgets der Welt entspricht. (2)

Das rücksichtslose Streben nach kurzfristigen Gewinnen darf nicht die langfristige Gesundheit von Menschen und Tieren gefährden! SAVE THE OKAVANGO DELTA!

Quellen

(1) ZDF: Okavango Delta

(2) Greenpeace: Reasons to Save the Okavango Delta (März 2021)

(3) Deutsche Welle: Okavango Delta – Weltnaturerbe in Gefahr (Dezember 2021)

(4) Der Standard: Bedrohliche Ölbohrungen im Süden Afrikas (Oktober 2021)

Verfasst am 27.6.2022

Aufruf zum Internationalen Afrika-Tag an G7: Aktiv werden gegen Hunger- und Klimakrise

Die Hungerkrise in vielen Regionen Afrikas spitzt sich zu. GEMEINSAM FÜR AFRIKA appelliert zu mehr und schnellerer Unterstützung für die Menschen in den betroffenen Gebieten und zu wirkungsvollen Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise.

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Aufruf zum Internationalen Afrika-Tag an G7: Aktiv werden gegen Hunger- und Klimakrise

Die Hungerkrise in vielen Regionen Afrikas spitzt sich zu. Anlässlich des Internationalen Afrika-Tags und des heutigen Treffens der Energie-, Klima- und Umweltminister*innen der G7 appelliert das Bündnis GEMEINSAM FÜR AFRIKA an die G7 zu mehr und schnellerer Unterstützung für die Menschen in den betroffenen Gebieten und zu wirkungsvollen Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise. Um eine Hungerkatastrophe zu verhindern, muss JETZT gehandelt werden!

Die Klimakrise schreitet schneller voran als angenommen, möglicherweise wird die 1,5 Grad-Grenze bereits 2026 überschritten (1). Die Folgen für den globalen Süden, darunter zahlreiche Länder Afrikas, sind bereits jetzt verheerend, wie die aktuellen langanhaltenden, extremen Dürren und Überschwemmungen deutlich machen. Neben Konflikten und Wirtschaftskrisen, wie zuletzt durch die Covid 19-Pandemie hervorgerufen, sind zunehmende Wetterextreme eine der drei entscheidendsten Ursachen für Hungerkrisen.

Klimakrise bekämpfen um Hungerkatastrophen zu vermeiden

Um in den kommenden Jahren Hungerkatastrophen unvorstellbaren Ausmaßes vorzubeugen, ist es wichtiger denn je, das Voranschreiten der Klimakrise so schnell wie möglich zu bekämpfen und die weitere Erderhitzung auf max. 1,5 Grad zu begrenzen. Ansonsten werden Dürren, Überschwemmungen und schwere Stürme zukünftig weltweit noch mehr Ernten vernichten und die Ernährungssituation dramatisch verschlechtern. Besonders betroffen sind davon viele Länder Afrikas, obwohl sie am wenigsten zur aktuellen Klima-Notlage beigetragen haben.

G7-Staaten müssen sich für globale Klimagerechtigkeit einsetzen

Deshalb appelliert GEMEINSAM FÜR AFRIKA anlässlich des heutigen Treffens der Energie-, Klima- und Umweltminister*innen der G7 und des Internationalen Afrika-Tags, der Klimakrise – und der damit verbundenen drohenden Hungerkatastrophe endlich ernsthaft gegenzusteuern und globale Klimagerechtigkeit zu schaffen. Dafür müssen Deutschland und die anderen für die Klimakrise historisch hauptverantwortlichen Länder ihre Verantwortung endlich ernst nehmen und die betroffenen Länder im Globalen Süden bei der Bekämpfung der Klimafolgen unterstützen, sowie selbst ihre Emissionen drastisch reduzieren.  Wichtig ist, jetzt zu handeln, um unumkehrbare Klimaveränderungen zu verhindern.

GEMEINSAM FÜR AFRIKA warnt vor Hungerkatastrophe in verschiedenen Regionen Afrikas

Die Nahrungsmittelsituation ist in einigen Regionen am Horn von Afrika, vor allem in Äthiopien, Somalia und Kenia, sowie in Mali, Tschad, Niger und Burkina Faso in Zentral- und Westafrika schon seit Längerem angespannt, im Südsudan werden die Ernten durch schwere Überschwemmungen vernichtet. Der Angriffskrieg auf die Ukraine, die damit verbundenen Exportschwierigkeiten von Getreide sowie und der drohende Ausfall der Ernten in einer der Kornkammern Europas sowie Nahrungsmittelspekulationen treiben die Lebensmittelpreise weltweit nach oben und verschärfen die Situation zusätzlich. Einige afrikanische Länder importieren fast 90 Prozent des Getreides aus der Ukraine und Russland (2).

In einigen Regionen fehlt es bereits jetzt an Nahrungsmitteln und Trinkwasser. Unzählige Tiere sind in den letzten Monaten verendet, bis zu fünf Millionen Menschen sind allein in Ostafrika auf der Flucht (3). Die Menschen brauchen dringend Unterstützung, um die kommenden Wochen und Monate zu überleben. Darum müssen von den G7-Staaten umgehend ausreichend Gelder für die Nothilfe bereitgestellt werden.

Weltweiter Hunger auf Höchststand

Nach Angaben der Vereinten Nationen hat der weltweite Hunger einen neuen Höchststand erreicht. Laut World Food Programme der Vereinten Nationen (WFP) waren bereits 2021 rund 928 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen – ein Anstieg um 148 Millionen im Vergleich zu 2020. Aktuell leiden 280 Millionen Menschen auf dem afrikanischen Kontinent unter Hunger, über 45 Millionen in Ostafrika sogar unter extremen Hunger (4). Das heißt, ihr Leben oder ihre Existenzgrundlage sind unmittelbar gefährdet.

Quellen

(1) Tagesschau: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/erderwaermung-klimabericht-wmo-101.html

(2) TAZ: https://taz.de/Folgen-des-Ukrainekriegs-in-Ostafrika/!5839961/

(3) UNO-Flüchtlingshilfe: https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/aktuelles/pressemeldung/artikel/duestere-prognosen-fuer-fluechtlinge-in-afrika

(4) World Food Programme (WPO): https://www.oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/ostafrika-28-millionen-menschen-extremem-hunger-bedroht (Mai 2022)  

(Verfasst am 25.5.2022)

Josiane Ramaroson pflanzt Nadelbäume gegen Naturgewalten

Josiane Ramaroson ist eine von zwölf „Klimaheldinnen“ der gleichnamigen Fotoausstellung von CARE und der renommierten Fotoagentur laif core. Josiane pflanzt Bäume an der Küste Madagaskars, um die Region vor starkem Wind zu schützen.

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Josiane Ramaroson pflanzt Nadelbäume gegen Naturgewalten

Mit ihren Fingern kann sie kaum greifen, ihre deformierten Füße sind zum Schutz in Stoff gewickelt. Als Josiane Ramaroson 20 Jahre alt war, erkrankte sie an Lepra. Sie wurde in ein Dorf geschickt, wo Leprakranke gemeinsam leben. „Meine Familie wollte sich nicht um mich kümmern. Ich schämte mich so, hatte große Schmerzen und weinte jeden Tag.“

Eine Baumschule entsteht

Irgendwann begannen die Medikamente schließlich zu wirken. In ihrem neuen Heimatdorf erinnerte sich Josiane an ihre Stärken: Sie hatte früher in einer Baumschule gearbeitet und von unserer Mitgliedsorganisation CARE eine Ausbildung in der Aufzucht und Pflege von Bäumen und anderen Gewächsen erhalten. „Das Dorf lag keine 200 Meter von der Küste entfernt. Der Wind peitscht hier ungeschützt übers Land, denn die Region ist stark abgeholzt. Da habe ich mich entschieden, meine eigene Baumschule zu gründen. Uns war allen klar: Wir müssen etwas gegen die Abholzung tun und die Umwelt schützen, um unser Einkommen zu sichern.“

Und so wurde Josiane zur Klimaheldin: Zwischen 2008 und 2014 pflanzte sie gemeinsam mit ihren Nachbar*innen hunderte Nadelbäume in Küstennähe. Die Bäume schwächen den starken Wind vom Meer ab und helfen dabei, die Überflutungen bei starkem Regen zu bremsen. Das Ergebnis ihrer Arbeit ist spürbar: „Beim letzten Zyklon Anfang 2017 wurde kein einziges Haus in der Region zerstört.“

Kampf für eine bessere Zukunft

Heute ist Josiane Mutter zweier Mädchen, die sie alleine großzieht. Die 44-Jährige wohnt inzwischen in der Gemeinde Antalaha im Nordosten von Madagaskar. „Ich arbeite hart, damit meine Mädchen zur Schule gehen können und es eines Tages besser haben werden. Zwar kann ich mir keine Angestellten leisten, aber die Mädchen sollen keinen Tag Unterricht verpassen. Ich hoffe, sie können mich unterstützen, wenn ich alt bin und zu müde, um noch zu arbeiten.“

Quelle: Care KlimaheldInnen

Haoua Abdoulaye: ‚Halbmonde‘ gegen die Klimakrise

Haoua Abdoulaye ist eine von zwölf „Klimaheldinnen“ der gleichnamigen Fotoausstellung von CARE und der renommierten Fotoagentur laif core. Sie gräbt Halbmonde in den trockenen Boden ihres Heimatlandes Niger, damit ihre Kinder nicht länger hungern müssen.

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Haoua Abdoulaye: ‚Halbmonde‘ gegen die Klimakrise

„Wir packen das. Wenn die Männer nicht wollen, graben wir!“ – Haoua Abdoulaye hat der Klimakrise den Kampf angesagt. In ihrem Heimatdorf Kobio ist sie der ‚Star der Halbmonde‘. Trotz weniger Regen und der Wüste, die sich einen Weg in ihr Dorf bahnt, baut Haoua erfolgreich Getreide an.

Geschafft hat sie das mit Hilfe von unserer Mitgliedsorganisation CARE und den Frauen aus ihrem Dorf: Sie grub ‚Halbmonde‘ in den trockenen Boden, füllte sie mit Kompost auf, und pflanzte Bäume darauf. Mit dem Verkauf der Ernte verdient sie Geld, das sie gewinnbringend in einer Kleinspargruppe angelegt.

Klimaheldinnen im Kampf gegen Trockenheit und Hunger

Haouas Heimatland Niger liegt in der westafrikanischen Sahelzone, wo Regen- und Trockenzeiten sich seit Menschengedenken abwechseln. Doch die Trockenzeiten werden länger, der Regen fällt weniger üppig und die Ernteerträge reichen nicht, um alle Menschen zu ernähren.

„Früher sind die Mütter und Väter hier im Dorf morgens früh aufgebrochen, auf der Suche nach etwas zu essen für ihre Kinder. Und sie kamen erst nach Sonnenuntergang zurück, meist mit leeren Händen. Wir haben ständig gehungert. Ich fürchtete um das Leben meiner elf Kinder.“

Doch dann kamen die ‚Halbmonde‘ nach Kobio. CARE stellte eine Methode vor, Gruben in trockenen Boden zu graben, diese mit Kompost zu füllen und dort Bäume zu pflanzen. Ihre Arbeit macht sich bezahlt: Regenwasser wird gespeichert und der Anbau von Hirse und Bohnen ist ertragreicher.

„Unsere Männer sagten, sie würden das nicht können, diese Halbmonde graben“, erzählt Haoua. „Also haben wir Frauen ihnen die Kinder gegeben und sind selbst losgezogen. Und CARE hat uns sogar dafür bezahlt.“

Große Ziele

Heute baut Haoua Getreide an, hat fünf Schafe und zwei Kühe und spart in einer Kleinspargruppe mit anderen Frauen gemeinsam, um auch in größere Anschaffungen investieren zu können. „Wir wollen noch mehr lernen! Und unsere Seife auf dem Markt verkaufen können. Ich möchte ein Haus aus Zement bauen. Und dass meine Kinder eine bessere Schulbildung bekommen. Wir haben noch so viel vor!

Quelle: CARE Deutschland

Flora in Afrika: Klimaschäden ohne Ende 

Gefährliche Wetterphänomene verringern einerseits die Biodiversität und anderseits klimaregulierende Landschaftsformen.

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Flora in Afrika: Klimaschäden ohne Ende 

Extremes Wetter

Die Klimakrise verschärft mit drastisch steigenden Temperaturen, zunehmenden Extremwetterlagen und veränderten Regenfällen die Hungerkrise in Afrika und vertreibt Menschen aus ihrer Heimat. Zyklone zerstören weite Landstriche, Überschwemmungen fluten Dörfer und Felder, Dürren zerstören Ernten und Böden nachhaltig. Der afrikanische Kontinent ist von diesen Katastrophen unverhältnismäßig stark betroffen. Die Weltwetterorganisation WMO berichtet darüber regelmäßig in Kooperation mit der Afrikanischen Union und anderen Partnern.

Das Schmelzen der letzten Geltscher Afrikas

Mit diesen gefährlichen Wetterphänomenen verringern sich einerseits die Biodiversität und anderseits klimaregulierende Landschaftsformen. „Das rapide Schrumpfen der letzten noch verbliebenen Gletscher in Ostafrika, die in naher Zukunft voraussichtlich vollständig schmelzen werden, zeigt die Gefahr unmittelbar bevorstehender und unumkehrbarer Veränderung des Erdsystems“, sagte WMO-Chef Petteri Taalas. Im Klimabericht 2021 heißt es, die Klimaerwärmung und ihre Folgen seien in Afrika massiver zu spüren als im weltweiten Durchschnitt. Der Meeresspiegelanstieg an Afrikas südlichen Küsten liege über dem globalen Durchschnitt, ebenso der Gletscherschwund in den drei Gletscherregionen am Mount Kenya-Massiv in Kenia, dem Kilimandscharo in Tansania, und dem Ruwenzori-Gebirge in Uganda. Vor der Klimakonferenz COP26 meinte Taalas, „die Entwicklung unterstreiche die dringende Notwendigkeit, Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren, mehr für den Klimaschutz zu tun und mehr Geld für Anpassungsprozesse bereitzustellen.“ 

Reiche Pflanzenwelt bedroht

Das Erfordernis für mehr Klimaschutz wird auch deutlich, wenn die Flora, also die Pflanzenwelt, betrachtet wird. 45.000 Pflanzenarten sind in Afrika dokumentiert, darunter sind 15.000 Arten, die sonst nirgends auf der Erde vorkommen. „Die reiche Pflanzenvielfalt Afrikas ist in Gefahr, weil gerade mal zehn Prozent der afrikanischen Wälder geschützt sind“, schreibt Greenpeace. Seltene Bäume, die Harz und Gummi produzieren, werden zusammen mit anderen Bäumen gefällt und zu Holzkohle verarbeitet. In den letzten 40 Jahren ist nahezu ein Drittel des äthiopischen Waldes für die Gewinnung von Kohle- oder Agrarland abgeholzt worden. (2)

Grundwasserreserven fast aufgebraucht

Das botanische Wahrzeichen Afrikas, die Schirmakazie, auf denen junge Paviane tollen und an denen Giraffen knabbern, ist ebenso bedroht. Ihre Wurzeln reichen tief ins Erdinnere, um in bis zu 40 Meter Tiefe das Grundwasser zu erreichen. Doch auch die Grundwasserreserven reichen bald nicht mehr aus, wenn Dürreperioden weiter überwiegen. (1)

Riesen in Not

Ähnliches Schicksal trifft der Affenbrotbaum, auch Baobab genannt. Er muss Straßen und Elektrizitätsleitungen weichen. Aber auch immer stärker werdende Zyklone lösen eine Kettenreaktion aus. Die Stürme reißen massive Äste ab und hinterlassen tödliche Hohlräume, Verletzungen, von denen sich die Riesen nicht mehr erholen. Bienen nisten sich ein, dessen Honig Frucht-Diebe anlockt. Das getrocknete Fleisch der Früchte ist ein nahrhaftes Allheilmittel für die Menschen, die von den Bäumen leben. Um die Bienen zu vertreiben, werden Feuer gelegt, die auch mal außer Kontrolle geraten und den Bauch des Baums verkokeln. „Wenigstens brennt er schlecht“, sagt Foloko, eine malawische Kleinbäuerin, „schwammig und feucht sei das Holz, zum Feuermachen und Bauen ungeeignet. Hunderte Liter Wasser kann der Stamm speichern, ideal in Zeiten des Klimawandels.“ Der Tod dieser Bäume sei eine Katastrophe. Er ernährt umliegende Dörfer, die ohnehin enorme Schwierigkeiten haben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten zwecks Klimanotstand. (3)

Quellen:

(1) SimplyScience / „Welche Pflanzen wachsen in der Wüste?„, o.D.

(2) Greenpeace / „Abholzung bedroht seltene Pflanzen“ vom 27.04.2013

(3) Keck, C. / „Das langsame Sterben der Baobab“ in Stuttgarter Nachrichten vom 19.02.2019

Verfasst am 28.03.2022

Bedrohte Tiere in Afrika: Klimakrise und der Mensch  

Wilderei, umweltfeindliche Landwirtschaft und Klimaschäden bedrohen die Tierwelt massiv.

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Bedrohte Tiere in Afrika: Klimakrise und der Mensch  

Wir Menschen teilen uns diesen Planeten mit vielen weiteren Lebewesen. Auf dem afrikanischen Kontinent zum Beispiel mit dickhäutigen Vierbeinern, großäugigen Baumbewohnern, pummeligen Schwimmchampions, bunten Federtieren und vielen mehr. Doch durch menschlichen Eingriff und den menschengemachten Klimanotstand beeinträchtigen wir den natürlichen Lebensraum faszinierender Tiere stark. Einst waren sie Überlebenskünstler, Nischenfinderinnen, Katastrophentrotzer. Doch heute sind viele von ihnen gefährdeter denn je.

Wilderei bedroht Wildtiere 

Massive Wilderei bedroht die Dickhäuter auf dem afrikanischen Kontinent. Nashörner, Elefanten und Flusspferde ziehen schon seit Jahrmillionen durch die Savannen, ernähren sich von Gräsern und sind das Sinnbild der Biodiversität Afrikas. Die Hörner der Tiere ist meist das Ziel von Großwildjagenden, die oft ohne Lizenz unkontrolliert aus Fahrzeugen heraus zum tödlichen Schuss ansetzen. In Asien beispielsweise werden horrende Preise für Nashornhörner bezahlt, die die Gier der Jäger weiter antreibt. „Zwischen 1970 und 1992 wurden die Schwergewichte der Savanne um unglaubliche 96 Prozent dezimiert.“ (1) Aber auch Federtiere wie der Hornvogel sind mehr und mehr bedroht. (2) 

Zerstörung der Lebensräume 

Doch auch die Waldrodung für Landwirtschaft bedroht die Lebensräume vieler Tierarten. Die Lemurenart Madame Berthe’s Mausmaki auf Madagaskar ist beispielsweise stark betroffen. Von den insgesamt 107 heute noch lebenden Lemurenarten sind 103 bedroht.  

Die Problematik hinter der Waldrodung, nicht bloß auf dem afrikanischen Kontinent, ist komplex. Zum einen ist die Bevölkerung angewiesen, die Landwirtschaft zu optimieren. Ernährungsmangel und eine wachsende Bevölkerungszahl zwingen Bäuerinnen und Bauern Flächen für kurzeitig ertragreiche Monokulturen zu schaffen. Mais und Palmöl (in großen Mengen für die Weiterverarbeitung in Nahrungsmitteln und Kosmetika für den Globalen Norden) sind die Vorreiter. Zum anderen sind die Waldbestände enorm wichtige Klimaregulatoren und Lebensraum für unzählige Tiere. Was nun?  

Der Globale Norden muss handeln 

Sowohl Menschen des Globalen Südens als auch Tiere weltweit sind Betroffene der Klimakatstrophe. Die Verursacher*innen der Krise sind wohlhabende Industriestaaten mit ihren Systemen des Immermehrwollens. Sie müssen endlich Verantwortung übernehmen für Klimaschäden und die Länder unterstützen, die diese abzufedern und neue Schäden zu vermeiden. Das heißt, finanzielle Mittel bereitstellen für nachhaltige Landwirtschaft, aber auch Produktionsprozesse von Waren wie Schokolade oder Kaffee in den Anbauländern etablieren und damit eine wirkliche Wertschöpfung für die Menschen vor Ort ermöglichen, Arbeitskräfte anlernen und einen Wissenstransfer ermöglichen. Dadurch werden sowohl idealerweise naturschonende Verfahren in der Arbeitsweise als auch volkswirtschaftliche Verbesserung in den Ländern des Globalen Südens ermöglicht.  

Durch bessere Flächennutzungspraktiken und der Distanzierung von tierfeindlichem Monokulturanbau können sich die natürlichen Lebensräume der Tiere regenerieren, ihre Population würden wieder wachsen und die Biodiversität in der Tier- und Pflanzenwelt zunehmen. 

Mehr zu den bedrohten Tier- und Pflanzenarten unserer Erde findet ihr in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN. Die Liste wurde am 25. März 2021 aktualisiert und erfasst derzeit fast 37.500 vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten. 

Quellen:

(1) Riebesel, K. / „Vom Aussterben bedrohte Tiere in Afrika“ vom 18.12.2017

(2) WWF / „Die Rote Liste der bedrohten Tier- und Pflanzenarten“ vom 25.03.2021

(3) WWF / „Wilderei“ vom 03.12.2021

(4) Beckert, N. / „Über Monokulturen, Bergbau und Land Grabbing in Afrika“ vom 08.12.2016

Verfasst am 28.03.2022

Afrikanische Flüsse in der Klimakrise?

Die Bedeutung von Flüssen in der Menschheitsgeschichte ist enorm. Enorm ist jedoch auch die Gefährdung dieser Flusssysteme durch Klimaveränderungen in den vergangenen 50 Jahren.

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Afrikanische Flüsse in der Klimakrise?

Wasser als Grundstein

Flüsse haben weltweit einen unmessbaren Wert. Und das nicht nur für ein funktionierendes Ökosystem mit seiner beheimateten Flora und Fauna. Zivilisationen, Kulturen und Strukturen konnten sich oftmals nur deshalb so entwickeln und etablieren, weil Wasservorkommen die Grundlage ihres Überlebens sicherten. Nicht bloß in Meeresnähe, sondern auch an Seen und Flüssen wurden und werden oft Siedlungen angelegt. Transportmöglichkeiten, verkehrstechnische Anbindung, Handels- und Umschlagplatz, Landwirtschaft und viele weitere Faktoren ließen Regionen erblühen und aus Siedlungen, Dörfer, Städte und Metropolen entstehen. Mit einigen Ausnahmen ist jede größere Stadt der Welt an der Küste oder einem anderen Gewässer gegründet worden. Die Bevölkerungsdichte nimmt mit zunehmender Entfernung von einem Gewässer stetig ab.

Klima bedroht Flusssysteme

Die Bedeutung von Flüssen in der Menschheitsgeschichte ist enorm. Enorm ist jedoch auch die Gefährdung dieser Flusssysteme durch Klimaveränderungen in den vergangenen 50 Jahren. Vor allem afrikanische Wasservorkommen haben sich stark verändert. Je nach Region und Jahreszeit kann es zu mehr Dürren oder Überschwemmungen kommen, die sich auf die Wassermenge auswirken. Diese Umweltkatastrophen verschärfen sich aufgrund extremer Wetterereignisse, verursacht durch menschengemachte Treibhausgasemissionen. Klimasimulationen der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich stellten fest, dass die abnehmenden Wasserressourcen auch in afrikanischen Flüssen (insbesondere im Sambesi) mit klimatischen Bedingungen zu erklären sind. Die komplexen Muster zeigen, dass der Mittelmeerraum, Afrika und Teile Südamerikas trockener geworden sind. Betrachten wir Flusssysteme in Polnähe, wie z.B. in Skandinavien, nahm die Wassermenge hingegen sichtlich zu, schreibt die Goethe Universität in Frankfurt a.M.

Immer mehr Staudämme

Auch direkte Eingriffe des Menschen belasten Wasservorkommen. Exzessive Landnutzung, Versiegelung und Staudämme verhindern die natürliche Regulation und Regeneration von Strömen und ihrer Abflussmengen. Der größte Fluss der Erde, der Nil, kämpft mit starken jährlichen Schwankungen. Die Lebensader vieler afrikanischer Länder ist bedroht. Mehr als 400 Millionen Menschen in elf Ländern leben von der Bewässerungslandwirtschaft und damit vom Nil. Staudämme verursachen nicht bloß bilaterale Konflikte mit Anrainerstaaten, sondern auch Pegelschwankungen und Wassermangel. Für Mensch und Natur eine besorgniserregende Entwicklung, zumal Großstaudammprojekte in den letzten Jahrzehnten, gerade am Nil und seinen Zuflüssen forciert wurden.

Quellen:

(1) Goethe Universität / „Klimawandel verändert Abflussmenge von Flüssen“ von 12.03.2021

(2) Scinexx / „Wo werden Städte gegründet?

(3) Scinexx / „Der Nil wird unberechenbar“ von 25.04.2017

(4) Allmeling, A. / „Streit um die Lebensader Nil“ in Tagesschau von 25.04.2021

Verfasst am 14.02.2022

Energiegerechtigkeit ist mehr als nur Klimaschutz 

Afrikanische Länder investieren in nachhaltige Energie. Doch Klimaschutz bedeutet nicht gleich Energiegerechtigkeit.

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Energiegerechtigkeit ist mehr als nur Klimaschutz 

Eine im Jahr 2020 veröffentlichte Studie untersuchte mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Kassel und Universität Hamburg insgesamt 34 afrikanische Länder in Bezug auf die Frage:  

Welche Maßnahmen werden ergriffen, um erneuerbare Energien zu etablieren? 

Die Leiterin der Forschungsgruppe Dr. Simone Claar stellt im Rahmen der Analysen fest, dass praktisch alle begutachteten afrikanischen Länder das Ziel einer hohen Energiesouveränität haben. Energiesouveränität ist jedoch nicht einfach mit Versorgungssicherheit gleichzusetzen. Souveränität bei der Energieversorgung ist dann gegeben, „wenn hinreichende, verlässliche Energielieferungen zu wirtschaftlichen Preisen auf eine Art erfolgen, die nicht mit den eigenen Werten, Interessen und außenpolitischen Zielen konfligiert oder diese gar gefährdet.“ Wir sprechen hier also vielmehr von einem technisch robusten, nachhaltigen Energiesystem, das sowohl weitestgehend vor Krisen als auch vor politischer Einflussahme und Willkür geschützt ist und strategische Handlungsfreiheit garantiert.   

In der Studie zeigen sich Südafrika, Kenia und Ruanda besonders offen für den Ausbau erneuerbarer Energien. Ressourcenstärkere Länder wie Angola haben wiederum weniger Interesse an einer Neuausrichtung, da sich die Regierung auf Öl verlässt. Dennoch sind die Ergebnisse der Studie beeindruckend: Während die Mehrzahl der untersuchten Länder im Jahr 2006 noch 1,2 Billionen US-Dollar in den Energiewandel investierten, stiegen die Ausgaben bis 2017 auf 19 Billionen. Staatliche und private Investitionen haben enorm zugenommen und begünstigen damit eine nachhaltige Energiestrategie auf dem Kontinent.  

Ruanda mag hier als Beispiel skizziert werden, wie der Pfad zur Energiewende aussehen könnte. Das Land setzt auf die Kombination verschiedener Instrumente wie Mikrofinanzierung, Programme für sauberes Kochen, die Nutzung und Beimischung von Biokraftstoffen oder den Aufbau weiblicher Fachkompetenz in der Technologie erneuerbarer Energien. 

Der Umschwung hin zu nachhaltig grüner Energie zum Schutz unseres Planeten geht jedoch meist nicht einher mit der Energiegerechtigkeit. Die Etablierung von erneuerbaren Energien, oft vom Globalen Norden mitfinanziert und damit an Bedingungen geknüpft, genügt nicht. Es bedarf eines gerechten Strukturwandels, betont Claar. „Das bedeutet, möglichst viele Menschen müssen nicht nur Zugang zu Energie erhalten, wie es im Entwicklungsziel 7 der Vereinten Nationen formuliert ist“. Es braucht mehr. Betrachten wir als Beispiel den Bau von Windkraftanlagen. Beim Bau von großen Windparks sollten die Bewohner und Bewohnerinnen nicht bloß die Energie erhalten, sondern auch am gesamten Prozess beteiligt sein. Sie profitieren dadurch vom Wissenstransfer, auf dessen Grundlage neue Arbeitsplätze entstehen können. Der Begriff der Energiesouveränität bekommt auf diesem Wege eine viel umfassendere gesamtgesellschaftliche Bedeutung.  

Die Teilhabe an der Entwicklung von Technologien, der Zugang zu Elektrizität zu erschwinglichen Preisen, der Respekt vor kulturellen Interessen – das sind Grundsteine der Energiesouveränität und -gerechtigkeit. 

Quellen:

Müller, F. et al. /“Is green a Pan-African colour? Mapping African renewable energy policies and transition in 34 countries“ vom 10/2020 

Westphal, K. / „Strategische Souveränität in Energiefragen“ in Stiftung Wissenschaft und Politik vom 10.06.2020

Universität Kassel / „Wie fair ist die Energiewende in Afrika?“ vom 07.07.2020

Verfasst am 21.03.2022

Weltklimarat: So drastisch und ehrlich wie nie

Laurence Tubiana von der European Climate Foundation, bezeichnete den Bericht als "brutal".

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Toter Schmetterling auf Ascheboden

Weltklimarat: So drastisch und ehrlich wie nie

Heute um 12:00 Uhr ist der neue Bericht des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change oder kurz: IPCC, Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen) veröffentlicht worden. Es ist der 2. Band (WGII) des 6. Sachstandsberichts (AR6). Nie zuvor hat der Weltklimarat so ehrlich über die drastischen Folgen der menschengemachten Klimakrise für Mensch und Natur kommuniziert. Doch was ist der Weltklimarat überhaupt?

Geschichte und Einordnung des Klimarats

Der Weltklimarat wurde im November 1988 von der WMO (Weltorganisation für Meteorologie sowie Vereinten Nationen (UNEP) als Antwort auf die im Jahre 1972 erschienene Studie des Club of Rome gegründet. In dieser Studie wurde erstmalig ein Katastrophenszenario kommuniziert: „Im Laufe der nächsten hundert Jahre werden die absoluten Grenzen des Wachstums auf der Erde erreicht, wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen unverändert anhält (1).“

Als Grund, die Klimakrise bisher nicht grundlegend angegangen zu sein, wurde die tiefe Verstrickung der fossilen Lobbyindustrie bis weit in die Politik herausgestellt. Demzufolge sollte die Klimapolitik aus dem politischen Alltagsgeschäft getrennt werden. „Statt dessen sollte eine unabhängige Agentur mit einem Mandat beauftragt werden, um die notwendigen Maßnahmen für den Wandel zu einer kohlenstoffarme Entwicklung umzusetzen“ (1). Der IPCC bietet jedoch lediglich die Grundlage für die aktuell noch gänzlich fehlenden wissenschaftsbasierten politischen Entscheidungen. Er zeigt unterschiedliche Handlungsoptionen sowie deren Bedeutungen auf, ohne jedoch konkrete Handlungsempfehlungen vorzugeben.

Fakt ist: seit seiner Gründung hat der IPCC mehrfach in seinen Berichten die Klimakrise unterschätzt. Grund ist, dass das Gremium einen sogenannten „unbedingt verlässlichen Überblick über die aktuelle Fachliteratur“ sprich – einen Konses – bieten soll und die Schlussfolgerungen somit als konservativ zu bewerten sind (3). 

Bundespressekonferenz

Um 15:00 Uhr wird die nationale Vorstellung des Weltklimarat-Berichts in der Bundespressekonferenz mit Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, Staatsministerin für Europa und Klima im Auswärtigen Amt Dr. Anna Lührmann,  Prof. Dr. Hans-Otto Pörtner (Ko-Vorsitzender IPCC-Arbeitsgruppe II) und Prof. Jörn Birkmann (Koordinierender Leitautor AR6-WGII) stattfinden.

Die von den Regierungen verabschiedete Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung (Summary for Policymakers, SPM) und die deutsche Übersetzung der Hauptaussagen (headline statements) sowie weitere Informationen zum Bericht sind ab Beginn der Pressekonferenz auf der Webseite der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle zum AR6-WGII zu finden (2).

Was steht drin?

Veröffentlicht wurden die Ergebnisse der Arbeitsgruppe II: Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit. Darauf folgen die Ergebnisse der Arbeitsgruppe III zu dem Thema „Minderung des Klimawandels“ in der Zeit vom 21.03.- 01.04.22. Vom 26. – 28. September 2022 wird dann die Zusammenfassung (der sogenannte Synthesebericht) verabschiedet. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe 1, über die naturwissenschaftlichen Grundlagen, wurde im August 2021 veröffentlicht.

UN Generalsekretär António Guterres mahnt: Die Menschen werden von der Klimakrise erschlagen. Die Fakten sind unbestreitbar und „the abdication of climate leadership is criminal.“ (4)

Die umfassende Bewertung, die sich auf 34 000 Studien stützt, besagt u. a.:

  • die Klimakrise hat weit verbreitete und allgegenwärtige Auswirkungen auf Mensch und Natur durch immer häufigere und intensivere Hitzewellen, Dürren, Waldbrände, Stürme und Überschwemmungen. Einige Auswirkungen sind inzwischen unumkehrbar.
  • die Klimakrise schreitet schneller voran als bisher von der Wissenschaft angenommen
  • neben der Bekämpfung der der Klimaauswirkungen ist die Klimakrise untrennbar mit der Krise der biologischen Vielfalt und der Armut und Ungleichheit von Milliarden von Menschen verbunden
  • bereits jetzt sind 3,5 Milliarden Menschen durch die Auswirkungen der Klimakrise stark gefährdet
  • die Hälfte der Weltbevölkerung leidet jedes Jahr irgendwann unter schwerem Wassermangel
  • einer von drei Menschen ist tödlichem Hitzestress ausgesetzt, bis zum Ende des Jahrhunderts wird dies voraussichtlich auf 50 bis 75 % ansteigen.
  • mit jedem Jahr sind eine halbe Million Menschen mehr von schweren Überschwemmungen bedroht
  • um die Widerstandsfähigkeit der Natur auf globaler Ebene zu erhalten, müssen 30 bis 50 % der Land-, Süßwasser- und Ozeanflächen der Erde erhalten werden
  • um ein Klimachaos zu verhindern, seien „Ungleichheiten wie die aufgrund von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Behinderung, Alter, Wohnort und Einkommen“ unabdingbar zu bekämpfen

Der IPCC weiter: „Das Ziel einer klimaresistenten, nachhaltigen Welt erfordert grundlegende Veränderungen in der Art und Weise, wie die Gesellschaft funktioniert, einschließlich Veränderungen der zugrunde liegenden Werte, Weltanschauungen, Ideologien, sozialen Strukturen, politischen und wirtschaftlichen Systeme und Machtverhältnisse. Dies mag sich zunächst überwältigend anfühlen, aber die Welt verändert sich ohnehin – eine klimaresiliente Entwicklung bietet uns Möglichkeiten, den Wandel voranzutreiben, um das Wohlergehen aller zu verbessern.”

Olaf Scholz und der IPCC

Wie hängen die beiden zusammen? Olaf Scholz leitet dieses Jahr die G7, den Club der reichsten Länder der Welt und hat „Fortschritt für eine gerechte Welt“ versprochen (5). Aber bis jetzt haben die G7 ihre Versprechen nicht gehalten. Der Globale Süden braucht dringend Hilfe beim Wiederaufbau nach Naturkatastrophen und bei der Anpassung an verheerende Folgen der Klimakrise. Klimagerechtigkeit muss auf die Agenda des G7. Nur so könnte Olaf Scholz der Welt zeigen, dass seine Worte keine hohlen Phrasen sind, sondern Deutschland eine solidarische und verlässliche Partner*in ist.

Quellen:

(1) ecologic/ 2052. Der neue Bericht an den Club of Rome – Sind Demokratie und Kapitalismus den zukünftigen globalen Herausforderungen gewachsen? vom 06.12.2012

(2) Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle/ Arbeitsgruppe II: Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit vom 28.02.2022

(3) Klimafakten.de/ Fakten statt Behautungen vom 02.2015

(4) United Nations/ Secretary-General von 28.02.2022

(5) G7 Germany/ Präsidentschaftsprogramm vom 21.01.2022

(6) The Guardien/ This climate crisis report asks: what is at stake? In short, everything vom 28.02.2022

Verfasst am 28.02.2022

Madagaskar: Kampf gegen die Klimakrise

Zyklone im Südosten Afrikas fordern schwere Schäden und zahlreiche Todesopfer

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Madagaskar: Kampf gegen die Klimakrise

Die Bevölkerung in Madagaskar kämpft mit den verheerenden Auswirkungen der Klimakrise: Nur wenige Tage nachdem Zyklon Ana Anfang 2022 für schwere Überschwemmungen sorgte, traf Zyklon Batsirai auf das Land und brachte weitere sintflutartige Regenfälle mit sich.

„Frauen und Mädchen sind besonders stark von den extremen Wetterbedingungen betroffen, die im Land verheerende Schäden angerichtet haben. Abgesehen von Zyklonen wie Ana oder zuletzt Batsirai leiden Teile Madagaskars immer noch unter der schlimmsten Dürre, die das Land seit mehreren Jahren heimgesucht hat und die mehr als eine Million Menschen in eine unsichere Ernährungslage gebracht hat.“, berichtet Monique Morazain, CARE-Länderdirektorin in Madagaskar (1).

Häuser, die aus Stroh und Holz gebaut sind, zerbrechen unter der Sturmwut wie Streichhölzer. Verlust, Hunger und Flucht sind Realitäten und Folgen der Klimakrise. Madagaskar kämpft gegen Dürren und Überschwemmungen gleichermaßen. Seit Jahren wird das Land von diesen extremen Wetterereignissen heimgesucht, die auch andere afrikanische Länder treffen und verheerenden Schaden verursachen sowie zahlreiche Todesopfer fordern. Tropensturm Ana wütete auch in Malawi, Mosambik und Simbabwe, zerstörte Häuser, Straßen, Brücken und Leben (2).

Unter den Hilfsgütern, die CARE an die von den Zyklonen am stärksten betroffenen Menschen verteilt, befinden sich Kits für Notunterkünfte, Planen, Hygieneartikel, Decken und warme Kleidung sowie Saatgut und Werkzeuge. CARE unterstützt die Bevölkerung außerdem mit präventiven sowie akuten Katastrophenschutzmaßnahmen. Zusammen mit lokalen Partner*innen entwickelt CARE Lösungen zur Klima- und Katastrophenrisikofinanzierung und -vorsorge. Um den Auswirkungen der COVID-19 Pandemie zu begegnen, hilft CARE den besonders betroffenen Bevölkerungsgruppen durch Finanzierungs-, Gesundheits- und Hygieneprogramme (1).

Quellen:

(1) CARE / „Madagaskar: Kampf gegen den Klimawandel„, o.D.

(2) Bröll, C. / „Und schon wieder ein Zyklon in Frankfurter Allgemeine vom 08.02.2022

Verfasst am 10.02.2022