ZAR: Erneute Gewalt zwingt Tausende zu Flucht

28.05.2014: 40 Prozent der Flüchtlungskinder sind unterernährt.

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ZAR: Erneute Gewalt zwingt Tausende zu Flucht

Von der Weltöffentlichkeit fast vergessen, tobt in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) seit über einem Jahr ein brutaler Konflikt, der bereits tausende Tote forderte und Hunderttausende zur Flucht zwingt. GEMEINSAM FÜR AFRIKA berichtete dazu.

Kämpfe und gewalttätige Übergriffe im Norden und im Zentrum des der Zentralafrikanischen Republik haben neue Fluchtbewegungen ausgelöst. Aus der Region Kaga Bandoro sind bereits 23.000 Menschen geflohen, mehr als doppelt soviele wie einen Monat zuvor.

Hilfsorganisationen haben keinen Zugang

Durch verstärkte Kampfhandlungen in der vergangenen Woche sind nun noch mehr Menschen auf der Flucht. Bis jetzt wurde Hilfsorganisationen der Zugang verwehrt wird, sodass die Zahlen bis jetzt nicht verifiziert werden konnten.

Vor allem Frauen und Kinder betroffen

Die Mehrheit der Flüchtlinge sind Christen, vor allem Frauen und Kinder, die sich auf die Gelände mehrerer Kirchen in Dekoa, einer Stadt südlich von Kaga Bandoro, geflüchtet haben. Aus Angst vor Übergriffen durch bewaffnete Gruppen, die bereits 13 Todesopfer gefordert haben, verstecken sich die Männer abseits ihrer Familien.

Die Flüchtlinge benötigen dringend Schutz, Wasser, Nahrung, Sanitärversorgung und andere Hilfsgüter. Viele der Menschen schlafen unter freiem Himmel, obwohl die Regenzeit bereits begonnen hat. Die Nahrungsreserven sind bald aufgebraucht und aus Furcht vor neuen Attacken wagen es die Menschen nicht, ihre Felder zu bestellen. Schon jetzt gibt es jetzt eine hohe Zahl von Durchfallerkrankungen, von denen besonders Kinder betroffen sind.

Menschen wiederholt vertrieben

Viele der Menschen sind zudem nicht er seit kurzem oder das erste Mal auf der Flucht. Unter den Vertriebenen sind Menschen, die schon seit Februar wegen wiederholter Gewaltausbrüche nicht in Heimatorte zurückkehren konnten.

UNHCR unterstützt diese Menschen mit Planen, Eimern, Decken, Matten und anderen Gütern des täglichen Bedarfs und ruft die Konfliktparteien dazu auf, Zugang zu den Flüchtlingen zu gewähren, um lebensrettende Hilfsgüter dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden.

Vertriebene auch in anderen Provinzen

Auch aus dem Nordwesten der Zentralafrikanischen Republik wurden neue Fluchtbewegungen berichtet. UNHCR hat 2.445 Menschen registriert, die nach einem Angriff auf ein Dorf in Paoua in der Präfektur Ouham Pendé geflohen waren. Gleiches gilt für das Dorf Markounda, wo sich am 13. Mai Übergriffe ereigneten.

Angesichts der Nähe zur Grenze des Tschads, fordert UNHCR die tschadischen Behörden auf, den Flüchtlingen weiterhin Zugang zu ihrem Staatsgebiet und einem Asylverfahren zu gewähren. So konnten bisher rund 8.000 Menschen dort Zuflucht finden.

Etwas besser sieht es in der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik Bangui aus. Trotz angespannter Sicherheitslage kehren Flüchtlinge von dort langsam wieder in ihre Heimatorte zurück. Trotzdem sind zu den 115.000 Menschen, die in die Nachbarländer geflohen sind, innerhalb des Landes immer noch rund 560.000 Menschen auf der Flucht.

Immer mehr Flüchtlinge kommen auch im benachbarten Kamerun an. Viele von ihnen haben zuvor wochen- bis monatelang im Busch ausgeharrt. Sie haben von Blättern und Wurzeln gelebt, kaum sauberes Wasser gefunden und unter freiem Himmel geschlafen. Wenn sie die Grenze erreichen, sind sie am Rande der Erschöpfung. Am meisten leiden die Kinder – viele überleben die Flucht nicht. 40 Prozent der Kinder unter fünf Jahren sind schwer mangel- und unterernährt.

In diesem Zustand kommen sie in das kleine Krankenhaus von Batouri, das mit nur 12 Betten hoffnungslos überlastet ist. Hier kämpfen die UNHCR-Helfer wie Dr. John Malajiwa mit allen verfügbaren Mitteln darum, das Leben der geschwächten und unterernährten Kinder zu retten.

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Die Todesrate unter den Flüchtlingskindern, so UNHCR-Sprecher Adrian Edwards, sei in den vergangenen Wochen besonders hoch gewesen. „Zwischen dem 14 April und dem 18 Mai sind 29 Kinder in den Ernährungszentren gestorben – das Jüngste ein Baby, das Älteste von ihnen neun Jahre alt. Sie kamen schon schwer krank an – Austrocknung, Unterkühlung und schwere Anämie waren die Haupttodesursachen,“ so Edwards.

Nach Kamerun sind bislang 85.000 Flüchtlinge in etwa 300 Dörfern untergekommen. Es ist extrem schwierig für die Hilfsorganisationen sie dort zu versorgen. Um Gbiti liegt die Rate an Unterernährung bei den neu ankommenden Flüchtlingskindern fast bei 40 Prozent.
„Wir bringen die Flüchtlinge weg von der Grenze in sechs Aufnahmelager, die wir aufgebaut haben und einige Dörfer. Mehr als 25.000 Flüchtlinge wurden bereits weggebracht. Dies ist besonders wichtig, weil es Berichte gibt, dass Anti-Balaka Kämpfer bis nach Kamerun gekommen sind,“ erklärt Edwards.

Jede Woche kommen mehr als 2.000 Flüchtlinge über die Grenze nach Kamerun. Ende März waren es 10.000 Menschen in einer Woche gewesen. Nachdem Anti-Balaka Milizen Ende April die Flüchtenden aus den Hauptstraßen angriffen, ging ihre Zahl zurück. Viele Flüchtlinge berichten jetzt, dass Familienangehörige sich im Busch auf der anderen Seite der Grenze versteckten und dort festsäßen.

„Wir setzen alles daran Leben zu retten und brauchen mehr Kapazitäten im Bereich Gesundheit und Ernährung. Im Moment sind diese Kapazitäten in den Regionen, in denen sich die Flüchtlinge aufhalten, noch sehr gering. Einige Hilfsorganisationen haben berichtet, dass sie Schwierigkeiten haben, den riesigen Bedürfnisse zu entsprechen,“ bemerkt Edwards.

UNHCR arbeitet mit UNICEF, dem Welternährungsprogramm und fünf medizinischen Hilfsorganisationen zusammen, um die Unterernährung und die Todesfälle zu reduzieren. Es wird therapeutische Zusatznahrung angeboten, Lebensmittel werden verteilt, Impfprogramme durchgeführt und sauberes Wasser, Sanitäranlagen und Unterkünfte zur Verfügung gestellt.

Mehr Informationen dazu finden Sie bei unserer Mitgliedsorganisation Uno-Flüchtlingshilfe.

Foto: UNHCR/A.Greco: Binnenvertriebene in der ZAR warten auf die Versorgung mit sauberem Wasser.